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Akunin, Boris - Pelagia 01

Akunin, Boris - Pelagia 01

Titel: Akunin, Boris - Pelagia 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pelagia und die weissen Hunde
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Lagrange gelaufen. Als er Berditschewski sah, lächelte er beflissen.
    »Matwej Benzionowitsch, Sie kommen selbst? Ist ja auch richtig.«
    Er verbeugte sich und drückte Berditschewski die Hand, warf einen verwunderten Blick auf Pelagia, gab sich jedoch mit Berditschewskis Erklärung zufrieden und ließ von da an die Nonne gänzlich unbeachtet. Es war zu sehen, dass er glänzender Laune war.
    »Was gibt’s hier schon zu sehen«, sagte er und zeigte mit einer lässigen Handbewegung auf den Salon. »Kommen Sie mit nach oben. Das ist ein Anblick.«
    Oben gab es nur zwei Zimmer, das Schlafzimmer und das andere, in dem Poggio, wie erwähnt, sein Photolabor eingerichtet hatte. Da es näher lag, schauten sie zuerst da hinein.
    »Bitte«, sagte Lagrange stolz. »Total zertrümmert.«
    Und wirklich, das Labor sah noch schlimmer aus als die Ausstellung. Mitten im Raum lag, mit großem Schwung hingeschmettert oder mit den Füßen zertrampelt, der Kodak-Apparat, und drum herum blinkten wie winzige Eisschollen die Scherben der photographischen Platten.
    »Keine Einzige ist heil geblieben, alles zersplittert«, erklärte der Polizeimeister forsch, wie um die Fähigkeiten des unbekannten Verbrechers herauszustreichen.
    »Spuren?«, fragte Berditschewski mit einem Blick auf die beiden Polizeibeamten, die mit Lupen auf dem Fußboden herumkrochen.
    »Was soll es hier für Spuren geben«, antwortete der Ältere und hob das ausgemergelte faltige Gesicht. »Sie sehen ja, als ob eine Herde Elefanten herumgetrampelt wäre. Sinnlos, dass wir Scherben zusammenfügen. Zu jeder Platte gehörte ein Papierchen mit dem Titel. Weiße Laube, Sonnenuntergang am Fluss, Die kleine Nixe. Wir passen die Splitter aneinander wie in einem Kinderpuzzle. Womöglich findet sich was Brauchbares. Aber das ist unwahrscheinlich.«
    »Soso.« Berditschewski fragte Lagrange halblaut: »Und wo ist. . . der Tote?«
    »Kommen Sie.« Lagrange lachte. »Nächste Nacht werden Sie nicht schlafen können. Ein Stillleben.«
    Berditschewski wischte sich mit dem Taschentuch die Stirn und folgte dem dunkelblau uniformierten Virgil durch den Korridor. Pelagia ging leise als Letzte.
    Poggio lag im Bett und blickte feierlich zur Decke, als dächte er über höchst Bedeutsames nach – jedenfalls nicht über das jämmerliche Stativ, das ihn an das Bett nagelte und aus ihm herausragte, eingeklemmt im Gewölbe des Brustkorbs.
    »Absolut tödlich«, sagte der Polizeimeister und zeigte mit dem Finger im weißen Handschuh. »Der Stoß, schauen Sie bitte, wurde vertikal geführt. Also hat der Ermordete gelegen und nicht versucht aufzustehen. Wahrscheinlich hat er geschlafen. Er schlug die Augen auf und war sofort im Himmelreich. Erst hinterher hat der Mörder alles zertrümmert und zerschmettert.«
    Berditschewski zwang sich, die drei zusammengeschobenen Beine des Stativs zu betrachten, die tief im Körper des Toten steckten. Sie waren aus Holz, aber unten mit Messing beschlagen und sicherlich sehr spitz.
    »Ein starker Stoß«, sagte er, um Kaltblütigkeit bemüht, und versuchte, das Stativ mit den Fingern zu umgreifen, doch die schlossen sich nicht. »Eine Frau kann das nicht getan haben. Das Ding ist zu schwer und lässt sich nicht richtig umfassen.«
    »Das denke ich auch«, pflichtete Lagrange ihm bei. »Also scheidet Telianowa aus. Der Fall ist eigentlich sonnenklar. Ich habe nur auf den Untersuchungsführer gewartet, meine Leute haben schon alles genau unter die Lupe genommen. Möchten Sie nicht das Protokoll unterschreiben?«
    Berditschewski verzog das Gesicht über diese eindeutige Verletzung der Vorschriften – ein Protokoll der Tatortuntersuchung durfte nicht ohne einen Vertreter der Staatsanwaltschaft aufgesetzt werden, darum las er absichtlich langsam. Aber es war nichts daran auszusetzen – Lagrange verstand sich auf die Polizeiarbeit, das musste man ihm lassen.
    »Was für Mutmaßungen haben Sie?«, fragte Berditschewski.
    »Vielleicht gehen wir lieber hinunter in den Salon, bis der da hinausgetragen ist«, schlug Lagrange vor.
    So geschah es.
    Sie stellten sich in eine Ecke des leeren Salons. Der Polizeimeister zündete seine Pfeife an, Berditschewski holte ein Heftchen hervor. Auch Schwester Pelagia war im Raum, sie kroch auf dem Fußboden herum, als wolle sie Müll beseitigen, in Wirklichkeit aber sammelte sie die Photoschnipsel ein und setzte sie zusammen. Die beiden Männer achteten nicht auf sie.
    »Ich höre.« Berditschewski stand bereit zum Notieren.
    »Der

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