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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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Kurzschwert nach ihr, als hielte er eine Axt in der Hand.
    Nun kamen ihr die langen Stunden mit Liam zugute. Automatisch tauchte sie weg, wich geschickt aus, wirbelte davon und sorgte dafür, dass sie nie in Reichweite des Affen geriet – er konnte mit einem einzigen Prankenschlag ebenso viel Schaden anrichten wie mit seinem Schwert. Inzwischen versuchte sie ihm Respekt mit Blitz einzujagen. Ihre Klinge zwickte und stach zu und hinterließ Blutflecken auf seinem Fell.
    Als das bei dem Sturz verletzte Bein unter ihr wegsackte, traf das Schwert des Affen sie. Vom Hals bis hinunter zum Nabel durchtrennte es Wolle und Seide und hinterließ einen blutenden Schnitt, wenn auch nicht sonderlich tief. Sie taumelte, machte einen Ausfall und schlug nach seinem Hals. Er brüllte, seine unbewaffnete Faust flog herab und traf sie am Ellbogen. Alanna stürzte vorwärts und kugelte sich im Fall
zur Seite. Dabei ließ sie Blitz los, weil ihr Arm gefühllos war. Sie erhob sich, taumelte zurück, doch da hob der Affe schon ihr Schwert vom Boden auf und musterte die grauen Lichter, die sich unter der stählernen Haut rührten. Ein Kunstwerk hast du da vollbracht. Gegen den Schmerz, den seine Stimme in ihrem Kopf auslöste, konnte sie sich nicht wehren, wenn sie nicht riskieren wollte, dass er sie tötete, während sie sich die Ohren zuhielt. Sie fragte sich, woher er überhaupt wusste, dass Blitz aus zwei verschiedenen Schwertern bestand, die sie zusammengefügt hatte, um eine unversehrte Klinge daraus herzustellen. Nun warf der Affe ihr Schwert zur hinteren Höhlenwand. Vermutlich tatest du es nur, weil du ein Schwert wolltest, das du ganz und gar befehligen kannst. Nicht, weil du die Zauberkraft, die es innehat, um ihrer selbst willen schön fandest.
    Was er sagte, war nicht richtig, aber er gab ihr keinerlei Gelegenheit zu einer Antwort und griff wieder an.
    Alanna blieb nicht die Zeit darüber nachzudenken, ob ihr Körper diesem Kampf gewachsen war. Sie duckte sich und tauchte erneut weg. Als er sich eine Blöße gab, versuchte sie sich an einem der Sprungtritte, die ihr Liam beigebracht hatte, und trat ihn gegen die Schulter, dass er brüllte. Sobald er ausholte, um sie niederzuschlagen, wich sie wieder aus und umkreiste ihn. Dann, als sie eine Chance sah, schnellte sie noch einmal durch die Luft und traf dieselbe Schulter. Es war sein Schwertarm. Auf ihn konzentrierte sie sich nun, ohne ihrem Gegner jedoch zu nahe zu kommen. Beim vierten Mal zielte sie tiefer, genau auf den Muskel, auf den auch er geschlagen hatte, damit sie Blitz fallen ließ. Als das eiserne Schwert klappernd zu Boden fiel, stürzte sich Alanna darauf.
    Ihre Hände schlossen sich ums Heft. Ein Schmerz, bei
dem sich alle ihre Muskeln verkrampften, schoss durch ihre Hände und Arme. Sie stieß einen gellenden Schrei aus. Solche Qualen hatte sie noch nie gespürt. Aber sie ließ nicht los – es wäre auch gar nicht möglich gewesen –, rollte sich auf den Rücken und richtete das Schwert auf den Affen, der auf sie zukam.
    Vor Schmerz liefen ihr Tränen übers Gesicht. Sie schrie: »Bleib! Ich will dich nicht töten! Behalt dein Juwel!«
    Einen Fuß von der Schwertspitze entfernt, blieb der Affe stehen und musterte sie mit einem seltsamen Blick. Alanna hätte schwören können, dass er lächelte, aber das war wohl nicht möglich. Er griff nach ihr und nahm ihr das Schwert weg. Ihre Hände waren voller Blut.
    Du bist ein seltsames kleines Ding . Diesmal tat seine Stimme viel weniger weh. Eigenartig. Er schien sich anders besonnen zu haben, schien ihr nicht mehr nach dem Leben zu trachten. Warum?
    Er gab ihr keine Erklärung. Stattdessen fuhr seine nur in ihrem Kopf hallende Stimme fort: Ich nehme an, du weißt nicht, wieso du nicht anders konntest als dieses Juwel zu suchen . Alanna legte die Handflächen auf ihre Brust. Sie war zu erschöpft, um aufzustehen. »Es soll dem Ruhme Tortalls dienen.« Ihre Kehle schmerzte noch von dem Schrei. »Jedes Land kann Nutzen daraus ziehen, wenn es dieses Juwel besitzt. Und auch dem Ritter, der es bringt, gereicht es zur Ehre. Aber es gehört nun einmal dir. Wenn ich mir’s jetzt überlege, verstehe ich nicht, wie es den berühmten Helden aus der Vergangenheit möglich war, solche Dinge den Wesen wegzunehmen, die es bewachten. Nicht, wenn sie so edel waren, wie es in den Geschichten behauptet wird. Richtig besehen ist es wirklich Diebstahl.«

    Der Affe schüttelte offensichtlich belustigt den Kopf. Mit einer Hand, die

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