Alarm auf Wolke sieben
seine Irritation zu verbergen. Wie oft wollte sie damit noch ankommen? Himmel, so langsam wussten sie das doch alle.
Selbst Esme schien nicht so von ihrer Mutter eingenommen zu sein wie sonst. „Jetzt kann ich Rebecca erzählen, dass er mein Papa wird“, sagte sie herausfordernd in Victorias Richtung.
Tori sah einen Augenblick lang völlig entnervt aus, bevor sie leise seufzte. „Ja, ich denke, das kannst du. Jetzt ist es aber Zeit zum Schlafen. Sag John Gute Nacht, dann bringe ich dich ins Bett.“
„Er soll mitkommen“, sagte Esme. „Ab heute spielen wir Mama, Papa und Kind, das hast du selbst gesagt.“
Zu seinem grenzenlosen Erstaunen erkannte John in dem fünfjährigen Kind seine eigene Vorliebe für gewagte Spielchen wieder, und das jagte ihm ehrlich gesagt eine Heidenangst ein. Er sah zu, wie sie von der Couch hüpfte und ihm ihre weiche Kinderhand entgegenstreckte.
„Komm mit“, sagte sie genauso bestimmt wie ihre Mutter. „Du kannst mir eine Geschichte vorlesen, wenn Mami mich zugedeckt hat.“
12. KAPITEL
A m nächsten Samstagabend zogen schwere dunkle Regenwolken über den Himmel, während Jared und P. J. sich auf die Suche nach einem Platz für die Nacht machten. Als sie die eingezäunte Baustelle erreichten, die sie während des Tages bereits ausgekundschaftet hatten, war der Himmel fast schwarz.
„Hoffentlich bekommen wir kein Gewitter“, murmelte P. J., als sie über den Drahtzaun kletterten. „Ich hasse Blitze.“
„Echt?“ Jared sah sie kurz an, während sie auf der anderen Seite hinabkletterten. „Ich finde sie eigentlich ziemlich aufregend.“
„Na gut, vielleicht sind es gar nicht so sehr die Blitze, sondern …“
Wie auf Bestellung zuckte plötzlich ein blauweißer Blitz über den Himmel, der sich in mehrere Richtungen gabelte. P. J. schrie auf.
„Pssst!“, zischte Jared, entnervt von ihrem mädchenhaften Getue. „Mann, sei doch leise! Wenn der Laden hier einen Wachschutz hat, wollen wir ihn ja wohl nicht gleich auf uns aufmerksam machen.“
„Tut mir außerordentlich leid, Mr. Neunmalklug!“, zischte sie zurück. „Und ich nehme es zurück – ich hasse Blitze doch!“ Sie hielt sich am Zaun fest und sah ihm durch die Maschen hindurch zu, wie er auf den Boden sprang. „Aber nicht halb so sehr, wie ich …“
Es donnerte gewaltig, und sie ließ vor Schreck den Zaun los. Jared sprang hinzu, um sie aufzufangen, kam aber eine Sekunde zu spät. Alles, was er noch tun konnte, war, ihr die Hand zu reichen, um ihr aufzuhelfen. „Alles okay?“
„Traumhaft, danke“, fauchte sie und riss ihre Hand los. Mühsam kam sie wieder zu Atem. Als er jedoch die Hand ausstreckte, hatte sie schon wieder genug Luft, um ihn anzufahren. „Nimm bloß die Finger weg!“, schrie sie und schlug in seine Richtung. „Verschwinde!“
„Was ist denn jetzt los? Ach, mach doch, was du willst!“ Er drehte sich um und marschierte in das Innere des zu drei Vierteln fertig gestellten Gebäudes. Laut dem Schild, das sie vorhin gesehen hatten, sollte daraus eine Wohnanlage mit mehreren Geschäften im Erdgeschoss werden. Es war ihm völlig egal. Wichtig war nur, dass es ihm einen Unterschlupf für die Nacht bot, der noch von niemand anderem beansprucht wurde.
Einen trockenen Unterschlupf, fügte er einen Augenblick später hinzu, als sich am Himmel alle Schleusen öffneten. Es regnete so stark, dass sich die Erde rund um den Gebäudekomplex in Windeseile in ein einziges Schlammloch verwandelte. Er sah durch ein Loch in der Wand, in das später einmal ein Fenster eingesetzt werden würde, nach draußen. Es war nicht einmal wirklich kalt, aber die Feuchtigkeit kroch langsam in die Betonwände und den Boden – und in seine Knochen. Wie würde es im Herbst werden? Oder noch schlimmer, in einem echten Winter hier in Colorado?
Einen Moment später kam P. J. hereingetrottet, ein winziger, kaum auszumachender Schatten, der aber wie ein Matrose fluchte. Ein weiterer Blitz beleuchtete die Umgebung, die Jared für sie ausgesucht hatte. Sie schlang die Arme um den Körper und sah sich um. Dann hob sie den Kopf und stolzierte demonstrativ auf die andere Seite des Raums.
Jared hatte Hunger, ihm war kalt, und er hatte nur noch einen Dollar in der Tasche. Außerdem wäre er vor lauter Heimweh am liebsten gestorben. Deshalb hatte er absolut keine Lust, den Wutausbruch einer Dreizehnjährigen über sich ergehen zu lassen. „Was zur Hölle ist dein Problem, hm?“
„Ich hab kein Problem,
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