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Akunin, Boris - Pelagia 01

Akunin, Boris - Pelagia 01

Titel: Akunin, Boris - Pelagia 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pelagia und die weissen Hunde
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glänzenden braunen Augen demütig an. »Vielleicht wird der Unmensch von Reue erfasst.«
    »Raus hier!«, blaffte Lagrange. »Weshalb haben Sie sie überhaupt mitgebracht?«
    Berditschewski nickte Pelagia unbemerkt zu und nahm den Polizeimeister beim Ellbogen.
    »Ich weiß, was zu tun ist. Beten bringt natürlich nichts, aber eine Gegenüberstellung wäre als Untersuchungsexperiment gar nicht schlecht. Wir holen alle gestrigen Teilnehmer zusammen, angeblich um zu rekonstruieren, wer wann wo war und was er gesagt hat. . .«
    »Ausgezeichnet!«, griff Lagrange auf. »Sie haben großes kriminalistisches Talent! Und die Fürstin Telianowa muss unbedingt dabei sein. Allein ihr Anblick wird die Kampfhähne wieder in Rage bringen, und dann verrät sich der Mörder. Das Verbrechen ist ja nicht kaltblütig, sondern im Affekt begangen worden. Ein leidenschaftlicher Mensch kann sich nicht beherrschen. Heute Abend holen wir sie zusammen. Und ich verliere keine Zeit und überprüfe die Alibis der Hauptverdächtigen.«
    »Vergessen Sie auf keinen Fall Bubenzow.«
    »Sie schaffen mich noch, Matwej Benzionowitsch, Sie schneiden einem Ihnen ergebenen Menschen ohne Messer ins Herz«, klagte Lagrange bitter. »Und wenn er mir dann böse ist?«
    »Passen Sie auf, dass ich Ihnen nicht böse werde«, antwortete Berditschewski leise.
    Alles wurde genauso arrangiert wie bei der unglücksseligen Soiree, sogar mit Häppchen und Wein (natürlich nicht Champagner, das wäre übertrieben gewesen). Der glückliche Gedanke, aus der erniedrigenden polizeilichen Prozedur einen Gedenkabend für Arkadi Poggio zu machen, war der Postmeistersgattin Olimpiada gekommen, die sich heute noch mehr als Geburtstagskind fühlte als tags zuvor. Als sie am Morgen von der Tragödie erfuhr, war sie natürlich zunächst erschrocken und hatte sogar nach Frauenart den armen Poggio bedauert, auch ein paar Tränen vergossen, doch etwas später, als klar wurde, dass der skandalöse Ruhm ihrer Soiree ihre kühnsten Erwartungen übertraf und die wichtigsten Ereignisse womöglich noch bevorstanden, war ihre Trauer wie weggeblasen, und sie nutzte die zweite Tageshälfte, um das schwarze Moirekleid herzurichten, das seit der letzten Beerdigung eingemottet im Schrank hing.
    Zu dieser neuen Soiree waren beinahe dieselben Leute erschienen, diesmal nicht eingeladen, sondern vorgeladen. Aus begreiflichen Gründen fehlte Arkadi Poggio, ihn ersetzten der stellvertretende Staatsanwalt und der Polizeimeister. Außerdem war im Gegensatz zum Vortag von Anfang an die Fürstin Naina Telianowa anwesend, die eine offizielle Benachrichtigung bekommen hatte und pünktlich um neun eingetroffen war, obwohl Lagrange befürchtet hatte, sie unter Bewachung herschaffen zu müssen.
    Die Verursacherin des Unglücks (die meisten Anwesenden hielten sie dafür) stellte mit ihrer Ankunft die Hausfrau sofort in den Schatten. Sie war heute noch schöner als sonst. Das lila Trauerkleid stand ihr vorzüglich, die langen schwarzen Handschuhe betonten die Schlankheit ihrer Arme, und die samtigen Augen verströmten ein besonderes, geheimnisvolles Licht. Ihr war nicht die geringste Verlegenheit anzumerken, im Gegenteil, sie benahm sich wie die Königin, um derentwillen dieser Leichenschmaus veranstaltet wurde.
    Der Hauptverdächtige war still, schweigsam und völlig verändert. Polina Lissizyna bemerkte verwundert, dass sein Gesicht heute besänftigt und sogar zufrieden aussah.
    Dafür sträubte Fürst Pjotr Telianow sozusagen alle Stacheln wie ein Igel, ließ ständig Sottisen gegen die Vertreter der Macht los, empörte sich lautstark über das schändliche Spektakel und wandte sich demonstrativ von seiner Schwester ab, um zu zeigen, dass er mit ihr nichts zu tun haben wollte.
    Von den übrigen Teilnehmern fiel Krasnow auf, der unentwegt schluchzte und sich in ein gewaltiges Tuch schnäuzte. Zu Beginn des Abends hatte er den Wunsch geäußert, eine Ode zum Gedächtnis des Toten vorzutragen, konnte aber nur zwei Strophen zu Gehör bringen, da Berditschewski die Deklamation wegen Unangebrachtheit unterband. Die Strophen gingen so:
    Starb in der Blüte seiner Jahre,
Magier der Linse und des Lichts.
Des Schicksals Schwert, es blitzte blutig,
Gehorsam dem Befehl des Henkers.
    Und Gottes lebensvolle Flamme,
Sie leuchtet nun niemandem mehr,
Und voll Entsetzen sank die Erde
In allertiefste Finsternis.
    Bubenzow kam wieder als Letzter und wieder ohne Entschuldigung – wie denn auch, Lagrange erging sich in wortreichen

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