Al Wheeler und das flotte Mädchen
beschweren!«
»Warum nicht?« sagte ich.
Dann öffnete ich die Tür des
zweiten Schlafzimmers und trat ein. Dort lag ein nacktes Mädchen, das Gesicht
nach unten, auf dem Bett und weinte in sich hinein. Sie war klein, langes,
schwarzes Haar hing ihr über den Rücken hinab, und ihre Haut war von einer
dunklen Goldfarbe. Auf ihren zart gerundeten Hinterbacken waren eine Reihe
Striemen zu sehen, und neben dem Bett lag ein Lederriemen.
»Das ist bis jetzt sicher das
Wertvollste, Mrs. Mayhew«, sagte ich kalt. »Ein echtes, lebendes orientalisches
Kunstobjekt. Wieviel haben Sie Stevenson dafür
bezahlt?«
Die hervorstehenden Augen
wurden plötzlich feucht. Dann begannen die Tränen zu fließen und hinterließen
kleine, verschmierte Spuren auf dem dicken Rouge ihrer Wangen.
8
Das Mädchen war eine
Südvietnamesin, ein Flüchtling aus Saigon. Irgendwie — Mrs. Mayhew wußte nicht wie — hatte Stevenson sie ihr geliefert. Er hatte sie mit
Lügen und Versprechungen aus dem Flüchtlingslager herausgelockt. Mrs. Mayhew
plusterte sich noch eine kleine Weile auf. Wirklich, sie hatte diesem Mädchen
einen Gefallen erwiesen — sie hatte der Kleinen ein Heim geboten, sie die
Sprache ihres neuen Landes gelehrt und ihr beigebracht, wie man sich als
Hausmädchen benimmt.
Dann traf jedoch eine
Polizeibeamtin ein und ging ins Schlafzimmer. Danach begann Mrs. Mayhew ein
bißchen unsicher zu werden. Vielleicht war das Englisch des Mädchens besser,
als Mrs. Mayhew zugegeben hatte. Also machte ich sie mit kalter Verachtung und
wohlberechneten Beleidigungen fertig, und als es soweit war, hatte sich ihr
dickes Make-up im wesentlichen aufgelöst.
Sie bestritt empört, lesbisch
veranlagt zu sein. Sie war lediglich eine einsame Frau. Ihr Mann war vor
fünfzehn Jahren gestorben, und sie hatten keine Kinder gehabt. Sie brauchte
Gesellschaft. Na ja, vielleicht weniger Gesellschaft als jemand, der sich um
sie kümmerte. Und um die Wohnung. Aber die Leute waren heutzutage so
unabhängig. Dann hatte Mr. Stevenson gesagt, vielleicht könne er ihr den Typ
Mädchen besorgen, den sie suchte. Er rückte mit der kleinen Vietnamesin an.
Mrs. Mayhew ließ ihre Nasenflügel beben. Wenn man eine Halbwilde wie die ins
Haus nahm, war das die einzig richtige Behandlung. Die verstanden doch nichts
anderes. Disziplin war es, was der Kleinen fehlte, und die hatte sie ihr
beigebracht. Das war alles. Ich überließ den Rest der Kollegin. Sie würde sich
um das Mädchen kümmern. Es gab zudem ein halbes Dutzend Regierungsbehörden, die
sich Mrs. Mayhew’ annehmen würden. Mit Stevenson gedachte ich selbst fertig zu
werden.
Die nächsten beiden Adressen
auf Petries Liste erwiesen sich als Nieten. Niemand war zu Hause. Die letzte
Wohnung lag in einem weiteren eleganten Hochhaus. Die Tür wurde von einem
schwarzen Mädchen geöffnet, das mir einen ausgesprochen hochmütigen Blick
zukommen ließ.
»Miß Jenny empfängt niemanden
ohne Terminvormerkung«, erklärte sie.
»Mich wird sie empfangen.« Ich
zeigte ihr meine Dienstmarke.
»Heiliger Strohsack!« Sie sah
unglücklich drein. »Was ist denn los? Hat jemand sein Geld nicht gekriegt?«
Ich folgte ihr ins Wohnzimmer,
das so überaus weiblich eingerichtet war, daß es mir auf die Nerven ging. Das
Mädchen verschwand im Schlafzimmer und kehrte eine halbe Minute später wieder
zurück.
»Sie wird bald kommen«,
verkündete sie und betrachtete mich dann nachdenklich. »Sie sehen aber wirklich
nicht wie einer von der Sitte aus.«
Sie sah ihrerseits nicht wie
ein Hausmädchen aus — nicht mit der Frisur im Afro-Look und dem äußerst
intelligenten Gesicht; und auch nicht mit einer solchen Figur, geschmeidig wie
ein Panther kurz vor dem Sprung.
»Bewahren Sie die
Hausmädchentracht für unerwartete Besucher auf?« erkundigte ich mich.
»Ich weiß nicht, wovon Sie
reden, Mann.«
»Vom Strohsack«, erklärte ich
in vielsagendem Ton. »Es braucht ja nicht ganz wörtlich genommen zu werden.
Habe ich recht?«
Sie lachte leise.
»Normalerweise arbeiten wir nur nach Vereinbarung. Aber manchmal haben wir
nichts dagegen, wenn ein Kerl so kommt, vorausgesetzt, er ist uns empfohlen
worden. Aber das bedarf dann erst einer kleinen Nachprüfung, und während er vom
Hausmädchen ein bißchen aufgehalten wird, haben wir Zeit, uns nach seinen
Referenzen zu erkundigen. Kapiert?«
»Kapiert«, sagte ich.
»Manchmal zieht Jenny nur so
zum Spaß die Hausmädchentracht an und öffnet die Tür. Das bringt
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