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Akte Mosel

Akte Mosel

Titel: Akte Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Versammlung, das weiß ich ganz genau, weil wir uns im Gemeindesaal getroffen haben, wegen der Wallfahrt. Wir fahren im September nach Rom, mit Audienz beim Papst, Schweiz, Rimini, Schlafwagen und allem drum und dran … Ich organisiere das jetzt schon zum dritten Mal. Heut’ morgen sollte eigentlich der Mann vom Bistum kommen, ich dachte, Sie wären das.«
    »Und Sie hatten also zur besagten Zeit eine Versammlung, gibt es dafür Zeugen?«
    »Sonst schlafe ich ja mittags um die Zeit, meistens bis halb vier. Es waren eine Menge Leute da, meine Frau war auch mit. Soll ich sie rufen?«
    »Wann sind Sie denn zuletzt mit dem Mofa gefahren?«
    »Das war … ich muß mal überlegen, bevor ich lüge, das ist schon was her … och, ich war da zu der Tochter nach Zewen gefahren … so drei Wochen sind das her … Hier steht das gute Stück.« Haupert deutet auf ein blank geputztes Gefährt mit zwei Gepäcktaschen. »Das habe ich jetzt schon bald acht Jahre, und das hat mich noch nie im Stich gelassen. Davor hatte ich eine Zündapp …«
    »Danke«, Walde drückt ihm die Hand. »Das genügt, das Fahrzeug weist keine Schäden auf. Auf Wiedersehen, schönen Gruß an Ihre Frau.«
    »Und was ist mit dem Alibi, wollen Sie deswegen nicht mehr meine Frau verhören?«
    »Danke, ist nicht nötig.«
    Das war der vierte Besuch. Eigentlich will Walde heute alle zehn verdächtigen Mofafahrer besuchen. Jetzt ist es fast eins und das Gasthaus Schütz liegt ganz in der Nähe – und hat zum Glück montags keinen Ruhetag. Bei einem halben Hähnchen und einer Viez-Limo vervollständigt er seine Notizen über die bisherigen Besuche.
    *
    Jo schaut aus dem geöffneten Fenster des Anwaltbüros an der Figur des Wachsoldaten vorbei auf den Hauptmarkt. Bisher hat er die Statue mit dem heruntergeklappten Visier an der Steipe, dem ehemaligen Rathaus, nur von unten betrachtet.
    Der Anwalt blickt ihn freundlich an: »Ich habe keine gute Nachricht für Sie. Der Finderlohn ist im BGB geregelt, aber es gibt auf Landesebene ein frisch in Kraft getretenes Gesetz, das die Auffindung von Kulturgütern regelt. Danach können sich weder der Finder noch der Eigentümer des Grundstücks große Hoffnung auf eine Belohnung machen. In Ihrem Fall sind Sie wahrscheinlich davon abhängig, wie das Kultusministerium entscheidet.«
    »Da kann ich mir schon denken, was da rauskommt, da war noch nie viel Geld, und das bißchen wird noch gekürzt«, sagt Jo ernüchtert.
    »Wie hoch schätzen Sie den Wert des Fundes?«, fragt der Anwalt.
    »Na, fünf bis zehn Millionen werden es wohl sein. Ich Döskopp hab’ mit zehn Prozent Finderlohn gerechnet.«
     
    Nach dem Anwaltsbesuch geht Jo zum Kaufhaus, wo er zu Geschäftsbeginn einen Film zum Entwickeln abgegeben hat.
    »Ich schaue mal, ob Ihre Bilder schon durch sind.« Der weißhaarige Verkäufer in der Fotoabteilung dreht sich mit Jos Einlieferungsbeleg in der Hand zu seiner Kollegin um, die an einer Maschine hantiert.
    »Es dauert noch ein paar Minuten, Ihre Bilder laufen gerade«, er reicht Jo den Beleg zurück und wendet sich einem anderen Kunden zu. Die Leute an der Theke stecken ihre Filme in Versandtaschen oder zahlen entwickelte Fotos an der Kasse.

An der Seite der Maschine rutscht ein Papierabzug in einen schrägen Drahtkorb. Für jedermann sichtbar zeigt das Foto den gesamten Goldschatz, der auf dem Tuch ausgebreitet ist. Jo mustert die Umstehenden. Noch interessiert sich niemand für das Foto. Es dauert eine Ewigkeit, bis das nächste Bild erscheint, das gleiche Motiv aus einem anderen Blickwinkel. Mit diesen Fotos könnte exakt nachgewiesen werden, wie viel Münzen er heimlich behalten hat. Jo schlendert zu einem Regal und mustert das Sortiment an Diakästen. Von dort beobachtet er das Treiben an der Theke.
    Wohin guckt der Mann mit dem Sonnenhut? Jetzt kommen Großaufnahmen von einzelnen Münzen. Daß sie aus Gold sind, wird auch einem Banausen auffallen. Jo überlegt, ob er die Sache stoppen kann, indem er sagt, er könne nicht mehr länger warten und es genüge ihm das, was bereits fertig ist. Vielleicht sind aber schon die restlichen Bilder unaufhaltsam auf verschlungenen Wegen im Inneren der Maschine durch Entwicklungsflüssigkeiten und Fixierbäder unterwegs. Der Mann mit dem Hütchen ist gegangen. Vom Personal achtet niemand auf die Fotos im Korb. Er hat den Film gleich zu Geschäftsbeginn zum Belichten abgegeben. Endlich werden die Bilder eingetütet, und Jo bezahlt. Er geht am Wachmann vorbei durch die

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