Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Akte X

Akte X

Titel: Akte X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antikorper
Vom Netzwerk:
saßen bei offenen Vorhängen und ausgeschaltetem Licht am Wohnzimmertisch und setzten ein l000 teiliges Puzzle zusammen, das sie in einer der Fensterbänke aus Zedernholz gefunden hatten.
    Die beiden hatten kalte Sandwiches und eine Tüte alter, von der schwülen Luft durchweichter Kartoffelchips zu Mittag gegessen. Jody hatte sich wie üblich nicht beklagt. Patrice war froh, daß ihr Sohn wieder Appetit bekommen hatte. Seine geheimnisvolle Erholung war bemerkenswert, aber sie ließ der Hoffnung wenig Raum. Bald, so fürchtete sie, würde die Gesundheitsphase vorbei sein und Jody wieder seine Verhandlungen mit dem Sensenmann aufnehmen.
    Aber trotz alledem hielt sie jeden Moment mit Jody in ihrem Innersten fest. Jody war alles, was sie hatte.
    Jetzt saßen die beiden über die Puzzleteile gebeugt. Das Puzzle sollte einmal ein Bild vom Aufgang des Planeten Erde über den Kratern des Mondes ergeben, ein Foto, das einer der Apolloastronauten geschossen hatte. Die blaugrüne Kugel bedeckte schon den Großteil des kleinen Holztisches; einige Kontinente waren allerdings noch nicht ganz zusammengesetzt und wiesen klaffende Lücken auf.
    Eigentlich machte es ihnen nicht viel Spaß, und sie waren kaum bei der Sache. Sie schlugen bloß die Zeit tot.
    Patrice und Jody sprachen wenig, wie es typisch für zwei Menschen war, die viele Tage mit sich allein gewesen waren. Zur Verständigung genügten ihnen angefangene Sätze, Andeutungen, private Scherze. Jody griff nach einem gezackten Teil der antarktischen Eiskappe und drehte es prüfend, um zu sehen, ob es paßte.
    »Kennst du jemand, der schon mal in der Antarktis war, Mom?« fragte Jody.
Patrice lächelte gezwungen. »Das ist nicht gerade ein beliebtes Urlaubsziel, Schatz.«
    »War Dad schon mal dort? Wegen seiner Forschungen?« Nur mit Mühe konnte sie verhindern, daß ein Schatten über ihr Gesicht huschte. »Du meinst, um ein neues Medikament an, sagen wir, den Pinguinen zu testen? Oder den Polarbären?« Warum auch nicht? Er hat es schließlich an Vader getestet...
    »Polarbären leben am Nordpol, Mom.« Jody schüttelte in gespielter Verachtung den Kopf. »Überprüfe deine Daten.« Manchmal klang er schon genau wie sein Vater. Sie hatte ihrem Sohn erklärt, warum sie sich vor der Außenwelt verstecken, warum sie abwarten mußten, bis sie ein paar Antworten bekommen und herausgefunden hatte, wer hinter der Zerstörung von DyMar steckte.
    Darin hatte sich nach einer heftigen Auseinandersetzung über die Gefahren ihrer Forschung, die Grenzen, die sie überschritten, von David getrennt. Er hatte bei DyMar gekündigt, sein Haus verkauft, sein Ferienhäuschen dem Verfall überlassen und sich einer isolierten Gruppe von Survivalisten in der Wildnis Oregons angeschlossen. Von diesem Punkt an hatte David nur noch voller Verachtung über Darin gesprochen und die üblichen absurden Vorwürfe der Luddite-Gruppen, Gruppen wie jene, der sich sein Bruder angeschlossen hatte, einfach ignoriert.
    Darin war fest davon überzeugt gewesen, daß sie in Gefahr sein würden, sobald noch mehr Leute von ihrer Forschung erfuhren, aber irgendwie konnte David nicht glauben, daß außer den Experten noch jemand die Bedeutung des von ihm erzielten Durchbruchs erkennen würde. »Es ist immer schön zu sehen, daß manche Leute mehr verstehen, als man ihnen zugetraut hat«, erwiderte David. »Aber ich würde nicht damit rechnen.«
    Patrice wußte, daß Darin naiv war. Dies war nicht die Art Problem, auf das die breite Masse mit Empörung reagieren würde - es war zu kompliziert und man brauchte zuviel Voraussicht, um zu erkennen, wie es die Welt verändern würde oder um abzuschätzen, ob die Gefahren größer waren als die neuen Möglichkeiten. Aber einige Leute achteten sehr genau auf das, was er tat. Darin hatte gute Gründe für seine Angst, gute Gründe für seine Flucht gehabt. Patrice stand jetzt vor der Frage, wer hinter all dem steckte.
    Die Demonstranten vor DyMar waren eine seltsame Mischung aus religiösen Gruppen, Gewerkschaftsvertretern, militanten Tierschützern und wer weiß wem noch gewesen. Manche waren Spinner, manche gewalttätig. Ihr Mann war dort getötet worden, nachdem er sie kurz zuvor gewarnt hatte: Ihr müßt fliehen. Lauft! Laßt euch nicht von ihnen erwischen. Sie werden euch jagen.
    In der Hoffnung, daß es sich nur um einen vorübergehenden Notfall handeln würde, einen kurzen Gewaltausbruch militanter Demonstranten, hatte sie Jody und den Hund in ihren Wagen gesteckt und

Weitere Kostenlose Bücher