Alarm! Kloesschen ist verschwunden - Terror aus dem Pulverfass - Die Falle im Fuchsbach
miteinander befreundet: Kläschbach, der Internatsschüler, und Fährmann, der Externe. Kläschbach wohnte drüben im Gelben Haus. Tim mochte ihn nicht. Kläschbach war groß und dick, trug einen Kurzhaarschnitt und eine Hornbrille mit dicken Gläsern. Kläschbach wirkte wie 30, war aber erst 19. Er lachte selten, spielte recht gut Tischtennis und hatte immer eine Tüte Gummibärchen in der Tasche.
Fantastisch!, dachte Tim. Jetzt kenne ich schon vier aus der Schutzgeldmafia. Aber die Beweise fehlen. Fährmann darf nicht misstrauisch werden. Deshalb verhalte ich mich so, wie ich’s täte, wenn Fährmann nichts weiter wäre als Schulsprecher-Vize. Ich stelle ihn zur Rede! Wegen der Sache beim Direx. Logo! Ich rücke dem Stinktier auf die Pelle. Nachher! Wenn er zu Hause beim Abendessen sitzt und nichts Böses erwartet. Das wird eine Show.
*
Ginge es nur um den Pony, hätte Gaby es selbst erledigt. Tims Freundin hatte Übung, was das betraf. Mit der Papierschere konnte Gaby sich den goldblonden Pony, der ihr meistens tief in die Augen hing, hervorragend kürzen – so sie wollte. Doch diesmal sollten sämtliche Haarspitzen gekürzt werden. Um etwa einen Zentimeter, höchstens. Und diese verantwortungsvolle Aufgabe überließ man besser einem Frisör.
Es war 17.30 Uhr, als Gaby den Salon PRACHT betrat.
Frau Pracht, die Chefin, wusste gleich Bescheid, denn der Termin war vereinbart.
»Nimm dort schon mal Platz, Gaby«, sie deutete auf einen Frisierstuhl in der Ecke. »Aber einen kleinen Moment dauert’s noch. Du wolltest ja, dass Carina dich schneidet. Wie immer. Ja, ich weiß. Sie hat das richtige Gespür für Langhaar. Ich hatte nur ganz vergessen, dass Carina heute ihren freien Nachmittag hat. Aber.... Keine Sorge! Als Carina hörte, dass du dich angemeldet hast, sagte sie sofort, sie käme vorbei. Ist doch reizend, nicht? Um halb sechs, habe ich ihr gesagt. Jetzt ist es schon... Aber bestimmt wird sie gleich hier sein.«
Frau Pracht redete immer wie ein Wasserfall.
Gaby hängte ihre Jacke an einen Garderobenhaken, nahm Platz, schlug eine Illustrierte auf und wartete.
Carina Vadutti, die junge Italienerin, lernte noch, zeigte aber viel Geschick und war nett. Gaby ließ ihre Prachtmähne schon zum dritten Mal bei ihr nachschneiden. Hoffentlich kam sie bald.
Auf der dritten Seite stellte Gaby fest, dass sie das Wochenblatt schon kannte. Sie legte es weg. Ein anderes Journal war nicht zur Hand. Gaby betrachtete sich im Spiegel und dachte an ihre Freunde – vornehmlich an Tim, den sie seit Schulschluss nicht gesehen hatte. Was für gewöhnlich selten vorkommt.
Dann – mit fünf Minuten Verspätung – stürmte Carina herein. Sie war außer Atem, begrüßte Gaby, legte den Mantel ab und machte sich an die Arbeit. Haarwäsche war nicht erforderlich. Das hatte Gaby vorhin schon besorgt. Die Effilierschere klapperte. Seidige Haarspitzen fielen zu Boden.
Im Gegensatz zu Frau Pracht arbeitete Carina schweigend.Ihr hübsches Gesicht mit den dunklen Augen wirkte heute etwas blass.
Die Prozedur dauerte nicht lange. Dann wurde Gaby der Frisierumhang abgenommen.
»Ausgezeichnet, Carina«, lobte sie. »Der Pony hat jetzt die ideale Länge. Ich kann noch dagegen pusten. Aber ich sehe auch genug, wenn ich nicht puste.«
Carina lächelte erfreut.
Gaby schlüpfte in ihre Jacke und trat zur Kasse, wo Frau Pracht schon die Rechnungssumme eintippte.
Die Jacke, die Gaby heute trug, war ziemlich lang, blau und Wasser abweisend – also nicht ganz regendicht. Immerhin. Von den vier Außentaschen hatten zwei einen Reißverschluss.
Gaby wusste mit Sicherheit, dass sie ihr Portemonnaie in die rechte Reißverschluss-Tasche gesteckt hatte.
Aber die war leer.
Gabys Lächeln erlosch. Sie wurde unruhig. Schmale Hände fuhren in sämtliche vier Taschen.
Schlüsselbund und das Päckchen Papiertücher waren noch da.
»Mein... Portemonnaie ist weg.«
Ihre Stimme zitterte.
Frau Pracht – die immer die modernste Frisur in Rot oder Rotblond trug – hob die dünn rasierten Augenbrauen. »Hast du’s zu Hause vergessen?«
»Nein.«
»Macht nichts, Gaby. Du kannst morgen bezahlen.«
»Frau Pracht! Es ist weg. Aber verloren... nein, verloren habe ich’s bestimmt nicht. Höchstens hier. Ich hatte es nämlich noch, als ich reinkam. Das weiß ich genau. Ich habe extra danach gefühlt.«
»Du meinst, es ist hier bei uns rausgefallen?«
Frau Pracht beugte sich vor und blickte über den Boden.
»Um Gottes willen!«, flüsterte Gaby.
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