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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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Damen. Die Jungen, vor allem die Erstgeborenen, wurden
Krieger. Jedes Mal, wenn Coram in seiner Rede an diesem Punkt angelangt war, warf er Thom, Alannas Zwillingsbruder, der oft über seinen Büchern hockte, in denen es meistens um die Kunst der Magie ging, einen finsteren Blick zu. Thom war kein Krieger, ebenso wenig wie Alanna eine Zauberin war, obwohl sie wie Thom die Zaubergabe besaß. Sie hasste und fürchtete ihre magischen Kräfte – Thom wiederum wollte der größte Zauberer werden, der auf der Götter Erdboden lebte.
    Alanna runzelte die Stirn und nahm sich etwas zu essen aus den Satteltaschen. Jetzt, wo sie müde war und sich ein wenig einsam fühlte, wollte sie nicht über Thom nachdenken.
    Sie nieste zweimal, schaute auf und starrte angestrengt auf die Lichtung, die hinter dem Netz aus Weidenästen lag. Bevor übernatürliche Dinge geschahen, juckte ihr immer die Nase; weshalb, wusste sie auch nicht. Irgendwie hatte sich jetzt auch die Atmosphäre gewandelt, die auf der Lichtung herrschte. Hastig warf sie den Umhang zurück, damit sie die Arme frei hatte. Sie starrte mit ihren weit aufgerissenen violetten Augen in die Dunkelheit und zog Blitz , ihr Schwert, aus der Scheide.
    Moonlight wieherte und wich zum Weidenstamm zurück. »Stimmt was nicht, mein Mädchen?«, fragte Alanna. Sie nieste wieder und rieb sich die Nase.
    Von den Bäumen hinter ihr erklang ein Geräusch. Sie fuhr herum und hob ihr Schwert. Da war das Geräusch noch einmal. Alanna runzelte die Stirn. Wenn sie nicht gewusst hätte, dass das unmöglich war, hätte sie geschworen, dass da draußen etwas miaute. Als ein schwarzes Kätzchen zwischen den Ästen hervorgetrottet kam, unter denen sich Alanna vor
dem Regen untergestellt hatte, lachte sie und steckte Blitz wieder in die Scheide zurück. Das Kätzchen miaute unentwegt, als es Alanna sah, und schwenkte den buschigen Schwanz wie ein Banner. Das winzige Tierchen tappte zu Alanna hinüber und wollte hochgehoben werden.
    Alanna gehorchte. Sie drückte es zärtlich an sich und kramte in den Satteltaschen nach ihrer Decke.
    »Wo kommst denn du her, Kätzchen?«, fragte sie und rubbelte es sanft trocken. »So eine grässliche Nacht sollte keiner draußen verbringen müssen.«
    Das Kätzchen schnurrte laut, als wolle es zustimmen. Das arme Ding besteht nur aus Haut und Knochen – bestimmt hat es kein Zuhause, überlegte sich Alanna. Da sie wissen wollte, wie die Augen des Kätzchens aussahen, hob sie ihm sanft das Kinn. Sie schluckte. Die großen Augen des schwarzen Kätzchens waren so violett wie ihre eigenen.
    »Mächtige Gnädige Mutter«, hauchte sie ehrfürchtig. Sie setzte sich ans Feuer, gab ihrem kleinen Gast etwas von ihrem Essen und dachte nach. Von einer Katze mit violetten Augen hatte sie noch nie gehört. War sie übernatürlich? Eine Unsterbliche vielleicht? Alanna wusste nicht so recht, ob sie mit dem Kätzchen etwas zu tun haben wollte, falls es tatsächlich zu den Unsterblichen gehörte. Schwierigkeiten hatte sie auch so schon genug!
    Als das Kätzchen satt war, putzte es sich energisch. Alanna lachte. Nur weil jemand violette Augen hatte, musste er noch lange nicht übernatürlich sein – dafür waren ja sie selbst und ihr Bruder Thom der beste Beweis. Offensichtlich benahm sich diese Katze ganz normal. Da fiel ihr etwas ein. Sie hob den Schwanz ihres neuen Haustiers. Es war ein Kater. Sie ignorierte sein Protestgeschrei gegen diese würdelose
Behandlung und hob ihn auf ihren Schoß. Er murrte noch ein kleines Weilchen und machte es sich dann bequem. Alanna lehnte sich gegen den mächtigen Weidenstamm zurück und hörte dem lauten Schnurren zu. Es wird schön sein, ein Tier zu haben, mit dem man reden kann, dachte sie schläfrig.
    Schlagartig musste sie wieder niesen, und zwar gleich fünfmal hintereinander. Einen Augenblick lang konnte sie nichts mehr sehen. Alanna fluchte wie ein Wachposten und wischte sich die tränenden Augen. Als ihr Blick wieder klar wurde, stand neben ihrem Feuer ein hoch gewachsener Fremder, der seinen Kopf unter einer Kapuze verborgen hielt.
    Alanna sprang auf, zog ihr Schwert und ließ den laut protestierenden Kater auf den Boden plumpsen. Sie starrte den Neuankömmling an und bemühte sich Ruhe zu bewahren. Sie hatte nicht das Recht, diesen Mann – oder war es eine Frau? – anzugreifen, nur weil sie überrascht worden war.
    »Womit kann ich dienen?«, keuchte sie. Das Kätzchen kratzte an ihrem Stiefel und wollte wieder hochgehoben werden.

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