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Alasea 01 - Das Buch des Feuers

Alasea 01 - Das Buch des Feuers

Titel: Alasea 01 - Das Buch des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Buch des Feuers
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spürte er ein heftiges Ziehen, wenn das Herz seines Volkes ihn rief, vor allem dann, wenn er einen Halt oder eine Ruhepause einlegte - so wie jetzt.
    Er bemühte sich, den Drang, den Mann aus den Bergen einfach auf der Klippe zurückzulassen und den Marsch allein fortzusetzen, zu missachten. Doch das war nicht nach Art der Og’er. Ein Stammesmitglied ließ ein anderes nicht im Stich, schon gar nicht in einer gefährlichen Lage. Diese Eigenschaft war bei allen Og’ern ausgeprägt - sogar bei einem Halbblut. Ein edler Zug, dachte Tol’chuk, aber leider auch der Hauptgrund dafür, dass die Kriege zwischen den Stämmen historisch gesehen so verbittert und lang gewesen waren. Einem Mitglied eines Stammes ein Leid zuzufügen war gleichbedeutend mit einem Angriff auf den gesamten Stamm. Kein Übergriff blieb ungeahndet, keine Bedrohung wurde ohne Gegenbedrohung hingenommen, bis die gesamte männliche Bevölkerung eines der beiden Krieg führenden Stämme völlig vernichtet war. Tol’chuks Miene verfinsterte sich bei diesen düsteren Gedanken. Abgesehen von religiösen Zeremonien hatte es niemals eine Zeit gegeben, da sich alle Og’er-Stämme vereinigt hatten. Und in Anbetracht der Eigentümlichkeit seines Volkes und des Ehrenkodex der Krieger bezweifelte er, dass es dazu jemals käme.
    Manchmal waren Ehre und Treue, so wurde ihm mit einem Seufzen klar, doch keine so edlen Tugenden.
    Zum Glück brauchte Tol’chuk nicht mehr lange zu warten. Kral, dessen Brust sich heftig hob und senkte, sprang vom letzten Stein und landete neben ihm.
    »Ich hoffe, wir haben die richtige Entscheidung getroffen, indem wir diesem Weg folgen.« Kral presste die Worte zwischen keuchenden Atemstößen hervor. »Da wieder hinaufzuklettern, das schaffen wir nie.«
    Tol’chuk zuckte mit den massigen Schultern. »Wir werden einen anderen Weg nach oben finden.« Er ging voraus in die Richtung, in der Ferndal und die Lampen zuletzt zu sehen gewesen waren. Er hörte ein leises Stöhnen, als der Gebirgler seine Beine zwang, ihm zu folgen. Kral hätte wahrscheinlich nach der Kletterei eine Ruhepause gebraucht, aber Tol’chuk wollte nicht, dass der Wolfbruder einen zu großen Vorsprung bekäme. Wenn dieses unterirdische System das gleiche war wie in den heimatlichen Höhlen von Tol’chuks Stamm, mit dem Gewirr von verschlungenen und sich verzweigenden Tunneln, dann wäre Ferndal selbst mit geringem Abstand leicht für ihn verloren. Er drängte den Mann aus den Bergen weiter. »In der Schnelligkeit liegt unsere Hoffnung, von den Felskobolden nicht eingeholt zu werden.«
    »Und die beste Art und Weise, wieder mit ihnen zusammenzustoßen«, fügte Kral hinzu, hielt aber mit dem Og’er Schritt.
    Sie setzten ihren Weg schweigend fort und schonten ihren Atem für die Wanderung über das unebene Gelände. Während sie so dahintrotteten, wurde die Luft dick wie Ziegenmilch. Tol’chuks große Brust sog sie ohne Mühe in sich ein. Ein Og’er war gebaut für die tiefen Höhlen unter den Bergen. Kral hingegen hatte auf den hohen, schneebedeckten Gipfeln gelebt und war an die dünne Luft gewöhnt, die über die Zahnberge wehte. Die stehende, stickige Luft machte ihm das Vorankommen noch beschwerlicher. Der große Mann bemühte sich nach Kräften, nicht hinter dem Og’er zurückzubleiben.
    Tol’chuk lauschte ständig auf Krals mühsames Keuchen. Der Mann aus den Bergen jammerte nicht, doch Tol’chuk wusste, dass eine Rast in Kürze nötig war. Er ließ den Blick durch die Höhle schweifen. In einer gewissen Entfernung vor ihnen lag ein Haufen Steine im Weg. Wenn sie zumindest bis dorthin gelangen könnten, ohne anzuhalten, dann wären sie dem Tunnel, in dem Ferndal verschwunden war, schon sehr nahe.
    Tol’chuk, dessen Aufmerksamkeit von Krals Atmen und dem rutschigen Gelände mit den losen Steinen in Anspruch genommen war, merkte nicht, dass sich ein Schatten von einem Steinbrocken löste und auf ihn zutrat, bis die Gestalt ihm direkt im Weg stand.
    »Ich möchte bitte meinen Stein haben«, sagte die Gestalt.
    In dem grünlichen Schimmer des von Kral mitgeführten Steins entpuppte sich die Gestalt als das Wesen mit dem Namen Merik, der Elv’en-Mann. Sein weißes Hemd war zerrissen und beschmutzt mit Schlamm und dunkleren Flecken, die nur Blut sein konnten. Die grüne Hose war aufgerissen, und ein Fetzen seines Hemdes war um den Oberschenkel gewickelt. Blut rann am Bein hinab. Ein schwarzer Bluterguss hob sich von der weißen Wange ab. Er wiederholte

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