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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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schloss die Augen, griff um sich und suchte nach irgendeinem Zeichen, das ihr sagte, wo ihr eigensinniger Lehrling war. Ihr Bewusstsein stieß auf das magische Kraftnetz des Kristallschwerts, das mit einer noch nie da gewesenen Wut vibrierte. Inzwischen gehorchte die Waffe ihren Befehlen mehr oder weniger, aber niemals würde sie sich Ishak fügen. Alanna öffnete die Augen und rannte zu dem Hügel, auf dem sie am Morgen den Plünderern gegenübergetreten waren.
    Von seinem eigenen Feuer eingehüllt, stand Ishak da und hielt das noch in der Scheide steckende Schwert in der Hand. Das orangefarbene Glühen, von dem die Waffe umgeben war, kämpfte gegen den Zauber des jungen Mannes an.
    Einen Augenblick flackerte etwas in Alannas Kopf auf. Ishak verschwand; an seine Stelle trat eine Vision:
    Ein azurblauer Himmel überzog sich rasch mit Gewitterwolken.
Wie ein aufzeigender Finger erhob sich ein Pfahl davor. An seinem Fuß brannte ein Feuer und die an den Pfahl gefesselte Frau schrie in rasendem Schmerz.
    Die Vision verschwand. Jetzt sah Alanna ihren Lehrling wieder klar vor sich. »Ishak! Nein!«, schrie sie heiser. Von Weitem griff sie nach ihm, doch der Kraftstrahl, den sie ihm entgegenschleuderte, war dünn und versiegte weit vor seinem Ziel. Niemals würde es ihr gelingen, rechtzeitig bei ihm zu sein. »Hör auf! Das Schwert – es wird sich gegen dich wenden!«
    »Wieso sollst du das Schwert haben, Frau-die-wie-ein-Mann-reitet?« , brüllte er triumphierend zurück. »Du benutzt es ja nicht mal! Du nimmst deine Gabe nicht so in Anspruch, wie du könntest! Du verdienst nicht noch mehr zu haben! Ich verdiene das Schwert! Ich will Macht!«
    »Warum ist die Waffe dann nicht dir zugefallen, sondern mir?«, rief Alanna in der Hoffnung, ihn am Reden zu halten. Sie war jetzt am Fuß des Hügels angelangt. »Mit dieser Kraft kannst du nicht umgehen, Ishak – das Schwert ist verdorben! Nein!«
    Ishak zog die Klinge und hob sie empor. Wild pulsierend umflackerte orangefarbenes Licht das schimmernde Grau. Er lachte, zückte das Schwert in Alannas Richtung und rief ein Wort, das sie nicht verstand.
    Instinktiv benutzte sie die ganze Kraft, die ihr die Göttin verliehen hatte, um einen Schutzschild aufzubauen. Sie wollte sich lediglich zur Wehr setzen, doch die Zauberkraft des Schwertes prallte von der Schutzwand zurück und umhüllte Ishak mit einer Feuerkugel. Er stieß einen einzigen Schrei aus, dann war er verschwunden.
    Tränen liefen Alanna über die Wangen, als sie den Hügel
emporkletterte. Von Ishak und von der Schwertschneide, die er achtlos zu Boden geworfen hatte, war nichts mehr übrig. Sie wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. Hätte er nur dieses eine einzige Mal auf sie gehört!
    Die Stammesangehörigen erwarteten sie, als sie mit der in ihrer Hand schimmernden Klinge herabgestiegen kam.
    »Was hast du nun vor?«, erkundigte sich Halef Seif leise.
    »Was ich vorhabe? Ich bringe die Ausbildung eurer beiden Schamaninnen zu Ende«, entgegnete sie grimmig. »Was bleibt mir denn anderes übrig?«

6
Zeremonien

    Die ersten Bazhir-Schamanen trafen eine Woche nach Ishaks verhängnisvollem Fehler mit dem Kristallschwert ein. Sie kamen im Laufe der Nacht, und als Alanna am Morgen aufstand, saßen sie mit überkreuzten Beinen vor dem Altar. Ihnen gegenüber hockte Trusty und erwiderte feierlich blinzelnd ihre Blicke.
    Sie erklärten Alanna, sie seien gekommen, um zu lehren und zu lernen, denn jeder weise Schamane sei bereit neue Dinge zu erfahren. Sie meinten, was sie sagten, und sie blieben nicht die Einzigen. Innerhalb der nächsten Tage kamen noch weitere Schamanen mit ihren Lehrlingen an, bis schließlich vierzehn Schamanen und sechs Lehrlinge in den Zelten des Stammes Zaubersprüche austauschten – Alanna, Kara und Kourrem mitgerechnet.
    »Du solltest dich freuen«, bemerkte Ali Mukhtab eines Abends, als er mit Alanna bis spät in die Nacht hinein aufsaß. »Du hast mehr geleistet, als die meisten Bazhir in ihrem ganzen Leben zustande bringen. Du hast Mädchen zu Schamaninnen gemacht, du hast eine Zauberschule gegründet, die weiter bestehen und zu einer der größten derartigen Schule heranwachsen wird. Selbst Priester aus der Stadt der Götter werden kommen, ebenso Zauberkrieger aus Carthak.«

    Alanna starrte die Stimme der Stämme an. In seinen dunklen Augen lag dieser verschleierte, in weite Ferne reichende Blick, der sie schaudern ließ. »Du musstest, dass diese Schule entstehen würde?«, stieß

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