Alanna - Das Lied der Loewin
los.«
Myles und Roger spielten Schach, als ein Wachposten hereingeplatzt kam und schnell etwas in Rogers Ohr flüsterte. Myles sah mit Interesse, wie Jons Vetter plötzlich ganz blass wurde.
»Was? «, fauchte der Herzog.
Der Wachposten verbeugte sich. »Es stimmt, Euer Gnaden. Vermutlich sind es über dreißig. Sie haben die Hütten in Brand gesetzt, die der Feind auf der Nordseite des Tusainer Lagers gebaut hat. Ich habe es mit eigenen Augen von der Mauer aus gesehen.«
Roger sprang auf und wandte sich mit vor Wut funkelnden Augen zu Myles. »Wisst Ihr, was mein teurer Vetter getan hat? Er versucht seinen verdammten Knappen zu retten!«
Myles nahm einen Schluck von seinem Wein. »Wirklich?«, entgegnete der Ritter freundlich. »Der König wird nicht begeistert sein.«
»Wie kommt es, dass Ihr nichts davon erfahren habt?«, erkundigte sich Roger aufgebracht. »Ihr wart den ganzen Nachmittag dort – Ihr müsst sie doch beim Pläneschmieden beobachtet haben?«
»Sie verraten ihre Pläne doch keinem, der sie verhindern könnte«, sagte Myles. »Natürlich wusste ich, dass sie außer sich sind. Es ist ganz normal, dass die Männer wütend werden, wenn man ihnen drei Kameraden direkt unter der Nase wegschnappt. Es gehen sogar Gerüchte um, Jem Tanner sei nicht der einzige Verräter unter uns gewesen.«
»Soll ich eine Truppe aufstellen, die ihnen zu Hilfe kommt, Euer Gnaden?«, wollte der Wachposten wissen. »Sie sind ja zahlenmäßig weit unterlegen...«
»Sei kein Idiot!«, fuhr ihn Roger an. »Der König wird unsere
Köpfe fordern, wenn wir diese dämliche Aktion meines Vetters noch unterstützen.«
»Ich bezweifle, dass Seine Majestät den Prinzen zum Tode verurteilt, weil er einen Freund rettet«, bemerkte Myles. »Ich bezweifle auch, dass er so ungerecht sein wird, die Begleiter des Prinzen zu bestrafen.« Und damit widmete sich Myles seinem Weinbecher.
Roger machte einen tiefen Atemzug. Jetzt fand er endlich wieder zu seiner sonst so eisernen Selbstkontrolle. »Was meinem Vetter erlaubt sein mag, ist anderen nicht erlaubt.« Er wandte sich an den Wachposten. »Stell am Flussufer Bogenschützen auf. Sie können Prinz Jonathans Rückzug decken.« Er schritt zu seinem Schreibtisch und griff nach seinem Seherkristall. »Bitte entschuldigt mich, Sir Myles. Ich muss meinem Onkel Bescheid geben.«
Alanna kam in einer kleinen Holzhütte zu sich. Da lagen noch zwei andere Männer aus Jonathans Lager, Micah und Keel, aber sie waren noch besinnungslos. Als sie zu dem winzigen, mit einem Eisengitter versehenen Fenster hinaufschaute, sah sie, dass Mittag längst vorüber war. Sie holte einen Schöpfer Wasser aus dem Eimer und spritzte es den Männern ins Gesicht. Es fiel ihr schwer, denn ihr Arm war immer noch steif, und zudem trug sie genauso wie die beiden anderen schwere Ketten. Als sie die kleine Reserve an Zauberkraft, die sie im Laufe der letzten beiden Wochen angesammelt hatte, in Anspruch nehmen wollte, um das Pochen in ihrem Kopf und ihrem Arm zum Verschwinden zu bringen, überkam sie eine Schwäche und sie schnappte nach Luft. In den Ketten lag eine Zauberkraft, die ihre Gabe und ihren Körper gleichermaßen lähmte.
Micah und Keel kamen langsam zu sich. Sie waren noch immer von dem Zauber betäubt, der sie hatte einschlafen lassen.
»Hexerei – puh!«, knurrte Micah und spuckte auf die Erde. »Kein anständiger Krieger nimmt Hexerei zu Hilfe!«
»Ein anständiger Krieger nimmt auch keine Verräter zu Hilfe«, erklärte Micah seinem Kameraden. »Und Herzog Hilam hat beides getan. Der macht vor nichts halt.«
Sie wurden durch schwere Fußtritte und das Klappern eines Schlüsselrings unterbrochen. Die Tür ging auf und gab den Blick auf einen von zwei Soldaten flankierten Tusainer Hauptmann frei. Der deutete auf Micah und Keel.
»Ihr beiden werdet gut bezahlt und freigelassen, sofern ihr uns Informationen gebt.«
Micah deutete mit dem Kopf auf Alanna. »Was ist mit dem Jungen? Er ist ein Edler – er hat ein Recht darauf, ausgelöst zu werden.«
Der Hauptmann schüttelte den Kopf. »Der nicht. Seine Gnaden will persönlich mit ihm reden.« Er machte ein finsteres Gesicht. »Was für eine schmutzige Art und Weise, einen Krieg auszufechten«, murmelte er.
Alanna und ihre beiden Freunde wechselten verwirrte Blicke. Wovon sprach der Mann?
»Man will euch das Leben schenken, wenn ihr uns sagt, was wir wissen wollen«, fuhr der Tusainer fort.
»Da würde ich eher meine Mutter
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