Alanna - Das Lied der Loewin
Reichweite der gefährlichen Pferdehufe fort. Darkness bäumte sich auf und schlug aus, aber dem zukünftigen König gelang es, ihn zu halten. Der Kleine fing an zu heulen. Schließlich griff der Richter nach den Zügeln von Jons Pferd und zwang es herunter.
Jonathan stieg mit dem brüllenden Kind auf dem Arm ab. Die Mutter rannte unter den scharfen Blicken der Königlichen Leibgarde lachend und weinend herbei, um ihren Kleinen wieder zu holen. Sie nahm Jon in den einen und das Kind in den anderen Arm und dankte dem jungen Mann. Was sie sagte, ging in dem Jubel unter, der ringsum ausbrach. Georg aber war aus irgendeinem Grund unruhig. Er verließ seinen Platz und bahnte sich einen Weg auf die Edelleute zu.
Sein Instinkt hatte ihn nicht getrogen. Er war noch ein gutes Stück entfernt, als ein Mann ein Messer aus dem Gürtel zog und auf Jonathan zurannte. Der Mann schrie etwas; später sagte der Richter zu Myles, es habe geklungen wie »Tod dem glücklosen König!«
Jonathan wurde von der Frau und dem Kind, seine Begleiter von der Menge und ihren eigenen Pferden behindert. Es war Darkness, der seinem Herrn zu Hilfe kam. Er bäumte sich erneut auf und schlug mit den Hufen nach dem Angreifer. Der Mann ging zu Boden, doch da tauchten weitere, in Umhänge gekleidete Attentäter aus der Menge auf.
Georg warf sich auf den einen, den anderen erstach er. Der Richter war vom Pferd gesprungen und kämpfte mit Messern. Mit einem wilden Grinsen band er die Klinge eines Mannes und versetzte ihm einen Stoß mit dem Knie. Rosse bäumten sich auf; Frauen kreischten. Am Markt war der große Aufruhr ausgebrochen.
Von alledem blieb Georg nur der Augenblick im Gedächtnis, als er und der Richter sich zum ersten Mal im Verlauf ihrer langen Gegnerschaft plötzlich von Angesicht zu Angesicht im Gedränge gegenüberstanden. Wäre es nach Georg gegangen, hätte er auf diese Ehre gern verzichtet. Jetzt erstarrte er und ließ den Attentäter, der sein nächstes Ziel gewesen wäre, entkommen. Der Richter sah ihn an, drehte sich um und verschwand in der Menge. Hatte er gezwinkert?
Zusammen mit seinen engsten Vertrauten – den Brüdern Orem und Shem, den Messerkünstlern Ercole und Marek – drängte sich Georg schließlich bis zu den Edlen durch. Jonathan hielt sich den Arm. Er war verwundet. Jetzt kam endlich auch die Königliche Leibgarde und bildete einen engen
Kreis, der Gary, Jonathan und Josiane einschloss. Roger war nirgends zu sehen. In einem zweiten Ring, den Wachtposten gebildet hatten, bestieg der Richter gerade sein Pferd.
Georgs Schulterverletzung war wieder aufgebrochen und blutete. Er ignorierte es. »Ich weiß einen Weg von hier weg!«, rief er Jon zu. »Falls du mir vertraust!«
Der Anführer der Leibgarde sah fragend zum Prinzen hinüber. Als dieser nickte, führte Georg Jons Gruppe in eine Seitenstraße und fort von dem Aufruhr, hielt dabei aber ständig die Augen offen nach weiteren Attentätern. An der Tempelstraße ließ er Jonathan und dessen Begleiter bei der übrigen Gruppe von Edlen zurück, die inzwischen ebenfalls angekommen waren. Gerade kam auch eine zweite Leibwache vom Palast heruntergeritten.
»Das war Kralles Werk«, erklärte Georg Eleni und Myles kurz danach im Hause Olau. Er zuckte zusammen, als seine Mutter einen neuen Umschlag auf seine Schulterwunde legte. »Die Mörder hat er bezahlt, jeden Einzelnen von ihnen, und sie wollten Jon an den Kragen.«
»Was hat denn Kralle davon, wenn Jonathan etwas zustößt?« , erkundigte sich Myles. »Zu denen im Palast, denen Jons Tod zugute käme, hat er keine Verbindung – zumindest habe ich nichts Derartiges gehört. Es sei denn, Delia ...«
»Ich finde es interessant, dass der Herzog von Conté den Angreifern so ohne Weiteres entkam«, sagte Georg und stellte die Füße auf einen Schemel. »Aber du hast recht – es ergibt immer noch keinen Sinn. Nur allzu leicht hätten heute Vormittag die Unschuldigen genauso wie die Schuldigen zu Schaden kommen können. Selbst wenn er es geplant hätte, lief er doch genau wie wir alle Gefahr, niedergetrampelt zu werden.«
Kopfschüttelnd sagte Eleni: »Ich mache mir Sorgen um die, die bei dieser Wahnsinnstat verletzt wurden. Ich gehe besser nachsehen, was ich tun kann.« Sie schüttelte ihre Röcke aus und stand auf. »Aber ist es nicht immer so, wenn Menschen sich verschwören, um die Macht an sich zu reißen? Es sind die Unschuldigen, die leiden müssen.«
Das endgültige Ergebnis des Aufruhrs am Markt
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