Alarm im Tunnel Transterra
Ein halbrunder Rumpf und fünf bis acht Beine oder Rüssel. Mehr habe ich nicht erkannt.“
Eins von den Quallenwesen! ging es mir durch den Kopf.
Mir blieb nicht viel Zeit, darüber nachzudenken. Bekanntlich kann ich nicht zwei Dinge zur selben Zeit tun. Rennen war diesmal eindeutig wichtiger.
„Wie sind Sie reingekommen, Magister, stand die Tür noch offen?“ fragte ich.
Spinks drehte sich zu mir um und grinste. Der Mensch hatte wirklich Humor, wenn er in einer Situation wie dieser zu grinsen vermochte. „Mit einem Perlmuttknopf, Inspektor. Ich dachte mir, sicher ist sicher, und habe das Oberhemd meiner Paradeuniform verstümmelt“, sagte er.
Wir rannten weiter. Spinks verlangsamte sein Tempo, wenn er merkte, daß ich nicht mithalten konnte. „Halten Sie sich an meinem Oberarm fest!“ befahl er mir, als mein Schritt immer schwerer und kürzer wurde. Es ging wirklich besser.
Meine Gefühle für Spinks begannen heftig miteinander zu streiten. Er hatte mich tatsächlich nicht im Stich gelassen!
Dieser Mensch war ein wandelnder Widerspruch. Mutig und feige, brutal und kameradschaftlich, selbstlos und egoistisch.
Vielleicht war er tatsächlich schizophren. Anders konnte ich es mir einfach nicht erklären.
„Danke, Magister!“ sagte ich spontan.
„Quatsch, versprochen ist versprochen. Sie haben mich nicht darum gebeten, also brauchen Sie sich auch nicht zu bedanken.
Großvater Jeff hielt das so: Frage einen ungebetenen Helfer nie, warum er das tut, aber gib ihm eins in die Fresse, wenn er kassieren will.“
Eben ein merkwürdiger Mensch mit merkwürdigen Ansichten, die teils verblüfften durch Treffsicherheit, teils aber auch eine mir fremde Moral offenbarten und mir somit unverständlich waren.
„Da, Magister, sehen Sie!“ schrie ich plötzlich auf. Im hinteren Ende des Ganges war ein Schatten aufgetaucht, der auf uns zulief.
Spinks blieb gleichgültig. „Das wird der Freund von vorhin sein, er will sich wohl verabschieden.“
Seine Kaltschnäuzigkeit war mir plötzlich sympathisch. Obwohl die meine restlos verschwunden war. Als ich dem Schatten hinterhergelaufen war, hatte ich weder Angst noch Erregung gespürt. Jetzt, als er auf uns zuschwankte, ergriffen Unruhe und Aufregung Besitz von mir. Ich war froh, nicht allein zu sein.
Der auf uns zukommende Schatten trug einen Raumanzug.
Spinks erkannte ihn vor mir. „Bob“, brüllte er ärgerlich, „ich habe dir doch gesagt, ich schaffe es allein! Was machst du hier, du Rindvieh? Wir haben keine Zeit! Lauf zurück, mach den BOXER klar!“
In dieser Sekunde war mein Kopf wieder klar. Die groben Worte des Korenthers wirkten auf mein eingeschläfertes Miß-
trauen wie ein Wasserguß. Insgeheim aber mußte ich Spinks recht geben, es war verantwortungslos von Bob, den BOXER
zu verlassen. Wenn es dafür keine wichtigen Gründe gab…
Bob kehrte nicht um. Er lief uns weiter entge gen und gesti-kulierte wild. Im Laufen zog er eine Speicherkapsel aus der Seitentasche des Skaphanders und drückte die Wiedergabeta-ste. Die monotone Automatenstimme krächzte uns entgegen:
„Höchste Gefahr! Raumkreuzer hat Chloremission wieder aufgenommen. Starke Energieentwicklung durch Annihilation.
Sofortige Umkehr erforderlich. Achtung, verlassen des Raumkreuzers nur entlang der Längsachse möglich! BOXER steht bereit…“
„Was bedeutet das?“ fragte Spinks nervös.
Bob deutete auf die Kapsel. Achternaks aufgeregte Stimme war zu hören. „Bob, Sie müssen den beiden Bescheid geben!
Wenn sie in die Annihilationswirbel geraten, ist es aus. Bringen Sie den BOXER in Position und holen Sie sie raus. Beeilen Sie sich, die Wirbel ziehen sich immer weiter zusammen…“
Das genügte! Nun hatte auch ich begriffen, worum es ging.
Alles deutete darauf hin, daß der fremde Raumkreuzer startbereit gemacht wurde! Wie ist das möglich? fragte ich mich verzweifelt. Habe ich mit ihnen gesprochen? Ist mir das Un-mögliche doch noch gelungen? Ich erinnerte mich an nichts.
An dieser Stelle war ein weißer Fleck in meinem Gedächtnis.
Im Augenblick war das jedoch absolut gleichgültig. Die Fremden wollten abfliegen, wir brauchten sie nicht zu vernichten, die Formation HELIOS würde ungefährdet den Tunnel TRANSTERRA passieren – das allein zählte!
Wir rannten wie von allen Teufeln der Hölle gehetzt. Bob ließ die Aufzeichnung der letzten Gespräche weiter ablaufen.
Er hatte den besten Weg gefunden, uns in aller Kürze zu warnen, denn ohne seinen Sensorhelm
Weitere Kostenlose Bücher