Akte X Novel
ein. Lauren Kyte stand, umrahmt vom Wohnzimmerfenster, im Erdgeschoß ihres Hauses. Und jemand stand neben ihr.
Mulder und Scully trafen sich früh am nächsten Morgen im kriminaltechnischen Labor der FBI-Außenstelle in Philadelphia.
„Haben Sie auf den Fotos etwas entdecken können?“ fragte
Scully.
„Ich wollte es Ihnen gerade zeigen“, antwortete Mulder.
„Allerdings hoffe ich, daß wir hier ein wenig Unterstützung
bekommen können.“
Mulder bat um einen Techniker, der sich mit Computern und
Scannern auskannte. Dann wartete er voller Ungeduld,
während der junge Mann das kleine Bild des Kontaktabzuges
mit dem Scanner erfaßte.
Das mysteriöse Foto erschien mit veränderter Auflösung auf
dem Bildschirm. Die Außenseite von Laurens Haus war
deutlich zu erkennen. Mulder konnte sogar die Glühbirne in der
Straßenlaterne erkennen.
„Können sie das Fenster im Erdgeschoß vergrößern“, fragte
Mulder.
Auf dem Bildschirm öffnete sich ein Quadrat, das der
Techniker über das gewünschte Objekt führte, welches
daraufhin, zunächst verschwommen, bis der Computer die
Auflösung angepaßt hatte, den ganzen Bildschirm ausfüllte.
Nach wenigen Sekunden hatten sich die digitalen Bildpunkte
zu einem schärferen Bild geformt. Laurens Gesicht bildete den
Mittelpunkt. Mulder konnte das Gewebe der Vorhänge neben
ihr ebenso erkennen wie die zierliche Kette an ihrem Hals. Die
Gestalt hinter ihr blieb jedoch noch immer schattenhaft, nur ein
Schemen, genau wie auf dem Foto der Überwachungskamera
des Geldautomaten.
„Vergrößern Sie es um das Zehnfache“, bat Scully. Der Techniker bewegte die Maus. Erneut veränderte sich die
Auflösung, und auf dem Monitor erschien abermals eine
vergrößerte Abbildung. Obwohl das Bild sehr grobkörnig war,
offenbarten die Kontraste jetzt klar und deutlich ein
geisterhaftes, trauriges, aber durchaus nicht unbekanntes
Gesicht.
Mulder und Scully sahen einen Mann – einen älteren Mann –,
der links hinter Lauren stand.
„Das ist Howard Graves“, staunte Scully. „Er lebt.“ Mulder lehnte sich zurück. Während er noch gebannt auf den
Bildschirm starrte, entwickelte sein Gehirn bereits eine Reihe
neuer Theorien.
„Nicht unbedingt“, entgegnete er.
8
Mitternacht war längst vorbei. Ein kühler Herbstwind fegte durch die Straßen des östlichen Pennsylvania. Laub flog durch ein geöffnetes Fenster in Lauren Kytes Haus. Vielleicht trug eine unsichtbare Kraft die Blätter herein...
Lauren lag fest schlafend in ihrem Bett im Obergeschoß. Am Fußende hatte sich ihre Katze zusammengerollt. Plötzlich erwachte das Tier mit einem grauenhaften Fauchen und verschwand im nächsten Augenblick unter dem Bett.
Lauren setzte sich auf und kämpfte gegen den Nebel schläfriger Benommenheit an. Während das Adrenalin durch ihren Körper strömte, sah sie sich um. Sie war eingeschlafen, ohne das Licht auszuschalten. Alles im Raum schien vollkommen normal zu sein. Nichts hatte sich verändert.
Dennoch schien irgend etwas in ihrem Haus nicht zu stimmen. Ihr Herz raste, während sie angestrengt lauschte. Seit Howard Graves gestorben war, waren Dinge geschehen – unerklärliche Erscheinungen, die zu begreifen sie nicht einmal ansatzweise imstande war. Nun hatte sie das schreckliche Gefühl, daß sich erneut etwas Sonderbares ereignete.
Und dann hörte auch sie, was die Katze wenige Minuten zuvor geweckt hatte. Dies waren nicht die üblichen nächtlichen Verkehrsgeräusche, und es war auch nicht das Rascheln der Eichenäste, die über ihre Hauswand scharrten.
Dieses Geräusch war anders. Und es war unmißverständlich. Es waren Schritte. Die schweren Schritte eines Mannes, der langsam die Treppe heraufkam. Einen Fuß vor den anderen setzend, näherte er sich langsam ihrem Schlafzimmer.
Als Lauren hörte, wie knarrend eine andere Tür geöffnet wurde, versteifte sie sich. Leise erhob sie sich und durchquerte den Raum. Vorsichtig, um nur kein Geräusch zu verursachen, öffnete sie die Schranktür und zog den hölzernen Baseballschläger hervor, den sie dort aufbewahrte.
Wieder lauschte sie.
Jemand befand sich in ihrem Haus.
Obwohl es still im Zimmer war, blitzten plötzlich die Augen der Katze auf. Furchtsam fauchend machte sie einen Buckel.
Laurens Herz klopfte so heftig, daß sie glaubte, jeden einzelnen Schlag in ihren Ohren wahrzunehmen. Langsam bewegte sie sich zur Tür ihres Schlafzimmers.
Als sie die Tür schließlich erreicht hatte, schienen Stunden vergangen zu sein. Angestrengt
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