Al Wheeler und die Teufelsbrut

mich um und wandte mich wieder der
Polizeiabsperrung zu. Auf der anderen Straßenseite schien die Menge dichter zu
sein, und ich wünschte Stevens innerlich Glück, denn das würde er mit
Sicherheit brauchen. Aber ich vermutlich nicht weniger. Die Minuten schlichen
dahin; und ich spürte, wie mir mein feuchtes Hemd am Rücken klebte. Dann kam
der Streifenwagen in Sicht, und ich merkte, wie die Menge unruhig wurde und
sich zu bewegen begann. Ich bahnte mir meinen Weg durch sie hindurch, bis ich
mit dem Rücken zum Drahtzaun stand, dann versuchte ich, die Menge und die
Marschierenden gleichzeitig im Auge zu behalten.
    Hernandez machte eine vage
heroische Figur. Wie er da zwei Meter vor seinen Leuten marschierte — es waren
auch ein paar Frauen darunter — bemerkte ich plötzlich einen festen,
energischen Ausdruck auf dem Gesicht. Der Streifenwagen hielt an der
Polizeiabsperrung, und Lavers quetschte seine massige Gestalt aus dem Rücksitz
heraus. Gleich darauf blieb Hernandez stehen, wandte sich seinen Gefolgsleuten
zu und hob beide Hände hoch. Die Marschierenden blieben gehorsam stehen, und
plötzliche Stille entstand.
    »Umbringen sollte man den
Dreckskerl«, sagte ein Mann neben mir mit gedämpfter Stimme.
    »Männer und Frauen!« sagte
Hernandez mit klingender Stimme, und weiter kam er nicht.
    Es gab ein kleines Gedränge in
der Menge auf der anderen Straßenseite, dann lösten sich zwei Gestalten aus ihr
und rannten auf die Mitte der Straße zwischen Hernandez und seine Gefolgschaft.
Die beiden Mädchen — beide dunkelhaarige — blieben unmittelbar vor Hernandez
stehen, die Hände auf die Hüften gestützt. Es war nicht schwer, Rona Henry und
Marian Norton zu erkennen. Beide trugen die spärlichsten Bikinis, die denkbar
waren und die ihre Figuren aufs äußerste zur Geltung brachten: schwarz, mit
handgemalten Orangen auf jeder Brust und auf jeder Hinterbacke. Die Mädchen
begannen in einer Parodie eines hawaiischen Tanzes die Hüften zu schwingen.
    »He, Hernandez!« rief Rona mit
klarer Stimme, die von der ganzen Menge gehört werden konnte. »Warum wollen Sie
die Früchte nicht pflücken?«
    »Ganz recht, Hernandez«, sagte
Marian, »wenn Sie die Früchte hier nicht pflücken, lassen wir auch unsere nicht
pflücken.«
    Donnernder Applaus kam von der
Menge, aber ich achtete nicht darauf. Ich riß den Achtunddreißiger aus dem
Gürtelhalfter und blickte mich verzweifelt um. Was jeder Attentäter braucht,
ist eine Ablenkung, sagt mir meine innere Stimme pedantisch, und die hatte er
nun! Dann, mit einem Seitenblick, sah ich flüchtig einen weißen Overall
auftauchen. Ich stürmte in seine Richtung, und der Bursche, der neben mir
gestanden hatte, fluchte erbittert, als ich ihn beinahe umwarf. Die Menge
brüllte vor Lachen, klatschte in die Hände und trampelte mit den Füßen, während
die beiden Mädchen nach wie vor vor dem hilflosen
Hernandez posierten. Erneut sah ich den weißen Overall, diesmal mehr in meiner
Nähe, und drängte mich durch die dichtgedrängte Menge auf ihn zu. Eine
Mickymaus protestierte zornig mit Erwachsenenstimme, als ich sie zur Seite
stieß, und ein stämmiger Donald Duck verpaßte mir einen bösartigen
Ellbogenstoß, als ich mich an ihm vorbeidrängte.
    Protestgeheul erhob sich, als
zwei Polizeibeamte auf die beiden Mädchen zugingen. Und ich sah, wie der weiße
Overall direkt hinter zwei Männern in der vordersten Reihe stehenblieb. Dann
fiel ein Sonnenstrahl auf aufblitzenden Stahl. Eine Frau, nicht größer als ein
Meter fünfundfünfzig, die aber selbst auf der akkuratesten Waage ihre
hundertsiebzig Pfund zu bieten hatte, stand direkt vor mir.
    »Lassen Sie mich durch!« schrie
ich ihr ins Ohr.
    »Halten Sie die Klappe!« sagte
sie, ohne auch nur den Kopf zu wenden.
    Für eine Diskussion war keine
Zeit mehr. Ich legte beide Hände auf ihre Schultern und machte einen Bocksprung
über ihren Kopf hinweg, und im nächsten Augenblick prallten meine Knie gegen
die vom Overall bedeckten weißen Schultern. Wer immer darunter steckte,
kreischte wild; und dann karambolierten wir beide mit den beiden Männern in der
vordersten Reihe, die ebenfalls der Länge nach hinstürzten. Eine
weißbehandschuhte Hand griff verzweifelt nach der Pistole, die auf den Boden
gefallen war, aber ich kam ihr zuvor.
    Von irgendwoher auf der anderen
Straßenseite knallten zwei Schüsse schnell hintereinander, und dann brach die
Hölle los. Frauen begannen zu schreien, und die Menge begann