Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Al Wheeler und das Callgirl

Al Wheeler und das Callgirl

Titel: Al Wheeler und das Callgirl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
sich zu verschließen. Ich empfand keine Scham
über meine Tränen; sie galten meinem alten Freund und Partner Sergeant Polnik.
Was ich jedoch empfand, war ein anschwellendes Gefühl der Reue, und dahinter
begann sich wie eine Lawine die entsetzliche Bürde eines ungehemmten und mit
niemand zu teilenden Schuldgefühls zusammenzuballen.
    Ich war derjenige, der
eigentlich tot auf dieser Türschwelle hätte liegen sollen, mein Gehirn hätte zu
Brei zerschossen sein sollen. Nur war mir Sex im fraglichen Augenblick so viel
angenehmer erschienen, und so hatte ich Polnik an meiner Stelle
hierhergeschickt. »Seien Sie vorsichtig«, hatte ich gesagt und irgendwie
geglaubt, das genügte — wie eine Art Talisman, großzügig von Wheeler gespendet,
mächtig genug, alles Böse abzuwenden.
    Während ich hinter dem Steuer
meines Wagens saß, wischte ich mir das nasse Gesicht mit einem Taschentuch ab;
ohne Erstaunen stellte ich fest, daß ich zu weinen aufgehört hatte. Die Tränen
waren noch der leichteste Teil des Ganzen gewesen; mit dem Schuldgefühl zu
leben, würde viel schwieriger sein. Zwei waren es gewesen. Das hatte
Polnik nicht erwartet, aber wenn ich an seiner Stelle in die Hütte getreten
wäre, dann hätte ich damit gerechnet. Denn ich hätte mich an das erinnert, was Kingsley
mir am selben Nachmittag erzählt hatte: daß Dana vor drei Tagen aus San
Francisco verschwunden war und Lou Fisher, der Boß der gewerkschaftlichen
Agitatorentruppe, mit ihm. Der Sergeant hatte das nicht wissen können, denn ich
hatte vergessen, es ihm zu sagen!
    Ich zündete mir eine Zigarette
an und rauchte sie langsam, allein im Dunkeln, mit abgeschalteten Scheinwerfern.
Nach einer Weile wurde mir klar, daß ich nie wieder wirklich allein sein würde.
Immer würde mir die Bürde meiner Schuld Gesellschaft leisten, wo ich auch war.
     
    Sheriff Lavers knautschte eines seiner geringfügigen Kinne grausam zwischen Daumen und Zeigefinger;
dann zog er die Cellophanhülle von einer Zigarre, um kühle Zurückhaltung
bemüht. Die Fenster seines Büros erhellten sich unter der rasch aufkommenden
Morgendämmerung.
    »Was ist mit Mrs. Polnik ?« fragte ich in plötzlicher Panik. »Man muß ihr Bescheid
sagen .«
    »Ich habe es ihr bereits
mitgeteilt«, erwiderte er ruhig.
    »Wissen Sie was ?« Es war wie ein Schock für mich. »In all den Jahren, in
denen wir zusammengearbeitet haben, hat er mir immer von seiner >Alten<
erzählt, aber ich habe sie nie kennengelernt .«
    »Das kommt vor«, sagte er.
    »Und nun ist er tot, und sie
ist Witwe«, sagte ich wild. »Ich sollte es in Wirklichkeit sein, der jetzt im
Leichenschauhaus liegt, während Doc Murphy mit seinem kleinen scharfen Messer
an dem herumkratzt, was von meinem Schädel übrig ist .«
    »Seien Sie still«, brummte Lavers . »Ihr Partner ist bei einem Auftrag umgekommen, den
Sie ihm erteilt haben. Wie viele Männer, glauben Sie, sind während meiner vier
Amtsperioden als Sheriff bei Aufträgen umgekommen, die ich ihnen gegeben habe?
Fünf!« Er hielt seine massive Hand in die Höhe, die dicken Finger gespreizt.
»Haben Sie gehört, Wheeler? Fünf! So ist es nun mal, und niemand kann etwas
dagegen unternehmen .«
    »Ich hätte es verhindern
können«, flüsterte ich. »Ich hätte selbst gehen können, nur war mir mein
Vergnügen mit dem Mädchen, das ich in meiner Wohnung hatte, zu dem Zeitpunkt zu
wichtig .«
    »Sie waren berechtigt, Polnik
zu beauftragen. Er hatte sowieso Nachtdienst. Ebenso logisch wäre es, mich für
seinen Tod verantwortlich zu machen. Ich hatte ihm strafweise den
Nachtdienst verpaßt .«
    »Aber wenn ich selbst
hingefahren wäre, so hätte ich damit gerechnet, daß sie zu zweit sind«, sagte
ich. »Ich wußte doch, was Kingsley mir am Nachmittag erzählt hatte. Aber ich
vergaß, das Polnik weiterzuerzählen, und deshalb ist er jetzt tot .«
    »Das haben wir nun bereits
geschlagene viermal durchgekaut !« donnerte er. »Im
Augenblick sind Sie so durchgedreht, daß Sie nicht einmal mehr wissen, was Sie
sagen. Fahren Sie nach Hause und legen Sie sich schlafen .«
    »Ich bleibe«, sagte ich.
    »Das ist ein Befehl, Wheeler !«
    »Ich bleibe trotzdem«, zischte
ich.
    Lavers starrte mich ein paar Sekunden
lang finster an; dann hievte er seinen massigen Leib aus dem Stuhl und verließ
das Büro. Er blieb ungefähr fünf Minuten weg. Mir wäre es egal gewesen, wenn er
für alle Zeiten verschwunden geblieben wäre, der herzlose Drecksack!
Schließlich kehrte er zurück, und flüchtig

Weitere Kostenlose Bücher