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Akunin, Boris - Pelagia 01

Akunin, Boris - Pelagia 01

Titel: Akunin, Boris - Pelagia 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pelagia und die weissen Hunde
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Jahr für Jahr, zum Besseren wandte, so dass in den benachbarten Gouvernements Neid aufkam.
    Am Tag nach der Rückkehr Wladimir Bubenzows, der wie ein römischer Triumphator die gefangenen Syten-Ältesten in die Stadt brachte (eine unglaubliche Menschenmenge hatte sich versammelt, um das einmalige Schauspiel zu bestaunen: zwei gefesselte Diener des Gottes Schischiga plus drei Leichen auf dem Leiterwagen), berief Bischof Mitrofani eine außerordentliche Beratung seiner engsten Verbündeten ein, die er mit schwarzem Humor »Rat in Fili« (In dem Dorf Fili bei Moskau fand am 1.9.1812 der Kriegsrat statt, der die Räumung Moskaus beschloss. D.Ü.) nannte. Auch seine Einführungsrede begann er im allegorischen Geist:
    »Feldmarschall Kutusow konnte Moskau aufgeben, weil er Rückzugsräume hatte, aber wir, meine Herren, können uns nicht zurückziehen. Die Hauptstadt ist weniger eine Konzentration des öffentlichen Lebens als vielmehr sein Symbol, und ein Symbol kann man zeitweilig aufgeben. Wir aber leben im Transwolgaland, und das ist für uns kein abstraktes Symbol, sondern unser einziges Haus, und wir haben weder das Recht noch die Möglichkeit, es bösen Kräften zur Schändung zu überlassen.«
    »Das ist zweifellos richtig«, bestätigte Anton von Gaggenau aufgeregt. Und Berditschewski fügte hinzu:
    »Ein Leben außerhalb von Sawolshsk ist für mich undenkbar, aber wenn es diesem Inquisitor gelingen sollte, sich mit seinen Vorstellungen durchzusetzen, kann ich hier nicht mehr existieren.«
    Mitrofani nickte, als hätte er diese Antwort erwartet.
    »Jeder von uns dreien hatte zu verschiedenen Zeitpunkten das Angebot, in der Hauptstadt einen höheren Posten zu übernehmen, aber wir sind nicht hingefahren. Warum nicht? Weil wir begriffen hatten: Die Hauptstadt ist ein Reich des Bösen, und wer dorthin gerät, verliert sich selbst und setzt seine Seele Bedrohungen aus. Unsere hiesige Welt ist schlicht und gut, denn sie ist näher bei der Natur und bei Gott. In der Provinz kann man, selbst wenn man die Macht ausübt, seine lebendige Seele bewahren, in Petersburg ist das unmöglich. Von der Hauptstadt geht nur Schaden aus, nur Gewalt gegen die Natürlichkeit. Wir alle haben die Pflicht, die uns anvertraute Region vor solcher Heimsuchung zu schützen. Der Teufel ist mächtig, aber seine Macht ist nicht von Dauer, denn sie beruht nicht auf den Vorzügen des Menschen, sondern auf seinen Lastern, das heißt, nicht auf Kraft, sondern auf Schwäche. Gewöhnlich zerstört das Böse sich selbst, zerfällt von innen her. Aber darauf warten dürfen wir nicht, denn dann würde zu viel Gutes, das wir mühsam aufgebaut haben, noch eher zerstört sein als das Böse. Wir müssen handeln. Ich habe Sie hergebeten, meine Herren, um mit Ihnen einen Plan festzulegen.«
    »Stellen Sie sich vor, Bischöfliche Gnaden, ich habe auch schon daran gedacht«, sagte Baron von Gaggenau. »Und da ist mir Folgendes in den Sinn gekommen. Mein älterer Bruder Karl Antonowitsch ist, wie Sie wissen, Stallmeister und wird einmal monatlich zum kleinen Abendessen in allerhöchster Anwesenheit gebeten, wo der Zar ungezwungen mit ihm plaudert und ihn nach allem Möglichen ausfragt. Ich werde Karl einen ausführlichen Brief schreiben und ihn um Unterstützung bitten. Er hat ein staatsmännisches Köpfchen und wird gewiss den Fall so darzustellen wissen, dass der Imperator unserer Not gegenüber nicht teilnahmslos bleiben kann.«
    »Mein Sohn, leider plaudert Konstantin Petrowitsch viel öfter mit dem Zaren als einmal monatlich«, sagte der Bischof seufzend. »Es ist anzunehmen, dass Seine Majestät für Bubenzow eingenommen ist, und diese Meinung zu ändern wird nicht einfach sein. Leider kommt vielen einflussreichen Personen in Petersburg unser Skandal sehr gelegen.«
    Anton von Gaggenau sagte wehmütig:
    »Aber wir müssen doch etwas tun. Diese Spinne vom Synod erscheint mir schon im Traum. Dann liege ich da und kann mich nicht rühren, und er wickelt und wickelt mich in seinen klebrigen Faden . . .«
    Eine lastende Pause trat ein, die von Matwej Berditschewski beendet wurde. Blass geworden, verkündete er entschlossen:
    »Meine Herren, ich weiß, was zu tun ist. Ich fordere ihn zum Duell, jawohl! Wenn er sich weigert, sich mit mir zu schießen, ist er vor der Gesellschaft blamiert, niemand lässt ihn mehr über die Schwelle, und die Sawolshsker Damen, die ihn jetzt umtanzen, werden ihm die kalte Schulter zeigen. Nimmt er aber meine Forderung an, so jagt ihn

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