Alanna - Das Lied der Loewin
waren.
Geistlose, von den Schamanen gelenkte Energieballungen waren es, die Wüstensand und Erde einsammelten, um sich Gestalt zu geben. Alanna war nicht so dumm, ihr Schwert zu benutzen, um sie in der Mitte auseinanderzuschlagen. Dann hätte sie es nämlich mit der doppelten Anzahl von Staubteufeln zu tun gehabt. Stattdessen schleuderte sie den Schamanen violettfarbenes Feuer entgegen, um das Problem an seiner Wurzel auszurotten. Einer der Schamanen fiel vor Schmerz kreischend zu Boden, als Alannas Zauberkraft ihn traf. Den nächsten holte ein zweiter, diesmal roter Feuerstrahl vom Pferd. Ishak hatte nämlich gesehen, was Alanna plante, und half mit.
Verschiedenfarbige Schutzwälle bildeten sich um die drei übrigen. Das Überraschungsmoment war weggefallen, nun setzten sich die Schamanen zur Wehr. Alanna rief eine funkelnde, amethystfarbene Wand herbei, die sich um einen der Männer legte und ihm die Luft abschnitt. Sein Pony bäumte sich in panischem Schrecken auf und warf den nach Luft schnappenden Reiter ab. Als Alanna sicher war, dass er tot sein musste, wandte sie denselben Trick beim nächsten an. Der übrig gebliebene Zauberer kämpfte gerade gegen Ishaks rote Flammen – und verlor. Als die letzten beiden Schamanen starben, sanken auch die Staubteufel in sich zusammen.
Männer donnerten an ihnen vorüber, doch waren es weniger
als zuvor. Kourrem sackte zusammen und fiel zu Boden. Die Anstrengung, fünf Zaubersprüche zur gleichen Zeit aufrechtzuhalten, hatte sie erschöpft. Kara sah fahl und krank aus, aber jetzt, wo die Schamanen tot waren, ließen auch die Winde nach. Alanna zwang sie dazu, sich hinzusetzen. Ishak warf den Angreifern immer noch Feuer entgegen und lachte ausgelassen, als sie versuchten, ihm zu entkommen.
»Großartig!«, schrie er laut, ohne zu merken, dass sich der Sturm gelegt hatte. »Macht ist großartig!«
»Schaut!«, keuchte Kara und deutete nach Westen. Dort kamen ungestüm Halef Seif und seine Männer mit gezückten Schwertern ins Dorf geritten. Jetzt, wo die Plünderer aus den Hügeln zwischen Ishak, Coram, den wild kämpfenden alten Männern und den jungen Kriegern des Stammes eingeschlossen waren, blieb ihnen keine Chance. Diejenigen, die zu entkommen versuchten, schnappte sich Alanna, und so überlebte keiner.
Sobald der Kampf beendet war, führte Alanna ihre Lehrlinge zum Dorfbrunnen. Dort wies Farda schon andere Frauen an Wunden zu reinigen und zu verbinden. Alanna befahl Kara und Kourrem sich hinzusetzen, dann krempelte sie sich energisch die Ärmel hoch. »Ist jemand getötet worden?« , erkundigte sie sich bei Farda, während sie sich die Hände wusch.
Die Hebamme schüttelte den Kopf. »Hassam und Mikal hat es am schlimmsten erwischt. Hassam hat eine Kopfverletzung, Mikal eine klaffende Wunde am Schenkel. Kümmerst du dich um einen der beiden?«
Alanna nickte und betrat ihr riesiges Zelt. Sie spürte, wie Ishak hinter ihr herkam. Die Verletzten lagen still auf den
Teppichen, die man vor dem einfachen Altar ausgebreitet hatte, und warteten darauf, dass man sich um ihre Wunden kümmerte. Farda hatte den Frauen offensichtlich beigebracht, Verletzungen zu versorgen, denn sämtliche ältere, verheiratete Frauen des Dorfes waren schon eifrig an der Arbeit. Einige der Verwundeten, darunter auch Hassam, waren noch Jungen, doch verhielten sie sich ebenso ruhig wie die Männer.
Alanna kniete sich neben Hassam nieder und lächelte ihm zu. Ein Mädchen, das erst kürzlich geheiratet hatte, kam mit einer Schüssel voll heißem Wasser und sauberen Binden herbeigeeilt. Alanna tauchte ein Tuch ins Wasser und wusch sorgfältig Hassams Wunde aus. »Was ist mit dem Banditen passiert, der dir diesen Hieb versetzte?«, fragte sie scherzend. »Sucht seine Seele nach einem Ruheplatz?«
»Coram schlug ihn nieder, während ich gegen ihn kämpfte«, entgegnete der Junge. Er zuckte zusammen, als Alanna sanft sein Haar aus der Wunde strich. »Coram sagte, auf ehrenhaftes Verhalten könne man verzichten, wenn man gegen Diebe kämpft.«
»Ich brauche Heilsalbe, Faden und eine sehr feine Nadel. Sag das Farda!«, wies Alanna das wartende Mädchen an. Es nickte und ging hastig davon. Alanna betrachtete sich die Wunde genauer. »Ich glaube, dasselbe hat mir Coram gesagt, als ich in deinem Alter war – was noch nicht allzu lange her ist. Halt still!« Sie schloss die Augen und fühlte mit ihrem Bewusstsein in seinen Körper, um zu erfahren, wie schwer die Verletzung war. Das kranke Gefühl,
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