Alarm! Das Weiberschiff
Luft an.« Blandy zögerte, aber er spürte genau, daß es jetzt Zeit war und daß dieser Augenblick nie wieder kommen würde. »Ich habe Belucci ermordet«, sagte er langsam. »Ich war es!«
»Doc …« Monika starrte Blandy entsetzt an. »Hören Sie auf! Ich gebe Ihnen jetzt die Spritze. Sie wissen nicht mehr, was Sie sagen.«
»Oh, ich weiß es genau, Mädchen.« Blandy atmete schwer. »Ich habe Belucci getötet, mit einem Klappmesser. Er hat mir Evelyn weggenommen, bevor ich sie haben konnte. Schon, als ich sie aus der Rettungsinsel holte und ins Boot trug, wußte ich – die holst du dir ins Bett. Ich war verrückt, Mädchen. Rothaarige haben immer bei mir eine Rolle gespielt. Mein erstes Mädchen war eine rothaarige Krankenschwester. In der Krankenhausapotheke, hinter einem Regal, haben wir's getrieben! Das vergißt man nicht. Ja, und da kommt dieser windige Belucci und nimmt sie mir weg.«
»Ich glaub es nicht«, stammelte Monika. »Ich glaub es einfach nicht.«
»Es mußte alles schnell gehen. Ein paar Minuten blieben mir. Ich habe Beluccis Leiche tatsächlich in den Fäkalienbunker geworfen, durch die Schraubtür, durch die man einsteigen kann, um ihn zu reinigen. Jack hat die richtige Nase, aber zum Leerpumpen ist er ja nicht mehr gekommen.« Blandy röchelte. Er wollte noch einen Whisky haben. »Stell sie her, die Flasche. Ich bediene mich selbst. Es geht ja noch weiter!« Er knirschte mit den Zähnen, und sein dickes Gesicht verzerrte sich. »So eine Sepsis ist ein Teufelsding«, sagte er dann heiser, von den Schmerzen gepeinigt. »Man löst sich auf, und jeder Nerv wird zu einem glühenden Draht … Belucci. Ach ja … trotz meiner Schnelligkeit hatte ich einen Zeugen. Er stand mit großen entgeisterten Kinderaugen da, als ich die Leiter vom Fäkalienbunker herunterkletterte. Und ich wußte ganz genau: Das ist mein Ende! Wenn Jack ihn in die Zange nimmt – er kann nicht dichthalten! Und Jack nahm ihn in die Zange, zermalmte seine Seele, enthäutete ihn. Der arme Junge tat mir so leid, er sagte noch nichts, aber mir war klar, daß er eine zweite Seelenwäsche durch Jack nicht mehr aushalten würde!«
Monika hatte die Faust an den Mund gepreßt und biß jetzt hinein. Alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. Sie schluckte krampfhaft. Eine würgende Übelkeit stieg in ihr hoch.
»Das ist doch alles nicht wahr«, sagte sie kaum hörbar. »So etwas können Sie nicht tun.«
Blandy ergriff die Flasche, setzte sie an den Mund, trank und hielt sie fest. »Ich konnte es, Mädchen. Ich habe den kleinen Duff mit einem Kissen erstickt. Den lieben harmlosen Jungen. Ich mußte es tun. Danach hatte ich alles, was ich brauchte. Keinen Mitwisser, eine saubere Weste. Evelyn.« Er schwieg eine Weile, dann fuhr er fort: »Rothaarige machen mich verrückt, ich kann es nicht ändern.«
Bevor ihn Monika festhalten konnte, wälzte er sich auf den Rücken, stöhnte laut auf und setzte die Flasche an den Mund. Erst als sie leer war, schleuderte er sie von sich.
»So, und nun laß mich allein, Mädchen!« sagte Blandy mit letzter Kraft. »Laß mich ohne Aufsicht krepieren! Ich hab's verdient. Und vergiß es nicht, Jack soll es nie erfahren … Und jetzt aber raus mit dir!«
Wie benommen stand Monika auf. Sie suchte das Freie. Erst in der Kälte wurde ihr bewußt, was sie gehört hatte. Sie rannte ins Zelt zurück.
Blandy kniete auf dem Boden. Er hatte eine große Spritze in der Hand und drückte gerade die helle Flüssigkeit in seinen Oberarm.
»Nicht, Doc!« schrie Monika. Sie schlug ihm die Spritze aus der Hand, aber die Flüssigkeit war schon injiziert. »Sie müssen weiterleben! Verdammt! Sie müssen leben! Sie dürfen Jack nicht mit zwei ungeklärten Morden zurücklassen! Sollen dreihundert Menschen mit dem Verdacht, ein Mörder zu sein, weiterleben? Sie müssen aussagen, Paul!«
»Zu spät, Mädchen.« Blandy fiel auf sein Lager zurück. »Ich bin ein egoistischer Saukerl, was? Recht hast du … gib alles zu Protokoll, wenn du wieder daheim bist! Was hat ein Toter davon, ob man was von ihm hält …«
Er wälzte sich wieder auf die Decken, streckte sich aus, faltete die Hände über dem Leib und schloß die Augen.
»Ich habe keine Schmerzen mehr«, sagte er leise. »Blondie, es geht zu Ende. Verdammt, wie gern habe ich gelebt …«
Es dauerte zwei Stunden, dann gab auch das starke Herz von Dr. Blandy den Kampf auf. Die Überdosis Morphium lähmte schließlich die Atmung. Man sah, wie Blut und Fieber aus
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