Alanna - Das Lied der Loewin
zuhörte, wurde ihr höchstens schlecht. »Sicher habt ihr alle beide Manieren wie ein Warzenschwein und Jem sieht sogar wie eines aus.«
Jem wollte sich auf sie stürzen, doch ein Soldat hielt ihn zurück. »Jemis ist äußerst unbesonnen«, erklärte Hilam. »Ich nicht. Um meinen Panzer zu durchbohren, ist einiges mehr nötig als diese kleinen Spitzen...«
»Vielleicht gelingt es aber meinem Schwert?«, erkundigte sich Jonathan mit gelassener Stimme von der Tür her. »Dank dir, Trusty. Du scheinst uns an den richtigen Ort geführt zu haben.«
Micah, Keel, Gary, Sacherell, Raoul und Douglass standen hinter dem Prinzen. Trusty rannte zwischen ihren Füßen hindurch, baute sich zwischen Alanna und ihrem Peiniger auf und fauchte wütend. Hilam, den der starrende Blick aus den violetten Augen des Katers – der dem Alannas so ähnlich war – aus der Fassung brachte, machte einen Schritt rückwärts in Sacherells Arme.
Jonathan legte die Spitze seines Schwerts neben Hilams
Nase. »Rührt Euch bloß nicht, und versucht nicht, eine magische Formel auszusprechen. Ich werde dafür sorgen, dass sie Euch im Hals stecken bleibt.« Er drehte sich zu den drei Soldaten um, die Garys und Raouls gespannte Bogen nicht aus den Augen ließen. »Die Schlüssel zu den Ketten meines Freundes, bitte. Sofort.«
Der Hauptmann warf sie Alanna zu, die ihn anstrahlte, bevor sie sich an die Arbeit machte. »Jonathan, die Soldaten sind in Ordnung. Aber die beiden hier« – sie deutete auf Hilam und Jemis – »sind König Ains Brüder.«
»Jem Tanner – ein Bruder des Königs?«, stieß Micah hervor.
Langsam verzog sich Jons Gesicht zu einem Grinsen. »Ich glaube, ich weiß, wie es uns gelingen wird, das Lager unbehelligt zu verlassen. Wir nehmen zwei Gäste mit, zwei ausgesprochen wichtige Gäste. Und ich bin sicher, dass uns ein gerechtes Lösegeld einfallen wird. Meint Ihr nicht auch, Herzog Hilam? Ich glaube nicht, dass König Ain finden wird, der Frieden sei ein übermäßig hoher Preis für das Leben seiner Brüder.«
König Roald war nicht begeistert, aber wie Myles und Jonathan vorausgesehen hatten, konnte er ja nicht gut seinem eigenen Sohn den Kopf abschlagen lassen. Stattdessen handelte er den Drell-Frieden aus, in dem Tusain gelobte, für alle Zeiten jeglichen Anspruch auf das Tal aufzugeben. Und König Ain war bereit noch viel mehr zu gewähren: Er wollte seine Brüder wiederhaben, damit sie sein Land für ihn regieren konnten. Bis Ende August war der Friedensvertrag unterzeichnet und Alanna und ihre Freunde konnten heimwärtsziehen.
7
Winterlicher Unterricht
Alanna zog fest den Umhang zu, damit der Wind nicht hineinblasen konnte, und klopfte laut an die mit dem Heilerzeichen versehene Tür. Sie wartete, bis Frau Cooper kam, und sah zu, wie die letzten Herbstblätter durch die Straße tanzten.
»Guten Tag«, sagte Alanna schüchtern und schob die Kapuze aus ihrem Gesicht, damit Georgs Mutter sehen konnte, wer ihre spätabendliche Besucherin war. »Kann ich Euch sprechen?«
Frau Cooper lächelte und winkte Alanna herein. »Es ist lange her, Kleine«, bemerkte sie, während sie die Tür verriegelte. »Komm in die Küche. Dann mach ich uns einen Tee.« Sie ging voraus. »Ich hoffe, deine Wunden sind verheilt? Was macht dein Arm?«
Alanna nahm den Umhang ab und breitete ihn vor dem Küchenfeuer aus, bevor sie ihren linken Arm gehorsam im Kreis bewegte. »Manchmal ist er noch ein bisschen steif, aber abgesehen davon ist er jetzt in Ordnung. Es war keine so schlimme Wunde, wie die anderen glauben.«
Frau Cooper setzte den Teekessel auf. »Mein Sohn ist da anderer Meinung. Aber vielleicht gibt es einen Grund dafür, dass er sich Sorgen macht?«
Das Mädchen errötete. »Georg sorgt sich zu viel um mich. Ich hoffe, dass sich das legt, bevor ich mich auf die Reise mache.«
»Also planst du immer noch, uns zu verlassen, sobald du deinen Schild hast?« Die Frau ging auf leisen Sohlen durch den Raum, holte Tassen und einen Teller mit Gebäck. Alanna biss hungrig in eines der Gebäckstücke; sie hatte nur wie ein Spatz an ihrem Abendessen herumgepickt.
»Natürlich«, sagte sie mit vollem Mund. Sie schluckte schnell hinunter. »Ich habe so ein Gefühl, dass sie mich loshaben wollen, sobald sie erfahren, dass ich ein Mädchen bin.«
»Vielleicht tust du ihnen Unrecht«, sagte Frau Cooper und schenkte Tee ein. »Georg sagte mir, man möge dich und habe Vertrauen zu dir.«
Alanna runzelte die Stirn. »Nicht alle.« Sie
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