Alarm im Tunnel Transterra
Arglosigkeit glauben. Wir erwarten von Ihnen keine Heldentaten, Sie sollen einen Stein nehmen und ihn zu den anderen legen. Was meinen Sie, was Großvater Jeff dazu sagen würde?“ fragte Bob sarkastisch.
„Kanaille“, entgegnete Spinks matt. Bob lächelte. „Gut. Ich lasse Ihnen Bedenkzeit. Im übrigen mache ich Sie darauf aufmerksam, daß Sie nicht in der Lage sind, den Boxer zu fliegen.
Bedenken Sie das, falls Ihre Überlegungen damit enden sollten, daß ich doch nur eine kleine, stinkende Synthomratte bin.“
Spinks winkte müde ab. Er war fertig. Das war zwar schon alles geschluckt, aber noch lange nicht verdaut.
„Begeben Sie sich in Ihre Kabine!“ befahl Bob, und Spinks parierte ohne Widerspruch. Ich war erneut verblüfft. Daß Spinks so schnell umfiel, hätte ich nie vermutet. David hatte Goliath zu Fall gebracht. Der Blick jedoch, mit dem Spinks aus den Augenwinkeln heraus Bob musterte, belehrte mich eines Besseren. Er war eiskalt und lauernd. Als ein ähnlicher Blick Duck traf, erkannte ich, daß der Korenther noch lange nicht aufgegeben hatte. Offenbar suchte er eine schwache Stelle; seine Augen glitten suchend über den Metalleib Ducks. In diesem Moment beschloß ich, den Korenther keine Sekunde aus den Augen zu lassen.
Spinks verließ mit gesenktem Kopf, von Duck bewacht, den Steuerorbit. Gut gespielt! dachte ich grimmig. Aber nicht gut genug, um Pyron aufs Kreuz zu legen, Magister! Ich teilte Bob meine Befürchtungen mit.
„Ich weiß“, antwortete der Synthom. „So schnell gibt sich Spinks nicht geschlagen. Das würde überhaupt nicht seinem Wesen entsprechen. Aber er ahnt nicht, daß wir es einkalkulie-ren. Das bringt uns in Vorteil.“
Für Bob hatte ich nur noch Bewunderung. Jetzt war alles klar. Im Interesse seines Auftrages hatte er diszipliniert die Rolle gespielt, die nötig war, um einen Ansatzpunkt in Spinks’
Charakter zu finden. Warum aber war er das Risiko eingegangen, mich trotz Spinks’ Verbot anzusprechen? Ich fragte ihn danach.
„Sehr einfach, Pyron, du solltest mir helfen, du warst dazu in der Lage, und die Situation war günstig. Allerdings hatte ich mir deine Hilfe etwas anders vorgestellt, du solltest es nämlich tun, ohne etwas über die Liga zu erfahren. So hast du mir jedoch auch geholfen: Spinks wird darüber nachdenken, warum du dich gegen ihn, den großen, mächtigen Magister Spinks, gestellt hast. Und wenn er einmal beginnt nachzudenken, ist vielleicht schon viel gewonnen.“ Er zeigte auf das Bildfenster und fuhr fort: „Außerdem geht es um das Leben von dreißigtausend Raumfahrern!“
Bob hatte also die ganze Zeit über nicht eine Sekunde die Rettung der Formation HELIOS aus dem Blick verloren! Man bedenke, er als Synthom hatte doch wahrlich keinen Grund, den Menschen besondere Sympathien entgegenzubringen. Er –
eine mißgestalte, gequälte und ausgepreßte Kreatur! Und ich Esel war drauf und dran gewesen, ihn seiner Duldsamkeit wegen zu verachten…
Der Zwischenfall hatte auch bei mir Spuren hinterlassen. Ich ahnte dunkel, daß ich das erstemal in meinem Leben ohne langes Zögern Partei ergriffen hatte, so wie es mir mein Gewissen und meine ethische Haltung vorschrieben. Spontan, ehrlich und mit Einsatz. Mit dem Einsatz meines Unterkiefers, der noch immer heftig schmerzte. Ich war beinahe ein wenig stolz auf mich. Doch was waren meine Schmerzen gegen die von Bob. Wofür hatte er Spinks’ Schikanen und Brutalitäten still ertragen? Wie hatte er sie ertragen können, was hatte ihm die Kraft gegeben?
„Wie hast du das nur aushallen können…. das alles?“ fragte ich.
Bob schwieg eine Weile. Er hatte beide Hände über der Brust gekreuzt und lauschte auf etwas. Die Trauer, die dunkel in seine Augen trat, tat mir weh. War meine Frage taktlos? Er sprach: „Dieses Herz schlägt genau wie deins. Es ist ein menschliches Herz. Auch das Rot meines Blutes ist die Farbe menschlichen Blutes. Und auch meine Empfindungen und Gefühle sind durchaus menschlich. Bin ich ein Mensch?“ Er wartete meine Antwort nicht ab.
„Nein, wir Synthome sind keine Menschen. Es ist wahr, was Spinks sagte, ich empfinde etwas dem Glück Vergleichbares, wenn ich navigieren kann. Man hat mich gewissermaßen programmiert. Aber ich empfinde auch meine Häßlichkeit und Sinnlosigkeit. Ja, ich bin sinnlos. Ich kann keine Nachkommen haben und bin froh darüber, weil sie mich genauso verfluchen würden, wie ich den Genoplastiker verfluche, der aus einem Eiweißtropfen den
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