Al Wheeler und die Teufelsbrut
Bezeichnung H.U.R.E.
bedacht haben?«
Ich gab es sehr ungern zu,
selbst vor mir selbst, aber wahrscheinlich hatte sie damit verteufelt recht.
Sie schob den Ärmel meines Jacketts zurück und mir blieb nichts weiter übrig,
als zuzusehen, wie die — hoffentlich — aseptische Nadel sich meinem Arm
näherte. Sie bohrte sich mit, wie mir schien, unnötiger Wucht in eine Vene,
dann schob sich der Kolben nach vorn.
»Erledigt!« Lisa Frazer trat
zurück und grinste auf mich herab. »Süße Träume, Lieutenant! Die Injektion
sollte eigentlich gut bis morgen in den Vormittag hinein ihre Wirkung tun. Wenn
Sie Glück haben, wird vielleicht jemand aus dem Sheriffbüro nach Ihnen suchen
und Sie finden, bevor Sie verhungert sind.«
Sie verließ das Zimmer und
schloß die Tür hinter sich. Alles war völlig dunkel, bis aus den haarfeinen
Lichtstreif unter der Tür. Ich sah eine Weile hin, bis seine Farbe sich in
sanftes Rosa verwandelte und dann wie der Geist eines Verstorbenen ins Zimmer
zu quellen begann. Er begann sich mit kleinen wirbelnden Bewegungen zu vergrößern,
bis er sich ungefähr anderthalb Meter über den Boden erhob; und während die
wirbelnden Kreise sich verlangsamten, begann er Form anzunehmen. Aus
irgendeinem Grund war ich nicht einmal überrascht, als sich aus ihm schließlich
die Gestalt des toten Mädchens, Alice Medina, entwickelte. Nach wie vor hatte
sie das häßliche, von Pulver geschwärzte Loch in der linken Schläfe.
»Entschuldigung«, sagte sie mit
unsicherer Stimme. »Ich habe einen Augenblick lang gedacht, Sie seien Chuck.
Aber Sie sind nicht Chuck. Oder?«
»Nein, auch nicht neuerdings«,
sagte ich ernst.
»Na ja«, sie zuckte so heftig
die Schultern, daß kleine Lichtfunken zum Boden hinabstoben und einen
dunkelvioletten Schein verbreiteten, »dann muß ich mich wohl woanders
materialisieren.«
Ich sah zu, wie sie wieder
unter der Tür verschwand, aber sie hatte ein paar der kleinen Funken
hinterlassen. Jedesmal, wenn ich die Augen schloß, explodierten sie in meinem
Kopf. Ich hatte den Eindruck, daß sie gar nicht aus Licht bestanden. Wenn man
genau überlegte, bestanden sie aus Demerol , genau wie
das Phantom Alice Medina — und überhaupt die gesamte Welt um mich herum. Es war
eine tiefgründige Erkenntnis. So tiefgründig, daß ich beschloß, daraufhin zu
schlafen.
12
Als ich die Augen öffnete,
herrschte ringsum helles Tageslicht. Meine Arme und Beine waren steif und
verkrampft und fühlten sich an, als brächen sie sofort ab, sobald sie jemand
berührte. Mit ungeheurer Anstrengung wälzte ich mich herum, was zur Folge
hatte, daß ich mit ins Kissen vergrabenem Gesicht auf dem Bauch lag. Vielleicht
war ein schneller Tod durch Ersticken dem langsamen durch Verhungern
vorzuziehen. Nach einem weiteren krampfhaften Versuch gelang es mir, mich
schlicht vom Bett hinunterzuwälzen. Die Wucht meines Aufpralls trug nichts dazu
bei, meinen überlebensgroßen Demerol -Katzenjammer zu
mildern.
Unbeweglich und mit blauen
Flecken versehen, blieb ich ein paar Minuten lang liegen, dann fiel mir ein,
daß Lisa Frazer als einziges verabsäumt hatte, mir einen Knebel in meinen
großen Mund zu stopfen. Die Wahrscheinlichkeit, daß sich jemand auch nur in
einem Umkreis von einem Kilometer der abgelegenen Strandhütte aufhielt, war
gering, aber ich hatte schließlich nichts zu verlieren als allenfalls meine
Stimme. Also kreischte ich aus Leibeskräften »Hilfe!« und wiederholte das im
Abstand einer halben Minute immer wieder, bis meine Kehle völlig ausgetrocknet
war. Es schien mir eine miserable Art und Weise, den Vormittag zu verbringen,
aber ich hatte keine Alternative. Es gelang mir, wieder etwas Speichel im Mund
zu sammeln, und begann von neuem. Nach dem dritten verzweifelten Schrei hörte
ich, wie die Schlafzimmertür geöffnet wurde. Ich war so vom Bett gestürzt, daß
ich den Rücken der Tür zuwandte; und einen Augenblick lang hatte ich die wilde
Vision einer Lisa Frazer, die, einen Dolch in der Hand auf mich zuschritt.
»Entschuldigung.« Die weibliche
Stimme klang sehr nervös. »Haben Sie irgendwelche Schwierigkeiten?«
»Nein«, sagte ich mit tiefem
Empfinden. »Ich bin bloß ein ganz durchschnittlicher Masochist, der seinem
üblichen morgendlichen Training nachgeht.«
»Oh!« Aus irgendeinem Grund
schien die Stimme noch nervöser zu klingen. »Na, ich wollte sie nicht stören.«
»Halt!« brüllte ich. »Klar,
stecke ich in der Tinte!«
Zwei lange hübschgeformte
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