Akte X Novel
Miene Besorgnis ausdrückte.
Die beiden Agenten lasen gespannt. Scully spulte den Film Millimeter um Millimeter weiter, um die zweite Spalte auf dem Bildschirm sichtbar zu machen.
„Seit 1970 geschieden...“, las Scully vor. „... öffnete sich in der Badewanne die Pulsadern, ohne einen Abschiedsbrief oder eine Erklärung für seine Tat zu hinterlassen.“
„Sie war seine Sekretärin“, warf Mulder ein, während er den Artikel überflog. „Dann sind also im letzten Monat drei Menschen gestorben, die alle mit Lauren Kyte in Verbindung standen.“
An diesem Nachmittag änderten Mulder und Scully ihre Strategie. Statt weiterhin das HTG-Gebäude zu beobachten, beschlossen sie, Lauren Kyte zu überwachen. Sie stellten ihr Fahrzeug unterhalb ihres Hauses am Straßenrand ab. Da der Wagen der jungen Frau in der Einfahrt stand, konnten sie annehmen, daß sie zu Hause war.
Die beiden Agenten machten sich wortlos auf eine lange Wartezeit gefaßt. Überwachungen waren, wie Mulder nur zu gut wußte, stets Geduldsprobe und Glücksspiel zugleich. Es konnte passieren, daß man stundenlang herumsaß, ohne irgend etwas zu sehen; oder man schlief nur für einen Augenblick ein und verlor eine wichtige Spur.
Kurz vor Sonnenuntergang verließ Lauren das Haus und stieg in ihren braunen Toyota. Mulder wartete, bis sie das Stoppschild am Ende des Häuserblocks erreicht hatte, ehe er den Motor startete und die Verfolgung aufnahm.
„Sie ist links abgebogen“, sagte Scully. „Sie fährt Richtung Stadtzentrum.“
Scully hatte recht. Sie folgten Laurens Wagen bis zum Parkplatz eines großen Supermarktes.
Großartig, dachte Mulder. Sie kauft Lebensmittel ein, das bringt uns weiter.
Aber als Lauren wenige Minuten später aus dem Geschäft kam, trug sie einen großen Strauß frischer Blumen. Als sie sich wieder in den Verkehr einfädelte, startete Mulder den Wagen.
„Heute morgen standen auf dem Tisch in ihrem Eßzimmer frische Blumen“, erinnerte sich Scully. „Ob sie die jetzt schon ersetzen will?“
„Vielleicht“, entgegnete Mulder, während er Lauren zu einer Straße folgte, die aus der Stadt herausführte. „Aber vielleicht sind die auch für jemand anderen.“
„Jetzt wissen wir, warum sie Blumen gekauft hat“, stellte Scully fest, nachdem Laurens Wagen die Tore zu einem konfessionsfreien Friedhof passiert hatte.
Mulder wartete noch eine Minute, ehe er ihr folgte. Im Westen verfärbte sich der Himmel unter den Strahlen der untergehenden Sonne orange, und die Grabsteine hoben sich tiefschwarz vor dem lichten Hintergrund ab.
Kaum sah Mulder Laurens Toyota auf einer Hügelkuppe, verlangsamte er und parkte in kurzer Entfernung, so daß er und Scully die Verdächtige unauffällig beobachten konnten.
Lauren stand mit den Blumen in der Hand vor einem schlanken Grabstein aus Granit. Nicht weit von ihr harkte ein Friedhofspfleger Laub zusammen. Die Berieselungsanlage wurde eingeschaltet, und feiner Sprühregen vernebelte den Blick.
Mulder hielt neugierig Ausschau. Lauren schien bleich vor Kummer, und er hatte das Gefühl, daß sie hergekommen war, um sich ein letztes Mal zu verabschieden, ehe sie die Stadt verließ.
Noch immer blickte Lauren auf die Grabstätte. Dann kniete sie neben dem Grabstein nieder und legte die Blumen auf die Erde. Schließlich stand sie wieder auf, nahm sich einen Augenblick Zeit, um wieder zu sich zu kommen, und verließ den Friedhof.
Die beiden Agenten tauschten einen kurzen Blick und stiegen aus dem Wagen. Dann gingen sie hinüber und lasen die Inschrift auf dem Grabstein.
HOWARD GRAVES
4. MÄRZ 1944 – 17. AUGUST 1997
Mulder war überrascht. Irgendwie hatte er angenommen, daß derjenige, der hier begraben lag, zu Laurens Verwandtschaft gehörte. „Es gibt wohl nicht allzu viele Menschen, die nicht auf dem Grab ihres Chefs tanzen würden“, bemerkte er.
Scully deutete auf die Inschrift des Grabsteins neben Howard Graves’ letzter Ruhestätte. „Sehen Sie sich das an.“ SARAH LYNN GRAVES 8. SEPTEMBER 1966 – 3. AUGUST 1969
Mulder blickte sich um und entdeckte den Friedhofsgä rtner, der neben einem Brunnen neue Blumen pflanzte.
„Entschuldigen Sie, Sir“, rief er ihm zu.
Der Friedhofsgärtner kam zu ihnen herüber. Er war ein älterer Mann mit knochigem Gesicht und einem zerzausten Bart. Seine Haare verbargen sich unter einem breitkrempigen Strohhut, die Füße steckten in kniehohen grünen Gummistiefeln, und an den Händen trug er dicke Gartenhandschuhe aus
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