Alarm in Sköldgatan
fragte: »Worüber freust du dich denn so?«
»Gunvald«, antwortete Rönn und versuchte glucksend sein Gelächter zu unterdrücken. »Er scheint sich auf dem Wege der Besserung zu befinden. Du hättest ihn hören sollen, wie er über die Kleidungsstücke sprach, die sie ihm da gegeben haben. Und dann kam eine Schwester und hat ihn ausgeschimpft.«
»Was hat er denn zu der Sache mit Malm gesagt?«
»Er war wütend. Brüllte und tobte.«
»Willst du zu ihm hinfahren?«
»Ja, klar.«
Melander schob einen gehefteten Bericht über den Tisch. »Nimm ihm das mit. Vielleicht ist er dann zufrieden.«
Rönn saß eine Weile schweigend da, dann fragte er: »Legst du einen Zehner für Blumen dazu?«
Melander tat, als ob er nicht gehört hätte.
»Na, dann einen Fünfer«, sagte Rönn nach einer Minute. Melander beschäftigte sich mit seiner Pfeife.
»Einen Fünfer«, wiederholte Rönn hartnäckig.
Ohne eine Miene zu verziehen, nahm Melander seine Brieftasche und besah sich den Inhalt, hielt sie aber so, daß Rönn nicht sehen konnte, wieviel darin war. Schließlich sagte er: »Kannst du auf einen Zehn-Kronen-Schein rausgeben?«
»Klar, kann ich.«
Melander sah Rönn ausdruckslos an. Dann zog er einen Fünf-Kronen-Schein heraus und legte ihn oben auf den Untersuchungsbericht. Rönn steckte das Geld und die Papiere ein und ging zur Tür.
»Du, Einar«, sagte Melander.
»Ja?«
»Wo willst du die Blumen kaufen?«
»Weiß ich nicht.«
»Geh nicht zum Kiosk vor dem Krankenhaus. Die hauen dich übers Ohr.« Rönn ging. Melander sah auf die Uhr und schrieb:
Vorgang abgeschlossen. Weitere Maßnahmen werden nicht ergriffen. Stockholm, Mittwoch, den 13. März. Uhrzeit 14.30.
Er zog den Bogen aus der Maschine, angelte nach seinem Füllfederhalter und ergänzte die Akte mit einer total unleserlichen Unterschrift. Sie war so klein und krakelig, daß Kollberg zu sagen pflegte, sie sähe aus wie drei tote Mücken vom letzten Sommer. Dann legte er den Schnellhefter in den Kasten für die Hauspost, um den Bericht kopieren zu lassen. Bog eine Heftklammer auf, nahm eine neue Pfeife und begann darin zu kratzen.
Melander war bei seinen Berichten sehr genau. Er arbeitete sie ganz aus dem Gedächtnis und bestand darauf, daß alles auf dem Papier festgehalten wurde. Das gehörte zu seinem System. Einzelheiten kann man besser behalten, wenn man sie einmal klar und eindeutig formuliert hat, behauptete er. Er vergaß nie etwas, was er niedergeschrieben hatte. Andere Dinge vergaß er übrigens auch selten.
Das Feuer in der Sköldgatan hatte ihn genau fünf Tage Arbeit gekostet, von Freitag nachmittag bis zum Mittwoch. Da er eigentlich nicht vorgehabt hatte, am Wochenende zu arbeiten, freute er sich jetzt auf vier hintereinanderliegende freie Tage.
Hammar hatte schon sein Einverständnis gegeben, natürlich mit der Einschränkung: sofern nichts Besonderes passierte. War es noch zu früh, ins Sommerhaus nach Värmdö hinauszufahren? Kaum! Er konnte die Innenwände streichen, während seine Frau das Schrankpapier in den Küchenregalen erneuerte. Das Sommerhaus war sein ganzer Stolz. Er hatte es von seinem Vater geerbt, der auch bei der Polizei, genauer gesagt, Oberkonstabler in Nacka gewesen war, und sein einziger Kummer war, daß er selbst keine Kinder hatte, denen er das Haus zu gegebener Zeit vermachen konnte. Das Leben ohne Kinder war andererseits selbst gewählt. Eine Übereinkunft, zu der er und seine Frau zum Teil aus Bequemlichkeit, zum Teil nach eingehenden wirtschaftlichen Überlegungen gekommen waren. Damals hatte man noch nicht absehen können, daß die Löhne der höheren Polizeibeamten so schnell steigen würden, und außerdem war er sich immer über die Risiken, die sein Beruf mit sich brachte, im klaren gewesen und hatte sich danach gerichtet.
Er war mit der Reinigung der Pfeife fertig, stopfte sie und steckte sie an. Dann stand er auf und ging auf die Toilette. Er hoffte, daß das Telefon nicht klingeln würde, solange er es noch hören konnte.
Im Untersuchen eines Tatortes hatte Fredrik Melander zu dieser Zeit wohl mehr Erfahrung als jeder andere aktive Kriminalbeamte des Landes. Er war achtundvierzig Jahre alt und hatte seine erste Ausbildung bei Spezialisten wie Harry Söderman und Otto Wendel erhalten. Während der Jahre bei der Reichsmordkommission, die damals zur Staatlichen Polizei gehörte, und später bei der Fahndungsbehörde der Stockholmer Polizei, wohin er sich nach der Verstaatlichung der gesamten Polizei
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