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Alasea 01 - Das Buch des Feuers

Alasea 01 - Das Buch des Feuers

Titel: Alasea 01 - Das Buch des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Buch des Feuers
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Vielleicht hatte ein Fuchs oder eine Wildkatze den Vogel erwischt. Sie umklammerte voller Sorge ihren Hals, während sie mit den Augen das Hofgelände absuchte.
    Der Pferdestall stand genau auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes. Sie hörte das Wiehern der Stute und des Hengstes. Auch sie hatten offenbar begriffen, dass das Schreien der Eule Grund zur Wachsamkeit war. Der Hof unter ihrem Fenster war leer. Nur ein Schubkarren und ein von Steinen stumpf gewordener Pflug, den ihr Vater instand setzte, standen auf der festgestampften Erde.
    Elena schob ihr Fenster auf. Als sie sich hinauslehnte, flatterte ihr Nachthemd in der kalten Luft, doch sie merkte es kaum. Sie blinzelte und versuchte, irgendeine Bewegung in der Dunkelheit auszumachen. Da war nichts.
    Nein! Sie trat einen Schritt vom Fenster zurück. Ganz am Rand des leeren Schuppens, in dem die Schafe während der Zeit der Schur untergebracht waren, bewegte sich ein Schatten, Eine Gestalt… nein, zwei Gestalten traten aus der Dunkelheit unter den Zweigen der Obstbäume ins schwache Mondlicht, das den Hof schemenhaft zeigte. Ein Mann mit Kapuze und einem Krummstab und ein dünner Mann, der seinen gebückten Begleiter um einen Kopf überragte. Irgendwie wusste sie, dass dies keine verirrten Wanderer waren, sondern finstere, bedrohliche Wesen.
    Plötzlich flog Nadelschwanz kreischend in den leeren Hof, gerade eben eine Handspanne über den Kopf des größeren der beiden Männer hinweg. Der Mann duckte sich leicht und hob erschreckt einen Arm. Der Vogel nahm keine Notiz von ihm und glitt über den freien Platz, in dramatischer Schräglage und mit etwas kämpfend, das er in den Krallen gefangen hielt. Elena empfand Erleichterung, weil Nadelschwanz unversehrt war.
    Da machte die Eule im Fluge kehrt, drosch mit den Flügeln wild um sich und trudelte zu Boden. Elena hielt die Luft an, doch bevor der Vogel auf der Erde aufprallte, breitete Nadelschwanz die Flügel aus, bremste den Fall ab und segelte wieder nach oben - genau auf sie zu! Elena taumelte ein paar Schritte vom Fenster zurück, als der Vogel zum Fenstersims schwebte und dort hart landete, den Schnabel zu einem zornigen Schrei aufgerissen.
    Zunächst dachte Elena, der Vogel habe eine Schlange gefangen, aber sie hatte noch nie eine so ekelhaft weiße Schlange gesehen; das Ding sah aus wie der Bauch eines toten Fischs. Es wand sich im Griff des Vogels. Nadelschwanz hatte offensichtlich große Mühe, das Geschöpf nicht loszulassen, und dem Schreien des Vogels nach zu urteilen, bereitete diese Mühe dem Vogel äußerste Pein. Warum lässt Nadelschwanz das abscheuliche Etwas nicht einfach fallen?, dachte sie. Warum trägt er es weiter mit sich herum?
    Dann wusste Elena, warum. Sie sah, wie sich das wurmähnliche Ding tiefer in die Brust der Eule hineinbohrte. Nadelschwanz trug das Ding nicht, er versuchte vielmehr, sich davon zu befreien. Nadelschwanz versuchte mit wild arbeitenden Klauen zu verhindern, dass es sich noch tiefer in ihn hineingrub. Der Vogel verdrehte die großen gelben Augen in ihre Richtung, als ob er sie um Hilfe anflehte.
    Elena rannte zu ihm hin. Nadelschwanz zitterte auf dem Fenstersims und versuchte, sich mit einer Klaue im Gleichgewicht zu halten und gleichzeitig mit der anderen gegen das widerliche Geschöpf zu kämpfen. Sie streckte die Hand zu ihrem Freund aus, doch da war es schon zu spät. Die Schlange riss sich aus den Krallen der Eule los und bohrte sich vollends in den Vogelrumpf hinein. Nadelschwanz erstarrte, sein Schnabel klaffte in Todespein weit auf, dann fiel er nach hinten, tot; er stürzte vom Fenster in die Tiefe.
    »Nein!« Elena tat einen Satz zum Fenster, lehnte sich auf den Sims, suchte nach Nadelschwanz. Unten entdeckte sie seinen zerbrochenen Körper, zerschmettert auf der festgestampften Erde des Hofes. Tränen rannen ihr übers Gesicht. »Nadelschwanz!«
    Plötzlich wogte der Boden unter seinem Körper wie Treibsand. Elena schrie schrill auf, als Hunderte von Schlangenungeheuern wie eine einzige Masse aus der Erde krochen und den Vogel verschluckten. Innerhalb von zwei Herzschlägen war von ihm nichts anderes mehr übrig als ein Häuflein von dünnen weichen Knochen und ein Schädel, dessen leere Augenhöhlen sie anstarrten. Die Knie wurden ihr weich, als die Würmer wieder im Erdboden verschwanden. Irgendwie wusste sie, dass sie im Verborgenen auf der Lauer lagen, immer noch gierig nach weiterem Fleisch.
    Mit Tränen in den Augen spähte sie erneut zu den beiden

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