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Alarm in Sköldgatan

Alarm in Sköldgatan

Titel: Alarm in Sköldgatan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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am 1. Januar 1965 hatte versetzen lassen, hatte ihn seine Arbeit an viele hundert Tatorte jeder nur möglichen Art geführt. Der überwiegende Teil davon hatte wenig erfreulich ausgesehen. Aber Melander war nicht der Mann, der sich davon aus dem seelischen Gleichgewicht bringen ließ. Er hatte die Gabe, zu seiner Arbeit den nötigen Abstand zu wahren. Viele Kollegen beneideten ihn darum, ihm selbst kam das jedoch nie zum Bewußtsein.
    Aus diesem Grund hatte auch das, was er in der Sköldgatan gesehen hatte, sein Gefühlsleben nicht nennenswert gestört.
    Die Arbeit auf der Brandstelle erforderte Ausdauer und systematisches Vorgehen. Zuerst mußte festgestellt werden, wie viele Personen im Feuer umgekommen waren. Nach und nach fand man drei Körper, die als die Leichen von Kristina Modig, Kenneth Roth und Göran Malm identifiziert wurden. Das hatte man erwartet. Alle drei waren stark verbrannt. Malm zum Teil verkohlt. Sein Körper wurde zuletzt gefunden, als man sich endlich zu der untersten Schicht der Ruine durchgearbeitet hatte. Die kleine Modig lag im westlichen Teil des Hauses, der vergleichsweise die wenigsten Schäden aufwies. Die beiden Männer befanden sich im vollständig zerstörten östlichen Teil, wo der Brand offenbar entstanden war. Kristina Modig war gerade vierzehn Jahre alt gewesen und noch zur Schule gegangen. Kenneth Roth und Göran Mahn waren zum Zeitpunkt ihres Todes siebenundzwanzig beziehungsweise zweiundvierzig Jahre alt. Beide waren vorbestraft und schienen keinen festen Arbeitsplatz gehabt zu haben. Alles das war im großen und ganzen schon vorher bekannt gewesen.
    Der zweite Teil der Untersuchungen sollte die Fragen nach der Todesursache und der Entstehung des Feuers klären.
    Die Beantwortung der ersten Frage war Sache des Obduzenten beim Staatlichen Gerichtsmedizinischen Institut. Über die zweite Frage mußte sich Melander den Kopf zerbrechen. Er hatte zwar mehrere Experten von der Feuerwehr und vom Kriminaltechnischen Labor zur Verfügung, von denen aber wenig zu holen war. Ihr hauptsächlicher Beitrag zur Untersuchung waren fragende Gesichter und tiefe Falten auf der Stirn.
    Melander ließ mehrere hundert Fotografien anfertigen. Sobald einer der Körper gefunden und freigelegt wurde, Kristina Modig am Tag nach dem Brand, Kenneth Roth am Sonntag und Göran Malm erst am Montagnachmittag, ließ er sie von allen Seiten fotografieren und schickte erst danach die Überreste zur Obduktion.
    Es waren keine besonders schönen Leichen, aber da der Verbrennungsprozeß vergleichsweise kurz gewesen war und der Körper des Menschen zu neunzig Prozent aus Flüssigkeit besteht, waren sie noch gut erhalten, und die Gerichtsmediziner hatten ausreichend Material für ihre Arbeit.
    Die ersten Gutachten brachten denn auch keine Überraschungen. Kristina Modig war an Kohlenoxidvergiftung gestorben. Sie hatte ein Nachthemd angehabt und in ihrem Bett gelegen. Alles wies darauf hin, daß sie im Schlaf erstickt war. In ihren Atmungsorganen und in den Luftwegen wurden Rußpartikel gefunden.
    Bei Kenneth Roth verhielt es sich ebenso, abgesehen davon, daß er unbekleidet und bei Bewußtsein gewesen war. Bei dem Versuch, sich zu retten, hatte er sich schwere Brandwunden zugezogen. Auch er hatte den erstickenden Rauch eingeatmet und hatte Ruß in der Kehle, im Hals und in der Lunge. Nur bei Göran Malm lag der Fall anders.
    Außerdem gab es weitere, mehr augenfällige Unterschiede. Malm war zwar liegend auf seinem Bett gestorben, aber soviel man erkennen konnte, war er vollständig angekleidet gewesen. Vieles deutete darauf hin, daß er nicht nur Unterwäsche, Hosen und Jackett, sondern auch Strümpfe, Schuhe und Mantel angehabt hatte. Der Körper war stark verkohlt und lag in der sogenannten Fechterstellung, eine Erscheinung, die durch die hitzebedingte Kontraktion der Muskeln ausgelöst wird. Alles deutete darauf hin, daß der Brand in seiner Wohnung entstanden war, aber nichts, daß er etwas davon bemerkt oder sich zu retten versucht hatte.
    Was die Brandursache betraf, hatte Melander schon während des Gesprächs am Freitagnachmittag mit Kollberg und Martin Beck seine eigene Theorie gehabt. Es wäre ihm jedoch nicht im Traum eingefallen, damit herauszurücken. Das Feuer hatte mit einer Art Explosion begonnen und sich dann sehr schnell ausgebreitet. Melander war fest überzeugt, daß die Explosion durch einen Glutbrand verursacht worden war, ein schwelendes Feuer ohne Flammen, das vielleicht schon stundenlang

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