Al Wheeler und die Füchsin
Augenblick neuen
Brennstoffs. Es ermangelt mir derzeit des göttlichen Funkens — die Dinge stehen
auf der ganzen Linie schlecht. Ich zog mich in deprimierter Verfassung zurück
und suchte die Einsamkeit, um mein blutendes Herz und mein ramponiertes
Nervensystem zu trösten .«
»Sie haben also überhaupt kein
Alibi ?«
»Ich glaube, so könnte man es
ausdrücken .«
»Wann haben Sie Virginia
Meredith zum letztenmal gesehen ?«
»Hm, heute ist Dienstag .« Er überlegte flüchtig. » Samstag nacht muß es gewesen sein und Sonntag morgen ebenfalls. Ich schlich mich gegen fünf Uhr
am Sonntag morgen aus ihrem Zimmer und stolperte
glücklich wieder hier zu meinem Polster zurück .« Er
grinste unangenehm. »Es war alles ein riesengroßes Geheimnis zwischen uns
beiden, und dabei mußte es auch bleiben .«
»Warum ?« fragte ich. »Weil sie Angst hatte, ihr Stiefvater könnte dahinterkommen ?«
»Soll das ein Witz sein ?« Radin lachte schallend, und es
klang, als amüsierte er sich wirklich. »Virginia war es völlig egal, was der
Alte von ihr dachte, oder als was er sie auch bezeichnete! Sie war darauf aus,
sich durch diesen Knilch Walters ein angenehmes Leben zu bereiten, und sie
wußte, daß die Dame Donworth , falls sie in eins
unserer Freudenfeste hereingeplatzt wäre, Walters alles erzählt hätte, und zwar
mit Wonne. Und das hätte das Ende der Verlobung bedeutet .«
»Weißt du was, Clyde ?« sagte Marie Gallant in
eisigem Ton. »Ich habe dich schon von jeher gelegentlich als widerwärtig
empfunden, aber erst jetzt — in diesem Augenblick — ist mir klargeworden, wie
tief in Dreck und Schlamm du steckst !«
»Wie ich schon sagte«, er
zuckte kunstvoll die Schultern, »du hast es mit der konventionellen Denkweise,
nun, nachdem sie tot ist, Süße. Ich erzähle dem Lieutenant lediglich die
einfache, klare Wahrheit .«
»Und bei deiner Art und Weise,
sie zu erzählen, läuft es mir eiskalt über den Rücken«, fuhr sie ihn an. »Wenn
Sie sich noch mit mir unterhalten wollen, Lieutenant, dann würde ich das in
einer sauberen Atmosphäre vorziehen als dieser hier. Einer der städtischen
Abwasserkanäle wäre großartig !«
3
Einen Häuserblock von dem
schmierigen Bürogebäude entfernt gab es eine Bar und in ihrem dämmrigen Inneren
eine ruhige Nische. Die Rothaarige entschloß sich zu einem Wodka Martini und
ich mich zu einem Scotch auf Eis mit ein wenig Soda. Dann schüttete ich noch
etwas Soda zu als eine Art Zugeständnis an das Handbuch für Polizeibeamte, in
dem irgend etwas darüber
steht, daß man während des Dienstes nicht trinken soll. Andererseits, wer
konnte das Trinken in einer diskreten Bar zusammen mit einem prachtvollen
Rotschopf schon als Dienst bezeichnen? Zum Kuckuck, es war ein reines
Vergnügen!
Sie trank rasch einen Schluck
praktisch unverdünnten Wodkas und schüttelte bedächtig den Kopf. »Dieser Clyde !« sagte sie. »Wenn ich auch
nur einen Augenblick lang glauben würde, daß alle Männer so gemein sind, dann
wollte ich beinahe, ich wäre wieder Jungfrau .«
»Oh, wirklich?« Ich lächelte
vage in mein Glas und trank dann schnell einen Schluck meines gewissenhaft
verdünnten Scotchs.
»Das hat für Sie natürlich
nicht die geringste Bedeutung .« Sie starrte mich
verächtlich an. »Sie gehören ja auch dazu .«
Ich versprühte einen feinen
Strahl Whisky. »Zu den Jungfrauen?«
»Zu den Männern!«
»Stimmt«, sagte ich im Ton der
Überzeugung. »Das Büro des Sheriffs besteht darauf .«
»Ich meine, die arme Virginia
ist tot — ermordet — , und ihr Körper ist noch nicht
einmal kalt, und er wagt es, so von ihr zu sprechen!« Sie schüttelte erneut den
Kopf. »Was für ein gräßliches Scheusal ist er
eigentlich ?«
»Eben der Typus Clyde Radin , vermutlich«, sagte
ich hilfsbereit.
»Ja.« Sie trank ihren Wodka aus
und warf das leere Glas dem in der Nähe herumstehenden Kellner zu. »Es macht
mich verrückt !« vertraute sie mir mit
leidenschaftlichem Flüstern an.
»Vielleicht erzählen Sie mir
dann von Virginia Meredith ?« sagte ich schnell. Bei
ihrem derzeitigen Alkoholverschleiß fürchtete ich, daß sie mit Sicherheit in
der nächsten Viertelstunde unter dem Tisch liegen würde.
»Virginia war eine süße Person
und meine beste Freundin«, sagte sie mit nüchterner Stimme. »Sie hatte ein
hartes Leben, und es war nicht ihre Schuld, daß sie mannstoll war und ihre
gesamte Zeit damit zubrachte, mit allem, was Hosen trug und zufällig vorbeikam,
ins Bett
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