Alarm im Tunnel Transterra
Gedanken. Sie waren übermannshoch und verjüngten sich nach oben wie ein Kegelstumpf. Zwischen ihnen blieben schmale Gassen.
Das Ganze glich einem Modell der korenthische n Hauptstadt Namarra. Ich kenne sie nur von Bildern, aber so wie diese schwarzen Ungetüme hatten auch die düsteren Wolkenkratzer auf mich gewirkt. Alles streng geometrisch verteilt, doch von unterschiedlicher Größe. Manche Kästen reichten fast bis unter die Decke, andere hingegen überragten mich nur um Hauptes-länge. An jedem Block befanden sich henkelförmige Metallsprossen. Diese minderten etwas den Anschein Ehrfurcht hei-schender Allmacht, denn mit ihrer Hilfe konnte man diese Klötze besteigen. Und sie erinnerten Kleinmütige daran, daß ein Schraubenzieher in der Hand eines Menschen der elektronischen Allmacht ein jämmerliches Ende bereiten konnte. Trotzdem blieben mir diese Gedankenschränke unheimlich.
Ich verfolgte mit den Augen die dicken Kabelschlangen, die zwischen den Speichern reglos herumlagen, aber den Eindruck erweckten, sie könnten jeden Augenblick ihre Windungen zusammenziehen und hervorschnellen. Glatte, glänzende Leiber, stumm und lauernd in ihrer Kälte. Ich sah sie schon mit giftigem Zischen aus dem Schatten hervorkriechen und sich um meine Füße ringeln.
„Also dann!“ Ich gab mir einen Ruck und trat durch das viereckige Loch hindurch. Rechts an der Wand hing ein Kasten mit den Spezialwerkzeugen. Ich ließ ihn hängen – erst wollte ich die Fehlerquelle suchen und mich dabei nicht unnötig mit den schweren Instrumenten abrackern.
Die Luft im Bunker war kühl und trocken und hatte den Geruch von frischer Bettwäsche. Von der Klimaanlage vorange-trieben, umfloß sie in sanften Wellen meinen Körper. Nach einigen Schritten blieb ich stehen. Duck stierte mir aus seinen beiden Objektiven hinterher.
Nichts zu hören. Inmitten der klotzigen Truhen fühlte ich mich hilfloser als ein Blinder in einer Schlangenfarm. Hinter jeder Ecke konnte eine unbekannte Gefahr lauern, sich ge-schmeidig heranschleichen und auf mich stürzen. Es war albern, ich benahm mich wie ein Kind, das ein Glas Obst aus dem Keller holen soll. Ich hatte Angst, denn ich spürte instinktiv, daß ich nicht allein im Bunker war.
„Wer ist da?“ rief ich aufs Geratewohl in das unüberschauba-re Netz der Gassen, die sich wie die klebrigen Fangleinen eines Spinnennetzes durch die Halle zogen. Mein Ruf prallte gegen Metallwände und versank zwischen den Automatenblöcken.
Ihre dunkle Schw eigsamkeit sog ihn auf. Niemand antwortete.
Was hatte ich auch erwartet? Ich strich mir mit dem ge-krümmten Zeigefinger der rechten Hand die Haare aus der Stirn und spürte kleine Schweißperlen, die ich mit dem Handrücken zerrieb. So stand ich eine Weile. Die Hand noch halb erhoben, mißtrauisch die Gasse hinunterblickend und die Ohren gespitzt wie ein Luchs. Mir würde nicht die geringste Bewegung entgehen! Da konnte nach menschlichem Ermessen niemand sein, das war klar wie der Himmel einer froststarren Vollmo ndnacht.
Und doch war da jemand, obwohl er gar nicht da sein durfte!
Aber daraus machte er sich herzlich wenig. Er war da! Oder es.
Oder sie. War da und wußte jetzt, daß ich suchte. Dieses Ge-fühl war schrecklich. Von Natur aus nicht gerade tollkühn veranlagt, bin ich doch auch kein ausgemachter Feigling, aber psychisch etwas labil – so jedenfalls hatte es die Zulassungs-kommission formuliert, als ich nach Abschluß der Akademie das Offizierspatent erhalten hatte. „Ausgeprägte Hypersensibi-lität, für den Flugdienst nur bedingt geeignet.“
Damals brach meine Traumwelt beinahe auseinander wie der Saturnglobus, den ich vor Enttäuschung gegen die Wand me ines Internatszimmers schmetterte. Denn nun hatte ich mich mit dem Gedanken, den Stammbaum der Flunkenkratzer-Piloten fortzusetzen, abgefunden, sogar Geschmack am Fliegen gefunden.
Und dann war alles ganz anders gekommen. Gerade meine instinktive Vorsicht hatte uns so manches Mal das Leben gerettet. Andere ignorieren Gefahren, die nicht unmittelbar vor ihnen stehen wie ein zum Sprung geduckter Tiger. Ich dagegen habe dafür einen besonders geschärften Sinn, eben weil ich nichts so sehr fürchte wie heimtückische Zufälle.
Langsam ließ ich die Hand sinken und setzte meinen Weg vorsichtig fort. Bob hatte gesagt, Block vierzehn. Rechts von mir stand ein haushoher Klotz, er trug die Hundertsieben.
Dahinter war die Hundertsechs. Auf meiner linken Seite erkannte ich die
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