Al Wheeler und die Füchsin
überschäumender Wut zu achten, der plötzlich
auf dem verblüfften Gesicht der Rothaarigen auftauchte.
Ich wanderte zurück zu dem
schmutzigen Bürogebäude, stieg in den ersten Stock hinauf und trat in das
Atelier von Radin -Moden Inc. ein, ohne zuvor
anzuklopfen. Clyde Radin wandte den Kopf und sah mich prüfend an. Er saß mit ausgestreckten Beinen in
einem schäbigen Sessel, ein Glas in der Hand; auf dem danebenstehenden Tisch
stand eine halbvolle Flasche Rye .
»Nun?« Er grinste und strich
sich ein Büschel grauen Haars aus der Stirn. »Ich hätte nie gedacht, daß die
Rückkehr des verlorenen Polypen so schnell erfolgen würde .«
»Reine Neugierde«, sagte ich
leichthin. »Ich habe mich gefragt, ob Sie sich vorstellen können, daß Marie
Gallant zu der Sorte eingefleischter Lügnerinnen gehört, wie ich es mir
vorstelle .«
»Dieser komplizierte Satzbau
erleichtert mir die Sache keineswegs, Lieutenant .« Seine Quecksilberaugen schienen nach allen Richtungen zugleich zu blicken.
Irgendwie erinnerte er an einen Computer, der sich plötzlich mit der Frage:
>Was ist Gott ?< , oder so etwas Ähnlichem,
konfrontiert sieht.
»Es hat keine Eile mit der
Antwort«, sagte ich. »Ich kann warten .«
Er trank sein Glas leer, beugte
sich dann vor und stellte es vorsichtig auf den Tisch neben die Flasche.
»>Eingefleischt< ist ein
unfreundliches Wort«, räumte er ein. »Sie ist ein Frauenzimmer, und das
bedeutet natürlich, daß sie wie die anderen alle ist: hinterhältig, manchmal
sentimental und die meiste Zeit über ein berechnendes Luder. Wenn ihr eine Lüge
geraten scheint, dann lügt sie natürlich. Aber ich würde das nicht als
>eingefleischt< bezeichnen, Lieutenant .«
»Ihr Gedächtnis hat ganz
plötzlich bei der Erinnerung an die Männer in Virginia Merediths Leben
versagt«, sagte ich. »Nun kann sie sich nur noch an zwei Namen erinnern — an
den Walters’ und an den Ihren. Wenn sie also keine eingefleischte Lügnerin ist —
und ich will Sie beim Wort nehmen — , dann handelt es
sich wahrscheinlich darum, daß ihr die Lüge geraten scheint?«
»Vielleicht.« Er spreizte weit
die Hände. »Ich weiß es nicht, Lieutenant .«
»Aber Sie kennen natürlich die
Namen anderer Männer in Virginias Leben, abgesehen von Ihnen und Walters ?« bohrte ich weiter. »Oder haben Sie vielleicht ebensolche
Angst wie die Gallant und leiden an plötzlichem Gedächtnisschwund ?«
»Marie Angst?« Er blinzelte
bedächtig. »Wovor, Lieutenant?«
»Wie wär’s, wenn Sie mir das sagten ?«
»Ich weiß es wirklich nicht«,
sagte er eine Spur zu rasch.
»Wie steht es dann mit Ihrer
Erinnerung an die Namen der anderen Mitglieder der Walters- Radin -Virginia-Meredith-Verehrungsgesellschaft ?«
»Hören Sie, Lieutenant !« Er starrte mich auf suggestive Weise an. »Sie wissen
doch, wie es ist, wenn Sie mit einem Frauenzimmer ins Bett gehen, nicht? Es
gehört zum guten Ton, daß man nicht neugierig ist, was die anderen Burschen
anbetrifft, die bereits dieselben Erfahrungen gemacht haben .«
»Sie wußten von Walters, mein
Freund«, sagte ich mit energischer Stimme. »Meiner Ansicht nach wissen Sie noch
mehr. Und ich fange an, hier und dort ein wenig ungeduldig zu werden, und hier
mehr als sonstwo . Ich möchte Namen hören .«
»Werden Sie nicht grob,
Lieutenant !« In seiner Stimme lag ein besorgter
Unterton. Er benahm sich wie ein Kampfhahn, der schon seit langem seine Sporen
eingebüßt hat. »Ich weiß nicht das geringste .«
»Sie sind — um Ihre eigene
reizende Bezeichnung anzuwenden — mit dem Frauenzimmer ins Bett gegangen ?« sagte ich barsch. »Und zwar von Samstag
nacht bis Sonntag früh um fünf Uhr. Dienstag früh wurde sie brutal
ermordet, und Sie haben für diese Zeit kein Alibi. Wollen Sie darüber nicht
einmal ein bißchen nachdenken und sich die Sache vielleicht daraufhin anders
überlegen, Mr. Radin ?«
Er stand aus dem schäbigen
Sessel auf, goß sich etwas aus der Flasche in sein Glas, wobei seine Hand ein
wenig zitterte. »Ich werde es mir überlegen«, murmelte er.
»Ich habe eine Menge Zeit, wie
ich schon sagte«, erklärte ich ihm.
Er trank sein Glas etwa zur
Hälfte leer und sah mich plötzlich mit einem schlauen Ausdruck in den Augen an,
der leicht als der eines an Kuhhandel gewöhnten Schlitzohrs zu erkennen war.
»Wenn ich Ihnen irgendwelche
Informationen geben würde, Lieutenant«, er versuchte, seine Stimme so beiläufig
wie möglich klingen zu lassen, »so würden Sie sie
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