Akte Mosel
ein Richter vielleicht noch ein wenig Verständnis aufgebracht, bei der Vorgeschichte. Aber bei jemandem, den ich überhaupt nicht kenne? Und dann noch das ganze Geld? Wenn ich zu Hause drei hungrige Mäuler zu stopfen hätte, könnte ich vielleicht noch mit Gnade rechnen. Wer weiß, wie es dem armen Kerl geht, ich hab’ ganz schön hingelangt.«
»Was hast du jetzt vor?«
»Der Schuhfritze konnte wohl nichts sehen, aber oben habe ich den Räumer fast angefahren, direkt vor dem Parkhaus.«
»Und wenn der nichts mitgekriegt hat?«
»Das ist wohl kaum möglich, der hat gesehen, wie ich aussah und sicher gleich danach den Ärmsten unten im Parkhaus gefunden …«
»Und wenn er nicht hineingegangen ist oder keine Aussage macht, um nicht in die Sache hineingezogen zu werden?«
»Der kennt den Schuhtypen bestimmt. Es gibt doch eine gewisse Solidarität unter Geschäftsleuten.«
»Dann wäre die Polizei schon bei dir gewesen. Wer weiß, was zwischen den beiden schon gelaufen ist, ob die sich grün sind. Nach dem, was du mir von Räumer erzählt hast, hat der soviel Dreck am Stecken, daß er freiwillig wohl kaum was mit der Polizei zu tun haben will.«
Sie gehen durch die Lebensmittelabteilung, ohne die großen Theken zu beachten, hinter denen bergeweise Köstlichkeiten aufgebaut sind.
»Weißt du was«, Marie zupft sie am Arm, »wir fahren ins Elsaß.«
»Sag’ mal, das ist doch nicht dein Ernst!«
»Kein Quatsch, das hatten wir doch schon lange vor. Du stellst dein Auto auf den Parkplatz in Findel, und ich hole dich ab. Im schlimmsten Fall haben wir damit sogar eine falsche Fährte gelegt. Wenn die dich suchen, und dein Auto wird dort gefunden, glaubt doch jeder, du seist abgeflogen. Wir wollten morgen in die Medoc fahren. Daraus wird jetzt aber nichts, das ist eine längere Geschichte, ich erzähle sie dir später.«
»Du bist bekloppt, ich will dich da nicht hineinziehen.«
»Tust du ja auch nicht. Wir fahren nur über’s Wochenende ins Elsaß oder in die Vogesen, und am Montag sehen wir weiter.«
»Und wenn man uns unterwegs schnappt?«
»Warum sollte man, es gibt zwischen Luxemburg und Frankreich keine Zollkontrollen mehr.«
»Bis auf Ausnahmen.«
»Ein kleines Risiko bleibt wohl immer.«
»Marie, denk’ an deine Familie!«
»Quatsch, ich habe ja nichts getan und weiß im Zweifelsfall auch nichts. Aber jetzt muß ich unbedingt nach Hause und ins Bett, ich habe letzte Nacht nicht geschlafen. Wann soll ich dich abholen?«
»Wenn’s dunkel wird, können wir uns vor dem Haupteingang des Flugplatzes treffen. Sagen wir 10 Uhr?«
»Okay, bis dann, aber kauf jetzt nicht das ganze Auchan leer, vielleicht brauchst du das Geld noch!«
*
In dem verglasten Café haben Jo und Zelig auf der einen Seite den Blick ins Museum, wo die ersten Besucher umhergehen, und auf der anderen Seite sehen sie auf das Kurfürstliche Palais und den Palastgarten. Die Bänke neben den Steinfiguren rings um den Teich mit den Wasserfontänen sind bereits zur Hälfte besetzt.
»Geht’s besser?« fragt Jo. Er hat sich ein Frühstück mit Brötchen, Ei und einem Kännchen Kaffee bringen lassen und schaut Zelig zu, der an einem Hörnchen knabbert.
»Was tut man nicht alles der Wissenschaft zuliebe«, der Obercustos lächelt gequält, »danke der Nachfrage, es geht etwas besser. Es muß auch, es kommt eine Menge Arbeit auf uns zu und Ärger. Sie wissen, was Sie getan haben, war nicht rechtens.«
Jo ist auf einen Schlag hellwach. Jetzt geht also doch der Ärger los. Bisher war alles so glatt gelaufen, daß er schon zu hoffen wagte, die Freude über den Fund würde Zelig dazu bewegen, um die Umstände der Auffindung kein größeres Aufhebens zu machen.
»Wie ich Ihnen schon berichtete, habe ich am Kockelsberg die ersten Aurei gefunden, genau in der letzten gestrigen Fuhre von der Schwesterklinik. Da war auch das Fragment eines Bronzegefäßes dabei, und aus dessen scharf glänzender Kante folgerte ich, daß eine Baumaschine das Gefäß aufgerissen haben könnte und sich die Reste womöglich noch an Ort und Stelle befinden würden. Die Auskunft, daß dort heute betoniert werden sollte und vielleicht alles unweigerlich verloren ginge oder daß die ersten Bauarbeiter, die dort erscheinen würden, den Fund unterschlagen könnten, hat mich dazu bewogen, auf das Gelände zu gehen und der Sache auf den Grund zu gehen.«
»Sagen wir eher, in das Gelände einzudringen.«
»Nennen Sie es, wie Sie wollen, ich habe Sie gestern Abend
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