Akte X
Einschuß näher war.
Die Tür schwang auf, und hinter dem Spalt konnte man eine Bewegung wahrnehmen. Der Scharfschütze hielt die Luft an. Die Ereignisse schienen in Zeitlupe abzulaufen, während er den Druck auf den Abzug ein wenig erhöhte. Wegen der kurzen Distanz hatte er das Zielfernrohr entfernt. Jetzt erschien in der Türöffnung eine Gestalt mit gesenktem Kopf. Blaues Hemd, dunkle Hose. Ein Schwarzer. Der Abzugsfinger des Scharfschützen entspannte sich wie von allein. Der verrückte Geiselnehmer war ein Weißer, also versuchte er nicht, als einer der Agenten verkleidet zu fliehen.
Eine zweite Gestalt wurde sichtbar, ein dicklicher Mann mit einem Schnurrbart, der auf wackligen Beinen von dem ersten mehr geschleppt als gestützt wurde. Sein Kopf schaukelte kraftlos hin und her. Er hatte eine Hand in Bauchhöhe in sein Hemd gekrallt, auf dem sich ein großer Fleck abzeichnete, schwarz und glänzend.
Der Scharfschütze wußte, daß Blut unter diesen Lichtverhältnissen schwarz aussieht. Und es war eine Menge Blut, der Größe des Flecks nach zu schließen. Der Agent versuchte, das Gewicht der verwundeten Geisel gegen das des sperrigen Sanitäterkoffers auszubalancieren, den er in der anderen Hand hielt.
Wo blieb der zweite Agent?
Der Blick des Scharfschützen kehrte zu dem dunklen Türspalt zurück. Noch hatte er eine Chance. Vielleicht machte der Psychopath einen Fehler und zeigte sich, wenn der zweite Agent herauskam.
Aber der dunkle Spalt wurde langsam schmaler, als sich die Tür wieder schloß.
Kein zweiter Agent trat auf den Platz hinaus.
»Verdammt!« flüsterte der Scharfschütze. »Verdammt noch mal!«
Auf dem Platz unter ihm schwärmte ein Spezialistentrupp in Tarnkleidung aus und brachte den Agenten und die verwundete Geisel in Sicherheit.
3 Travel Time-Reisebüro
Duane mag ja verrückt sein, dachte Mulder, aber er versteht sein Handwerk immer noch. Als er die Geisel gehen ließ, verhielt er sich genauso geschickt, wie Mulder es an seiner Stelle getan hätte. Janus wollte den Sanitäterkoffer zurücklassen, da er genug damit zu tun haben würde, Bob zu stützen, der sich aus eigener Kraft kaum auf den Beinen halten konnte, aber das ließ Duane nicht zu.
»Wenn ihr eine Wanze in dem Ding versteckt habt, könnte ich es wahrscheinlich in alle Einzelteile zerlegen, ohne sie zu finden«, sagte er. »Also schaffen Sie die Tasche zusammen mit dem Glatzkopf hier raus, verstanden? Dann muß ich mir wenigstens darüber keine Gedanken mehr machen.«
Er stieß einen Stuhl mit dem Fuß in Mulders Richtung. »Sie da. Setzen Sie sich. Und keine weitere Bewegung, sonst fängt sich hier noch jemand eine Kugel ein. Ich kümmere mich in einer Minute um Sie.«
Damit wandte er sich wieder Janus zu. »Los. Helfen Sie ihm hoch.«
Er sah wachsam zu, wie sich Janus hinkniete und einen Arm des Managers um seine Schulter legte. Der Agent richtete sich langsam auf und zog den Verwundeten mit sich hoch. Bob gab ein ersticktes Ächzen von sich. Seine Augenlider flatterten, er konnte sich kaum auf den Beinen halten. Duane deutete mit der Pistole auf Gwen. »Sie, Lady. Gehen Sie zur Tür und öffnen Sie sie, wenn ich es Ihnen sage. Da entlang.«
Er wartete, bis Gwen neben der Tür stand, bevor er sich wieder Janus zuwandte. »Okay, Agent wie auch immer, nehmen Sie Ihre Tasche und verschwinden Sie.«
Janus' Augen waren auffällig geweitet. Mulder wußte, daß der Mann unter einer ungeheuren Anspannung stand. Bob stöhnte erneut und drohte zusammenzubrechen. Janus konnte ihn gerade noch aufrecht halten. Er umklammerte den Arm des Verletzten fester und schleppte ihn zur Tür.
»Beeilung!« drängte Duane. Er folgte den beiden, hielt aber vorsichtig Abstand zu Janus und Mulder. Janus erreichte die Tür und blieb stehen.
»Ich kann sie nicht öffnen, ohne irgend etwas loszulassen«, sagte er.
»Los, Missy«, zischte Duane Gwen zu. »Machen Sie die Tür auf.«
Etwas Licht fiel in das Reisebüro, als die Tür aufschwang. Duane blieb im Hintergrund, unsichtbar und unerreichbar für die Scharfschützen.
Janus zögerte einen Moment lang.
»Worauf warten Sie?« fragte Duane ungeduldig. »Los, schaffen Sie ihn hier raus.«
Er zielte mit der Pistole auf die Tür, bis Janus sie passiert hatte. Mulder sah, wie Gwen mit bebenden Lippen auf den Platz hinausstarrte. Er wußte, was in ihr vorging. Sie fragte sich, was wohl passieren würde, wenn sie einfach losrannte.
Nicht! beschwor er sie stumm. Tun Sie es nicht! Er wird Sie
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