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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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Kaufmannssohn, den Georg ins Herz geschlossen hatte. Im »Tanzenden Täubchen« schwiegen die Männer nicht respektvoll, wenn Jon sprach. Sie sagten eher Dinge wie »Du bist doch noch ein Grünschnabel! Was weißt denn du schon! Sei still und hör denen zu, die älter sind als du.«
    Jonathan war still und hörte ihnen zu. Er freundete sich mit den gefährlichsten Dieben und Mördern der Ostländer an. Er lernte mühelos Taschen zu leeren und Würfel zu werfen. Er flirtete mit Blumenmädchen und sah zu, wie die Diebe
ihre nächtliche Beute teilten. Er sah das Leben aus einer ganz anderen Perspektive als vom Palast aus und er war begierig zu lernen, was er nur konnte. Keiner erriet jemals, dass hier der Thronerbe saß, einen Krug Bier schlürfte und gelegentlich einen Satz Würfel warf.
    Oft kam Gary mit und schließlich wurde auch Raoul Georg und dessen Kreis vorgestellt. Jonathan schlug vor auch Alex mitzubringen, doch in diesem Winter bat Herzog Roger darum, Alex solle bis zu seiner Ritterprüfung sein Knappe sein. Alanna brauchte somit nicht einmal zu sagen, dass sie keinen zu Georg mitnehmen wolle, der Roger so nahe stand – Alex war ganz einfach von seiner neuen Aufgabe zu sehr in Anspruch genommen, um für seine alten Freunde noch viel Zeit übrig zu haben.
    Der Winter ging in den Frühling über und bei den Knappen wurde die Kampfausbildung verstärkt in Angriff genommen. Da der Brauch gebot, dass sich der Thronerbe der Ritterprüfung stelle, wenn das Mittwinterfest zwischen seinen siebzehnten und achtzehnten Geburtstag fiel, war abzusehen, dass er im Verlauf dieses Jahres einen Knappen brauchen würde. Und da Gary, Raoul und Alex achtzehn geworden waren, würden auch sie die Ritterprüfung ablegen. Alle drei beobachteten die Knappen, und die älteren der Pagen und versuchten ihre Wahl zu treffen.
    Bei dem Wettstreit, einer der vier begünstigten Knappen zu werden, ging es heftig zur Sache. Jonathan war der Thronerbe, die anderen drei kamen aus den edelsten Familien Tortalls. Alle mochten den kräftigen, etwas scheuen Raoul. Gary mit seinem scharfen Verstand und seiner noch schärferen Zunge hatte sich zwar Feinde gemacht, doch auch er wurde respektiert. Alex war Herzog Rogers Knappe
und etwas von der Beliebtheit des Herzogs hatte auf ihn abgefärbt.
    Sowohl die Knappen als auch die Pagen, die beim Winterfest Knappen werden würden, arbeiteten ohne Unterlass, vor allem dann, wenn einer von den vieren in Sicht war.
    Alle außer Alanna. Obwohl auch sie beim nächsten Mittwinterfest Knappe werden würde, sah sie sich nicht als Teilnehmerin an diesem Wettlauf, und das sprach sie auch aus. Die anderen Jungen wollten wissen, weshalb nicht.
    »Ganz einfach«, meinte sie niedergeschlagen. »Schaut mich doch an. Ich bin der kleinste und schmächtigste Junge im ganzen Palast. Im Ringen bin ich eine totale Niete und ein besonders guter Schwertkämpfer bin ich auch nicht gerade. Keiner wird so einen Schwächling wie mich zum Knappen haben wollen.«
    »Aber du bist der beste Reiter, vor allem seit du Moonlight hast«, entgegnete Douglass. »Und du bist der Beste im Bogenschießen und beim Lanzenfechten und beim Stockfechten und auch mit den übrigen Waffen. Und ein guter Schüler bist du auch. Das sagen alle Lehrer – hinter deinem Rücken. Willst du etwa behaupten, dass dich nicht mal Jonathan nehmen wird?«
    Alanna schnitt eine Grimasse. Lieber als alles andere auf der Welt wollte sie Jonathans Knappe werden. »Jonathan am allerwenigsten. Der Thronerbe braucht den besten Knappen, den das Königreich zu bieten hat. Ich bin zu schwach im Schwertkampf und zu klein bin ich auch. Geoffrey von Meron ist gut. Den sollte der Prinz wählen.«
    Das war es, was sie ihren Freunden sagte. Sie wusste, dass sie ihr nicht glaubten, aber das war ihr egal. In Wahrheit fühlte sie sich nicht würdig, irgendjemandes Knappe zu sein.
Sie war ein Mädchen und eine Lügnerin war sie auch. Jeden Augenblick konnte die Wahrheit entdeckt werden. In der Zwischenzeit reichte es schon, dass sie beim Ringen laufend verlor und dass sie im Schwertfechten nur mittelmäßig war. Jonathan würde sich Geoffrey oder Douglass aussuchen, und damit war der Fall erledigt.
     
    Im April veränderte sich etwas. Lord Martin von Meron – Geoffreys Vater – kam nach Norden geritten, um seinen Sohn zu besuchen und um zusätzliche Truppen für sein Lehnsgut anzufordern. Das Lehnsgut Meron war besser unter dem Namen Große Südwüste bekannt: Meilenweit, von den

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