Alarm im Tunnel Transterra
rückt und rührt sich nicht von der Stelle!“
„Du glaubst also auch, daß die Korenther…?“ fragte ich.
„Es wäre kein Wunder. Der Tunnel ist mit seinem idealen Vakuum ein hervorragendes Experimentierfeld. Aber warum, zum Teufel, haben sie sich ausgerechnet TRANSTERRA ausgesucht? Sie wissen doch auch, daß die Formation HELIOS
eintrifft!“ Er schlug mit der Faust auf das Sendepult.
„Nun, wir werden das schon herausbekommen“, beruhigte ich ihn. „Mach dir keine Sorgen, wir schaffen es schon!“
Er wurde tatsächlich ruhiger. „Wir haben der Formation HELIOS einen Situationsbericht gesendet. Sie hoffen auf euch.
Ausweichen können sie nicht mehr, aber sie drosseln mit fünf g, du weißt, was das bedeutet. Dadurch gewinnt ihr Zeit.“
„Fünf g. Wie halten sie das aus?“ fragte ich bestürzt über diese enorme Bremsbeschleunigung. Über drei Tage hinweg war das eine mörderische Tortur! Für einige Minuten während der Startphase konnte man das einem trainierten Körper durchaus zumuten, aber drei Tage lang!
„Sie wollen überleben! So einfach ist das“, antwortete Reg.
Mir schauderte bei dieser Vorstellung: Dreißigtausend Menschen liegen mit verzerrten Gesichtern, keuchend gegen die Zentnerlast auf der Brust kämpfend, in den Konturensitzen und werden nur von dem einen Gedanken beherrscht: Hoffentlich schaffen es die drei! Auf einmal war mir wieder die Bedeutung unserer Mission bewußt, die über dem Nichtstun des ersten Flugtages ein wenig in den Hintergrund getreten war. Ich würde mich hüten, das Gelingen durch unnötig provozierte Uneinigkeit und Spannung zu gefährden! Sollte Reg denken, was ihm beliebte. Keine Diskussionen mehr mit Spinks, die uns Ärger bescheren könnten. Schluß. Es gibt Situationen, die Neutralität nicht nur rechtfertigen, sondern sogar fordern, sagte ich mir.
Zwei Schiffbrüchige, die gemeinsam auf einer Planke sitzen, werden nicht mit den Fäusten aushandeln, ob sie sich nach ihrer Rettung mit Whisky oder mit Wodka vollaufen lassen. Im Gegenteil, sie werden sich gegenseitig wärmen und träumen.
Der eine vom Wodka und der andere vom Whisky. Und wenn sie sich genug gewärmt haben, werden sie mit den Händen paddeln und dann weiterträumen. Was nicht heißen soll, daß sie in der ersten besten Hafenkneipe darauf verzichten werden, sich die vollen Köpfe mit den leeren Flaschen blutig zu schlagen. Und dann die leeren Köpfe mit den vollen Flaschen. Und sie haben womöglich die ganze Nacht über Rum getrunken, der eine weißen und der andere braunen. Weil kein Whisky da war und kein Wodka…
„Übrigens, ich soll dich von Renata grüßen, sie war ganz schön sauer“, bemerkte Reg wie nebenbei, und sofort erwachte mein alter Argwohn.
„Sie kommt raus zu uns, und falls du sie sehen willst, sollst du zurückkommen, wenn ihr fertig seid.“
Ich wurde blaß. Zurückkommen! So eine Unverfrorenheit!
Reg wußte doch genau, daß ich ursprünglich nur ihretwegen mit dem Korenther mitfliegen wollte und daß dieser direkten Kurs auf die Erde nehmen wird, wenn der Auftrag erfüllt ist!
Daß er nur den kleinen Umweg über AURORA nehmen würde, um mich – wie vereinbart – dort abzusetzen. Zurückkommen –
das war in den nächsten fünf, sechs Tagen für mich unmöglich!
Ich schwieg böse, und Reg verabschiedete sich hastig mit dem Versprechen, sich sofort zu melden, wenn es Neuigkeiten gäbe.
Als Reg sich verabschiedet hatte, blieb ich noch eine Weile sitzen und überlegte.
Er hätte mir ja auch verheimlichen können, daß Renata zur Außenstation fliegen will. Also konnte mein Verdacht unbegründet sein. Es war einfach zum Erbrechen! Alles glich bis aufs Haar der Situation vor einigen Jahren, als es um Lu ging.
Ich zwang mich, nicht mehr an Renata zu denken, und beobachtete Bob. Ich betrachtete ihn heimlich, er sollte es nicht merken. Die Vorsicht war unnütz – Bob beachtete mich gar nicht, mich, der ich mir den Kopf darüber zerbrach, wie ich den Fuß wieder aus seinem Fettnäpfchen herausbekam. Bob schien mir ungewohnt nervös. Er saß nicht mehr wie ein Sadhu vor seinem Pult, sondern hatte sich etwas vorgebeugt und las mit argwöhnischem Blick die Instrumente ab. Das war ungewöhnlich, denn die optischen Anzeigen waren eigentlich überflüssig und dienten nur dem Kommandanten zur Kontrolle. Bob benö-
tigte sie nicht, weil er die Impulse in seinem Gehirn auswertete wie die Signale von Sinnesorganen. Seine Unruhe wirkte be-
ängstigend.
Sofort fiel
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