Al Wheeler und die geborene Verliererin
sie?«
Es kostete mich eine gewaltige
Anstrengung, nicht die Hände um ihren Hals zu legen und zuzudrücken. »Haben Sie
die Leute nur dieses eine Mal gesehen?« fragte ich Jamison.
»Natürlich.« Er nickte.
»Es war ein übler Trip, das
habe ich Ihnen doch erzählt«, sagte Diana. »Dieses chinesische Zeug.«
»Ich erinnere mich«, sagte ich.
»Ihr Bruder hat übrigens nach Ihnen gefragt.«
Ihre dunkelbraunen Augen
weiteten sich. »Wer?«
»Ihr Bruder«, sagte ich. »Oder
erinnern Sie sich vielleicht nicht an ihn?«
»Dane?« Ihr Mund preßte sich
plötzlich so zusammen, daß die füllige Unterlippe ganz flachgedrückt wurde.
»Wo, zum Teufel, haben Sie denn Dane getroffen?«
»Er wohnt im Augenblick bei
einer alten Freundin, Mrs. Siddell, in deren Haus.«
»Haben Sie ihm erzählt, daß ich
hier bin?«
»Warum nicht?« Ich zuckte mit
den Schultern. »Er möchte Sie in ein paar Tagen aufsuchen.«
»Was hat er hier in Pine City
zu suchen?«
»Er versucht Mrs. Siddells
Leben zu erhalten«, erwiderte ich. »Es war ihre Tochter, die ermordet worden
ist.«
»Ich möchte Dane nicht sehen.«
Sie stand auf und starrte Jamison wütend an. »Hast du kapiert, Earl? Ich möchte
ihn nicht sehen. Wenn er mich besuchen will, schick ihn weg.«
»Okay«, sagte er. »Beruhige
dich schon.«
»Es ist mir ernst, Earl. Ich
will ihn nicht sehen!« Ihre Augen begannen vor Wut zu funkeln. »Ich will ihn
nie wieder sehen!«
»Schon gut«, sagte Jamison
erschöpft. »Ich hab’s gehört und kapiert, also halte deine große Klappe.«
Dieser Kommentar war genau der
falsche zum falschen Zeitpunkt. Sie gab diesen erstickten, tief aus der Kehle
dringenden Laut von sich und rammte dann plötzlich ihr rechtes Knie geradewegs
zwischen seine Beine. Er gab einen heiseren Schrei von sich, und sein
Oberkörper kippte nach vorn. Gleich darauf fuhren ihre Fingernägel an der Seite
seines Gesichts hinab und hinterließen lange rote Spuren. Ich fand, daß etwas
geschehen müßte, aber Jamison schien im Augenblick nicht in der Verfassung zu
sein, etwas zu unternehmen. Also umfaßte ich von hinten ihre Taille mit beiden
Händen, hob sie hoch in die Luft und warf sie so weit weg wie nur möglich. Sie
hatte gerade noch Zeit, einen entsetzten Schrei auszustoßen, bevor sie auf dem
Wasser aufschlug und unter der Oberfläche verschwand.
»Kann sie schwimmen?« fragte
ich Jamison.
»Wen kümmert das schon?«
stöhnte er.
Das schien mir eine gute
Antwort zu sein. Ich kehrte ins Haus zurück und stieß auf Zana Whitney, die
eben aus dem Wohnzimmer trat. Sie lächelte mir vage zu und ging dann in ein
paar Schritten Abstand vor mir her. Ich fand, es sei eigentlich sehr nett von
ihr, für mich den Butler zu spielen — bis die Türglocke klingelte,
wahrscheinlich schon zum zweitenmal.
»Was ist denn los, zum Teufel,
brennt’s vielleicht irgendwo?« fauchte sie und öffnete gleich darauf die
Haustür.
Stuart Whitney trat im Eiltempo
ein und knallte die Tür hinter sich zu. Unter seiner Sonnenbräune war er
graublaß. Er lehnte sich gegen die Wand, zog ein Taschentuch heraus und wischte
sich sorgfältig das Gesicht ab.
»Mein geliebtes Väterchen.« Die
Blonde beobachtete ihn mit lässiger Neugierde. »Was ist passiert? Bist du
vielleicht krank?«
»Besorg mir was zu trinken«,
sagte er heiser. »Brandy — pur.«
»Ich wußte gar nicht, daß du
ein Säufer bist.« Sie schlenderte davon, ihre Hüften schwenkten freizügig unter
dem dünnen Baumwollrock hin und her. »Wollen Sie vielleicht beim Suff
mithalten, Lieutenant?«
»Nein, danke«, sagte ich.
Whitney drehte langsam den Kopf
und sah mich an, so als wäre er sich meiner Anwesenheit eben erst bewußt
geworden. »Was tun Sie hier, Lieutenant?«
»Ein Anstandsbesuch«,
antwortete ich. »Ich wollte gerade gehen.«
»Haben Sie Ihren Mörder schon
gefunden?«
»Noch nicht.«
Zana kehrte so schnell mit dem
Drink zurück, daß ich vermutete, ihre Neugierde wäre größer als sie zugab.
Whitney riß ihr fast das Glas aus der Hand und trank es gierig zur Hälfte leer.
»Sie Drecksack«, sagte er. »Sie
haben mich denunziert.«
»Denunziert, Mr. Whitney?«
erwiderte ich unschuldig.
»Sie wissen verdammt gut, wovon
ich rede — von Bryant und Magnusun.« Er starrte mich mit mörderischem Blick an.
»Sie haben ihnen gegenüber behauptet, ich sei es, der das Mädchen ermordet
hat!«
»Seine eigene Tochter?« Zanas
Gesicht war von ausgesprochener Sanftmut. »Wie können Sie so was auch
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