Alarm auf Wolke sieben
sehr hübsches Kleid.“ Aber es war schon zu spät. Jared sah, wie die Lebhaftigkeit aus ihr wich, und er hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt. Vor allem als sie die Arme um sich schlang, als wäre ihr kalt, und begann, leise vor sich hin zu summen. Das tat sie gewöhnlich nur, wenn sie Angst hatte oder sehr nervös war.
Mist. Es lief alles falsch. Verzweifelt stupste er sie an. „Singst du immer noch diesen Country-Blödsinn?“ Sie hatte eine tolle Singstimme – viel klarer und kräftiger, als man es ihr mit ihrer komischen rauen Sprechstimme zugetraut hätte.
„Es ist kein Blödsinn. Es ist Rock n’ Roll mit dem gewissen Kick – und es ist garantiert besser als der ganze Rap-Mist, den du magst.“
„Ja, ja, ja. Warum gehen wir nicht in mein Zimmer, und du versuchst mir das zu beweisen?“
„Von mir aus.“
Sie gingen durch die Küche und den Flur in das Foyer, wo P. J. ein weiteres Mal wie angewurzelt stehen blieb. „Oh mein Gott.“ Sie starrte den turmhohen Kronleuchter an, der über ihr von der Decke hing. „Oh. Mein. Gott.“ Sie drehte sich langsam im Kreis, um alles genau anzusehen. „Das ist wunderschön. Das ist das Schönste, was ich in meinem ganzen Leben jemals gesehen habe. Hier würde glatt der ganze Wohnwagen meiner Mama reinpassen.“ Mit einer Geste ihres zarten Armchens wies sie auf das Foyer. Ein Schatten huschte über ihr Gesicht, aber tapfer setzte sie ein breites Lächeln auf. „Na, jetzt bin ich ja mal auf dein Zimmer gespannt. Ich wette, es ist größer als dieses Dings – wie heißt es doch gleich? – Taj Mahal?“
„Nee, eher wie der Buckingham Palace.“
Die P. J., die er kannte, kam an diesem Nachmittag immer wieder für kurze Augenblicke zum Vorschein. Die meiste Zeit schien sie jedoch verzweifelt bemüht, sich bestmöglich zu benehmen. Es war, als würde eine Anti-P J. durch sein Zimmer schlendern und alles genau in Augenschein nehmen. Die Hände hatte sie hinter dem Rücken gefaltet, als hätte sie Angst, etwas kaputt zu machen. Als er eine CD der Dixie Chicks einlegte, die er im Internet bestellt hatte, entspannte sie sich. Sie sang mit und schwang ihren kleinen Po, der sich in der letzten Zeit merklich gerundet hatte, im Takt.
Als die CD zu Ende war, ließ sie sich neben ihm aufs Bett fallen. Sie betrachtete ihre Fingernägel. Dann begutachtete sie den Baseballhandschuh, den er über einen Bettpfosten gehängt hatte. Schließlich sah sie ihn an. „Meine Mama hat angerufen.“
Ein eiskalter Schauer überlief ihn. Er hatte die Frau nie kennengelernt, aber er hasste sie trotzdem mit Leib und Seele. Jared versuchte, seine Stimme ganz neutral zu halten, als er sagte: „Ach ja?“
„Jep. Gert hat sie erreicht. Ich gehe zurück nach Pueblo.“ Ihre Stimme klang gleichzeitig hoffnungsvoll und ängstlich. Dann griff sie in die kleine Tasche an ihrem Kleid und zog ein Stück Papier heraus. „Deshalb sind wir wirklich hier. Der Rest war nur eine Ausrede. Sie dachte, wir beide sollten die Chance haben, uns persönlich zu verabschieden.“ Sie sah auf den Zettel hinab und drückte ihm diesen schließlich in die Hand. „Ich fahre morgen, aber ich wollte dir noch meine Telefonnummer geben, damit wir wenigstens mal telefonieren können.“ Sie sah sich in dem riesigen Zimmer um. „Ich meine, falls du das überhaupt noch willst.“
„Na, was glaubst du denn?“ Er fasste ihr Kinn und drehte ihren Kopf herum, bis sie ihn ansehen musste. Ihre Hände, die sich dagegen wehrten, ignorierend, sah er tief in ihre frechen, angstvollen – oh Gott, so wahnsinnig verletzlichen goldbraunen Augen. „Natürlich will ich das. Darauf kannst du dich verlassen.“
Victoria blickte von den Rechnungen auf, die sie für die beiden Puppenhäuser schrieb, die diese Woche versendet worden waren, und sah John in der Tür zu Fords altem Büro stehen. Sie speicherte die Dokumente auf ihrem Laptop und lächelte ihn an. „Sind Gert und P. J. gut weggekommen?“
„Jep.“
Sie stand auf, umrundete den Schreibtisch und lehnte sich an dessen Vorderseite. Sie stützte ihre Hände auf und begutachtete ihn, wie er an den Türpfosten gelehnt dastand. „Findest du nicht, dass P. J. irgendwie bedrückt gewirkt hat?“
„Gert hat ihre Mutter ausfindig gemacht und sich ernsthaft mit ihr unterhalten. Das Positive ist, P. J. geht morgen zurück nach Pueblo.“
„Oh Himmel, ich hoffe, das geht gut.“
„Ich auch. Nach allem, was ich über Mom gehört habe, ist sie nicht gerade eine
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