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Akte Mosel

Akte Mosel

Titel: Akte Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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den Kopf.
    Der Wirt nickt. Walde schätzt ihn auf mindestens drei Zentner.
    »Es juckt dich wohl nicht besonders, du hast ja sowieso die Bude voller Leute und brauchst keine Touristen.«
    »Es ist trotzdem schade um den schönen Aussichtsturm.«
    »Warst du denn schon mal oben?«
    »Bis jetzt noch nicht, ich weiß nicht, ob der mich überhaupt aushalten würde«, der Wirt stellt grinsend eine Cola vor Walde.
    »Papa, hast du noch einen Fünfer, ich habe gleich die Serie«, sagt der Junge am Spielautomaten.
    »Geh’ erst mal in die Küche und guck’, ob der Kaffee fertig ist. Die Mama kommt bestimmt gleich zurück.«
    Der Junge mustert Walde, verschwindet hinter der Theke und erscheint wenig später mit zwei großen Kaffeekannen, die er in einen Nebenraum bringt. Walde registriert verwundert, daß dort Leute an Tischen sitzen. Wenn überhaupt, unterhalten sie sich nur flüsternd. Bisher hat er keinen Ton von dort gehört.
    »Wie lang bleiben die denn noch?« fragt der Typ in Uniform.
    »Stören sie dich?« fragt der Wirt zurück.
    »Nein, die sind ja von uns, das sind ja keine Russen, sind ja Deutschstämmige und keine Asylanten, das ist in Ordnung mit denen.«
    »Noch ein Bier?« Der Wirt zapft ein neues Glas an.
    Der Mann kann unmöglich Mofa fahren, denkt Walde, dafür ist er viel zu dick. Außerdem wäre seine Figur in der Zeugenbeschreibung erwähnt worden. Walde zahlt und fährt über Schleidweiler ins Kylltal zurück.
     
    In einem Zeitschriftenladen in Kordel kauft Walde die neuesten Ausgaben von Bravo und Hit. Auf dem Schwimmbadparkplatz bekommt er weder über Funk noch über Handy Kontakt zum Präsidium. Der Wind ist aufgefrischt, in der Ferne grummelt es.
    Handtuch und Badehose hat er seit Wochen immer dabei. Im Kylltalbad herrscht Aufbruchstimmung. Walde muß warten, bis eine Umkleidekabine frei wird. Er reißt sich das Pflaster ab. Die Wunde ist zu, die Fäden sind noch da. Sie sollen, laut Arzt, von selbst abfallen. Im Becken hat er eine Bahn für sich allein und kann in Ruhe rückenschwimmen. Er fühlt, wie Druck von ihm abfällt, kein Gewicht mehr auf seine Wirbelsäule lastet. Über ihm ziehen dunkle Wolken auf. Erste Blitze zucken. Nach wenigen Bahnen tönt aus den Lautsprechern eine Durchsage des Bademeisters: »Ich bitte alle Besucher um Aufmerksamkeit, bitte verlassen Sie das Wasser! Das Baden ist ab sofort nicht mehr gestattet.«
    Walde steigt als letzter aus dem Becken. Als er zum Auto geht, beginnt es zu tröpfeln. Auf dem Weg nach Ehrang gerät er in einen Wolkenbruch. Als müsse der Himmel jetzt alles nachholen, was er in den letzten Wochen versäumt hat, schütten es wie aus Kübeln. Er muß an einer Abzweigung vor einem unbeschrankten Bahnübergang anhalten, weil die Scheibenwischer auch in der höchsten Stufe nicht mehr der Wassermassen Herr werden. Normalerweise ist von hier aus die Burg Ramstein zu sehen. Eine dicke Wasserschicht macht die Scheiben undurchsichtig. Der Regen trommelt auf das Dach und geht in ein Stakkato von Hagelkörnern über, die auf den Scheiben und der Motorhaube tanzen. Es ist heiß und feucht im Auto. Waldes Hemd klebt am Körper. Er schaut auf seine Liste und macht Eintragungen zu den letzten Besuchen. Über das Handy erreicht er das Präsidium. Harry ist nicht in seinem Büro. Der Regen hört genauso abrupt auf, wie er angefangen hat.
    Im Hof steht der 2-CV. Walde quetscht seinen Wagen daneben.
    »Brauchst du noch Baumaterial?« fragt Walde, bevor Jo die Tür ganz öffnen kann.
    »Warst wohl heute nicht ausgelastet?«
    »Ich brauchte eigentlich nur euren Wagen für etwa eine Stunde und könnte bei der Gelegenheit einen oder zwei Sack Zement oder Kalk mitbringen, wenn du was benötigst.«
    »So was brauchen wir eigentlich immer, du kennst ja unsere Dauerbaustelle. Wo fährst du hin?«
    »Wie immer.«
    »Kann ich mitkommen?«
    »Wenn es sein muß.«
    Ein paar Minuten später fahren sie unter den sieben Unterführungen des Ehranger Bahnhofs hindurch.
    »Übrigens hatten wir heute morgen eine Hausdurchsuchung.« Jo versucht gelassen zu wirken.
    Walde guckt Jo an: »Sag’ das nochmal, etwa wegen der Münzen?«
    »Weshalb denn sonst? Guck’ bitte wieder nach vorne!«
    »Das ist ja ein Ding … und? … ach, vergiß es.«
    »Was soll ich vergessen?«
    »Haben sie dir die Bude auf den Kopf gestellt?«
    »Dann hätten sie ja alles wieder zurückstellen müssen. Wolltest du bei mir etwas suchen?«
    »Okay, sie werden wohl nie mehr wiederkommen und haben auch nichts

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