Alarm im Tunnel Transterra
gewöhnt wie ein alter Mann an seine Parkbank. Er war zu einem Stück von mir geworden.
Kurz bevor sich die Tür zur Schleusenkammer schloß, zwängte sich der Merkurid scheppernd herein. Er hatte sich im Serviceraum aufgeladen und dabei meinen Befehl überhört. In der Kammer entschuldigte er sich stotternd. Ein uraltes Modell.
Man würde es bald verschrotten, die achtarmigen Atlaskyber hatten sich besser bewährt.
Der Druckausgleich setzte ein, und unsere Anzüge blähten sich an den unversteiften Gelenkteilen wie Seifenblasen auf.
Nach wenigen Sekunden glitt das Außenschott zischend zur Seite und gab den Blick auf die Plattform frei. Vor einigen Stunden war der Großtransporter ARCHIMEDES eingetroffen und lag auf Pier VI. Wie ein toter Blauwal hing er in den Ma-gnetklauen der Auffangvorrichtung. Das Licht der Halogen-lampen zauberte tanzend violette Flämmchen auf den zer-schundenen, narbenbedeckten Leib des Kosmosriesen. Von allen Seiten näherten sich ihm winzige Raupen und bohrten ihre Rüssel in seine Flanken – die Tanker. Um die Plattform strichen die weißen Nebelschwaden des verdampfenden Heli-ums. Hoch über unseren Köpfen stach der Kontrollturm der Raumsicherheit wie ein mahnender Zeigefinger in die samtene Schwärze des Alls. Die Astronauten nennen ihn liebevoll den Leuchtturm, denn ohne seine Funkleitfeuer gelänge es keinem Piloten, die Plattform ohne zerschlagenes Bordgeschirr zu erreichen.
Am Horizont des Quadratkilometers aus wabenartig ineinan-dergefügten Dyolitsegmenten erhob sich ein dunkler Schatten vor dem Flimmern der Milchstraße. Wir gingen geradewegs darauf zu. Sie war unheimlich anzusehen, die kahle Plattform.
Nur die ARCHIMEDES und weiter hinten der Schatten. Ohne das Geschwader der Astrojäger und die Zerstörer war die Station nackt und wehrlos.
Bei der Auswertung des schwerwiegenden Vorkommnisses würde es ohnehin Ärger genug geben. Wozu also daran denken, was geschehen wäre, wenn sich nicht zufällig der Korenther hier befunden hätte… So etwas darf nicht geschehen!
Armer Achternak, hoffentlich gelingt es uns, die Sache aufzuklären!
Der Schatten löste sich in Details auf, die Dunkelheit brök-kelte von ihm ab. Zuerst unterschied ich weit oben ein Ellipsoid. Links und rechts von ihm bohrten sich zwei Rohre in den Himmel. Plötzlich blieb ich verblüfft stehen. Der Merkurid hatte wohl geschlafen, oder seine Reflexe waren schon vom Rost zerfressen, er fuhr mir in die Kniekehlen und stoppte erst, als ich schon auf seinem Panzer saß.
Vor mir stand ein Mensch mit hocherhobenen Fäusten! Das erste, was mir in den Sinn kam – ein Boxer! Das Gebilde stand da wie ein Boxer, der seinen Sieg bejubelt. Mit triumphierend erhobenen Fäusten. Ein kurzer gedrungener Rumpf, der sich in der Mitte verjüngte. Drei stabile Landestützen. Wenn man sich eine wegdachte, konnten es Beine sein. Im Ellipsoid befand sich zweifellos die Kommandozentrale. Die hochgereckten Arme waren anscheinend die Werfer, deren kugelförmige Fokussierungsmagnete tatsächlich Fäusten ähnelten! Hatte ich jemals etwas gegen diesen Namen gesagt? Das Raums chiff konnte gar nicht anders heißen als – BOXER. Seine Größe war überaus respektgebietend, es mußte gewaltige Antiplasmageneratoren haben.
Ich schätzte die Höhe auf vierzig Meter und den Durchmesser des Ellipsoids an der kurzen, senkrechten Achse auf gut zwölf Meter. Weshalb solch ein Koloß? überlegte ich. Wohl wegen der Reichweite. Bei einer Wirksamkeit der Strahler, die weit über die Entfernung Erde – Mond hinausgeht, werden naturgemäß geringere Anforderungen an Wendigkeit und Beschleunigungsvermögen gestellt. Aber das ist eigentlich unökonomisch. Eben typisch korenthische Gigantomanie.
Unsere kleinen Jäger sind praktischer, für unsere Zwecke jedenfalls; denn zur Vernichtung kosmischer Gas-oder Staub-wolken genügen geringere Energien. Für feste Materie sind die Zerstörer zuständig. Mit denen kann es auch ein BOXER nicht aufnehmen. Es sind furchtbare Vernichtungsinstrumente. Viele Piloten machen einen großen Bogen um diese fliegenden Ener-giepakete, weil sie einfach Angst vor den Kräften haben, die hinter den meterdicken Dyolitpanzerungen in gewaltige Ma-gnetfelder eingeschlossen sind. Kräfte, die ohne weiteres einen Planeten zerreißen könnten. Sie kommen selten zum Einsatz.
Nur wenn Kometen oder Meteoritenströme in die Sicherheitszone eindringen.
Spinks drehte sich zu mir um und fragte besorgt: „Was haben Sie,
Weitere Kostenlose Bücher