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Akte Mosel

Akte Mosel

Titel: Akte Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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sie erschlagen. Von Zeit zu Zeit kommt Walde hierher. Seine Besuche haben nichts mit den Ermittlungen zu tun.
    Es ist etwas anderes. Wenn er hier weggeht, hat sich sein innerer Akku wieder aufgeladen mit einer Mischung aus Wut und Sorge.
    Er steigt auf den Hügel neben dem Friedhof. Von der Bank unter der Trauerweide blickt er über die Dächer. Unter einem von ihnen wohnt vielleicht der Mörder. Viele Mosaiksteine sind zusammengetragen worden, aber diese schlüssig zusammenzufügen, ist nicht gelungen. Die anfängliche Täterbeschreibung ist höchst zweifelhaft. Alter, Größe, Haarfarbe und Statur sind unbekannt.
    Walde hat mit vielen Fachleuten gesprochen und ein Täterprofil entwickelt: Wahrscheinlich hat der Mörder eine feste Anstellung, die ihm wochentags wenig Freiraum läßt. Er lebt zurückgezogen und treibt sich an Wochenenden in der Nähe einsamer Spielplätze oder an anderen Orten herum, an denen sich Kinder aufhalten. Er ist als Triebtäter einzuschätzen. Keiner von denen, die sich einfach nicht um Konventionen und Gesetze scheren, sondern einer, der vom Trieb gesteuert wird. Und vielleicht fährt er ein rotes Mofa.
    Hat er sich in ärztliche Therapie begeben? Nimmt er Medikamente, um seinen Trieb unter Kontrolle zu halten? Ist er Patient in einer Nervenheilanstalt, oder ist er wegen anderer Delikte in Haft? Hat er eigene Kinder, die er mißbraucht? Ist er in eine andere Stadt gezogen oder verstorben, wie Stiermann behauptet? Kann das ein Grund dafür sein, daß so viele Jahre nichts mehr passiert ist?
    Im Rahmen der Ermittlungen der Sonderkommission ist eine Karte von allen Spielplätzen und Treffpunkten von Kindern erstellt worden. Walde hat diesen Plan über die Jahre hinweg aktualisiert. Das gewachsene Fernsehangebot und die gestiegene Bereitschaft der Eltern, etwas mit ihren Kindern zu unternehmen, hat dazu geführt, daß die meisten Spielplätze am Wochenende verwaist sind. Eine Handvoll Plätze sind übrig geblieben, die Walde jetzt abfährt. Nur auf einem spielt ein Kleinkind, von der Mutter beaufsichtigt, im Sandkasten. Kein rotes Mofa ist zu sehen. Sollte es auch Sisyphusarbeit sein, er hat wenigstens etwas getan, gestern, heute, morgen, jeden Tag. Über ihm schwebt ein Damoklesschwert. Irgendwo tickt eine Bombe, die jederzeit wieder explodieren kann. Seine Aktivitäten, auch wenn sie noch so wenig einbringen, helfen Walde, mit der Situation fertig zu werden.
    *
    Noch naß ziehen sie sich an. Bei der Fahrt den Berg hoch zum Col de la Schlucht stellt Marie Heizung und Gebläse auf höchste Stufe.
    »Danke, ich bin fast in Panik geraten. Das habe ich seit Donnerstag.« Doris hält beim Haarekämmen inne.
    »Ich dachte, der Überfall war am Freitag?«
    »Am Donnerstag hab’ ich einen Franzosen verprügelt.«
    »Du hast was getan?«
    »Drei Besoffene haben mich bis zur Haustür verfolgt, und als der eine mich betatschen wollte, hab’ ich ihm eine geflatscht.« Dabei schlägt sie mit der Bürste gegen das Armaturenbrett.
    »Die hat er sich wohl zu recht eingefangen.«
    Doris lacht: »Der hat im Graben gelegen wie ein Maikäfer auf dem Rücken, ich hab’ ihn aus voller Drehung erwischt.«
    »Und die anderen beiden?«
    »Die sind weggelaufen.«
    »Du bist mir eine, schlägst drei Mann in die Flucht!«
    »Danach ging’s mir gar nicht gut, ich bin im Treppenhaus fast erstickt.«
    »Schon wieder? Du solltest mal versuchen, etwas dagegen zu unternehmen.«
    »Das hat damals, bei der Geschichte mit Leo, angefangen.«
    »Und?« Marie wendet den Blick von der Straße und schaut Doris an.
    Diese zupft verlegen Haare aus der Bürste: »Es hat sich gelegt.«
    »Wann?«
    »Ein Jahr nach der Trennung, seit ich mit keinem Mann mehr …«
    »Hat das was mit Sex ..?« Marie schüttelt den Kopf.
    »Nein, ich wollte … .«
    »Im freiwilligen Zölibat leben, damit …«
    »… ich frei atmen kann«, Doris atmet hörbar aus.
    »Es gibt Männer, die einem Luft zum Atmen lassen.« Marie kurbelt heftig am Lenkrad und steuert den Wagen nach einer Kurve durch einen schmalen Felsbogen. Am rechten Straßenrand fällt der Berg hinter einer niedrigen Mauer steil ab. Oben folgt die Straße den Bergkämmen.
    »Und ich dachte, dir wäre keiner gut genug. Schau mal« Marie deutet zum Horizont, wo die Sonne aufgeht wie ein brennender Ballon. Der Blick ins Tal ist berauschend. Marie biegt in einen Geröllweg ein, der zu einem einsam am Hang liegenden Bauernhof führt, und parkt den Wagen neben einem Schuppen.
    »Da vorn ist eine

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