Al Wheeler und das Phantom
anrufen und eine Nachricht hinterlassen?«
»Ich werde es ihr ausrichten,
Lieutenant, verlassen Sie sich darauf«, versicherte er.
Er begleitete mich auf den Flur
hinaus und legte dann schüchtern eine Hand auf meinen Arm.
»Lieutenant?«
»Was ist?« fragte ich
ungeduldig.
»Es fällt mir sehr schwer,
damit herauszurücken.« Er klappte erneut mit den langen Wimpern. »Denn, wie
gesagt, Sie sind der erste Polizeioffizier, den ich kennengelernt habe. Aber
kann ich vielleicht was für Sie tun, bevor Sie gehen? Was ganz Spezielles,
meine ich? Ich weiß, alle Polizeibeamte sind angeblich — nun ja, »normal«, aber
es muß doch auch Ausnahmen geben. Ich bin schrecklich vielseitig, wenn ich so
sagen darf.«
»Vielen Dank. — aber danke,
nein.« Ich sah ihn ein paar Sekunden lang aufmerksam an. »Wieso denn plötzlich
das freundliche Angebot, Berger?«
»Ich dachte, das wäre das
mindeste, was ich tun könnte.« Er schürzte anmutig die Lippen. »Danny hat mir
alles erzählt, verstehen Sie? Ich meine, daß Joe Simon die Hunde auf Sie hetzt
und daß Sie noch nicht einmal den kommenden Morgen erleben werden!«
6
Während ich zum Wagen
zurückkehrte, spürte ich ein unangenehmes Kribbeln im Nacken. Wie viele Hunde
hatte Joe Simon nun wirklich auf mich angesetzt? Mit Sicherheit hatte ihm der
Barkeeper erzählt, daß die beiden ersten versagt hatten. Es lag also nahe, daß
er seine Bemühungen gründlich verstärken würde, um mich aufzustöbern und um die
Ecke bringen zu lassen. Ich hatte die schriftliche Aussage des einen Killers in
meiner Jackentasche, und sie reichte aus, um Simon zu erledigen. Aber das
bedeutete nicht unbedingt, daß deshalb seine Meute zurückgepfiffen wurde.
Außerdem hatte ich das Gefühl, daß ich Drurys Mörder sehr schnell finden mußte,
wenn ich ihn überhaupt noch finden wollte.
Es war kurz nach zehn Uhr, als
ich wieder in das Gebäude mit den eleganten Junggesellenapartments
zurückkehrte. Es war dort still wie in einer Leichenhalle und flüchtig fragte
ich mich, ob heutzutage die ausgelassene Jugend vielleicht besonders früh zu
Bett ginge. Oder zumindest Sandra Bryant? Ich klingelte, aber niemand
reagierte. Ich gab es schließlich auf und ging in den zweiten Stock hinab.
Vicky Raymond öffnete die Tür
gleich nach dem ersten Klingelzeichen, und das war ein deutlicher Fortschritt.
Ihre dunklen Augen reagierten durchaus, als sie mich sah. Sie nahm die
Sicherheitskette ab und öffnete weit die Tür.
»Gerade habe ich an Sie
gedacht«, sagte sie. »Wer einen Bullen als Beschützer hat, braucht keinen Danny
Lamont.«
Ich folgte ihr ins Apartment
Sie trug ein langes, eng anliegendes Kleid aus weißem Jersey — aber aus sehr
dünnem Jersey. Es sah aus, als ob sie es sich aus einer Spraydose angesprüht
hätte, und hatte an der einen Seite einen Schütz bis zur Taille. Ihre
Brustwarzen zeichneten sich exakt ab, und ebenso deutlich war das dunkle V
zwischen ihren Beinen zu erkennen. Sie stellte das lebendig gewordene erotische
Fantasiebild eines Schuljungen dar.
»Das trage ich in heißen
Nächten wie heute gern, wenn ich zu Hause bin«, erklärte sie. »Gefällt es
Ihnen?«
»Es ist großartig«, sagte ich.
»Ich hätte auch gern was zu trinken.«
Sie streckte die Hand aus und
berührte mich fachkundig. »Was ist los?« Sie verzog schmollend den Mund. »Sind
Sie impotent oder bloß müde?«
»Müde«, sagte ich und sank in
den nächsten Sessel. »Außerdem hungrig und durstig. Wo kann ich ein
freundliches Gesicht finden? habe ich mich gefragt und fand darauf sofort eine
Antwort. Bei Vicky Raymond.«
»Ein freundliches Gesicht?«
»Wenn ich müde bin, denke ich
nur an Gesichter«, murmelte ich. »Kriege ich jetzt was zu trinken?«
Sie öffnete das Barschränkchen
und begann, mit einer Flasche und Gläsern zu hantieren. »Haben Sie inzwischen
rausgefunden, wer Drury umgebracht hat?«
»Noch nicht«, sagte ich. »Sie
arbeiten heute abend wohl nicht?«
»Offensichtlich nicht«,
erwiderte sie. »Wir arbeiten nie da, wo wir wohnen. Vorschrift Nummer eins in
der Danny Lamont Schule.«
»Wie steht’s mit Sandra?«
fragte ich beiläufig. »Arbeitet sie heute nacht?«
»Ihr Interesse an Sandra
gefällt mir gar nicht«, sagte sie. »Ich bin diejenige, hinter der Sie her
jagen, vergessen Sie das nicht.«
»Mein Interesse an Sandra ist
rein geschäftlich«, sagte ich.
»Dagegen kann ich wohl nichts
einwenden.« Sie brachte mir das Glas. »Die Antwort ist — ich weiß
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