Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
Vom Netzwerk:
kenne.
    »Majestät«, sagte sie klar und deutlich, damit alle sie hörten. »Ich habe unehrenhaft gehandelt.« Plötzlich war es still in dem großen Saal. Alanna holte tief Luft und fuhr fort. »Ich bin heute Abend in die Räumlichkeiten eines Mannes eingebrochen. Ich wusste, dass das unehrenhaft ist, aber ich tat es trotzdem. Was ich tat, war nicht recht. Was ich zu finden gedachte  – und was ich fand –, war allerdings noch viel schlimmer.«
    Sie legte den Schleier mit den Püppchen darin vor dem König auf den Tisch. Lianne stieß einen Schreckensschrei aus und wich vor den kleinen Puppen zurück, die sie, ihren Mann, ihren Sohn und ihren Bruder darstellten. Der König und Herzog Gareth waren blass geworden, der Oberste Schlossverwalter, der über die Schultern der neben ihm Sitzenden lugte, wurde rot vor Zorn. Thom streckte einen Augenblick lang neugierig die Hand aus, bis ihm einfiel, dass es kein besonders guter Einfall war, diese Abbilder zu berühren. An den Gesichtern von Jonathan und Myles war nicht abzulesen, was sie dachten – und das war vielleicht gut so.
    Alanna schaute Herzog Roger an. Der Zauberer sah, was sie vor seinen Onkel hingelegt hatte: Er packte die Armlehnen seines Sessels, dass die Knöchel an seinen Händen weiß hervortraten.

    »Soll ich ihnen sagen, wo ich das fand, Euer Gnaden?«, forderte ihn Alanna laut heraus und schaute dem Herzog von Conté in die Augen. »Soll ich ihnen von dem kleinen Springbrunnen in Eurem privaten Arbeitsraum erzählen, wo das Abbild der Königin unter fließendem Wasser lag und nach und nach dahinsiechte? Soll ich ...«
    »Lügner!«, fauchte Roger. »Majestät, Sir Alan ist schon seit langem eifersüchtig, weil ich auf Euch und meinen Vetter Jonathan so viel Einfluss habe. Jetzt versucht er, mich in Euren Augen zu entehren, indem er Euch die Püppchen zeigt, die er selbst hergestellt hat, und indem er mich beschuldigt derartige Zaubersprüche zu sprechen!«
    »Aus welchem Grund sollte ich solche Püppchen machen?« , fragte Alanna, zum König gewandt. »Weshalb sollte ich der Königin Böses antun wollen? Sie ist die Mutter meines Prinzen und Freundes und sie hat mich gut behandelt. Ich habe nichts davon, ihr etwas zuleide zu tun, ebenso wenig, wie ich etwas davon habe, wenn ich den Blick derer verschleiere, die mich davon abhalten könnten, mir einen Thron anzueignen, der mir nicht zusteht!«
    »Lügner!«, schrie Roger, sprang auf und deutete mit einem Finger auf sie. »Willst du leugnen, dass du fähig bist, einen derartigen Zauber zu sprechen? Leugnest du, dass du diesen Zauber beherrschst, wo ich dich doch eigenhändig die Magie der Abbilder lehrte? Du plantest, den König und die Königin zu töten, damit du zum mächtigsten Ritter des Königreichs wirst, sobald Jonathan König ist!«
    »Hochinteressant.« Myles blickte Roger an und seine sanften Augen waren hart geworden. »Führen wir diesen Gedanken mal ein Stück weiter und nehmen an, Prinz Jonathan käme um. Wem käme das zugute? Ich unterstelle, dass es
Euch, Roger, zugutekäme, weil dann nämlich Ihr der nächste König von Tortall werdet.«
    »Das ist eine Verschwörung!«, rief Roger und sah sich um. »Myles versucht, alle gegen mich aufzubringen, während dieser junge Mann unwahre Beschuldigungen gegen mich vorbringt!« Herzog Conté brach ab und wartete darauf, dass der König etwas sagte. In der Banketthalle war nur die Königin zu hören, die, an die Schulter von Herzog Gareth gelehnt, leise schluchzte. Roger suchte mit den Augen nach einem freundlichen Gesicht im Saal und fand keines. Sein Mund wurde schmal. »Ich bestehe auf meinem Recht. Ich verlange einen Richterspruch durch Zweikampf – ich gegen meinen Ankläger.« Er deutete auf Alanna. »Wenn ich lüge, werden die Götter dafür sorgen, dass Sir Alan gewinnt. Doch ich behaupte, dass ich siegen werde, da ich unschuldig bin!«
    Die Stille nahm noch zu, während jeder auf König Roalds Antwort wartete. Der König nahm sein Abbild und drehte es zwischen den Fingern. »Der Kampf sei dir gewährt«, sagte er.
    »Als der Beschuldigte darf ich den Zeitpunkt wählen«, sagte Roger schnell. »Der Zweikampf soll sofort stattfinden, bevor sich Sir Alans Lügen verbreiten und mein Ansehen ruiniert wird.«
    Alanna schauderte. Sie fühlte sich steinalt. Sie hätte voraussehen müssen, dass Roger jetzt würde kämpfen wollen, wo sie noch von der Prüfung erschöpft und verwundet war. Sie sah auf ihre verbundenen Hände

Weitere Kostenlose Bücher