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Alasea 01 - Das Buch des Feuers

Alasea 01 - Das Buch des Feuers

Titel: Alasea 01 - Das Buch des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Buch des Feuers
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Wasser und Steine. Sie rieb sich die brennenden Augen. Eine Täuschung des Lichts aufgrund ihrer Erschöpfung, das war alles.
    Doch warum hatte dann ihre gefleckte Hand beim Aufblitzen des Bildes im Wasser plötzlich gebrannt wie Feuer, als ob sie von der Sonne berührt worden wäre? Einen Augenblick später war die Hitze genau wie das Bild verschwunden.
    Warum hatte Joach die Frau nicht gesehen, ja nicht einmal den silbernen Schimmer?
    Nebelbraut stieß sie mit der Nase an. Sie trottete rasch hinter Joach her. Es gab zu viele Fragen. Vielleicht würde sie in Winterberg Antworten finden.
     

 
     
    10
     
    Die Morgendämmerung zog kalt in das winzige Zimmer des Gasthauses ein. Er’ril lag in eine Decke eingewickelt am Boden; sein Rucksack diente ihm als Kopfkissen. Er war schon früh aufgewacht und hatte beobachtet, wie die ersten Strahlen der Morgensonne die Staubteilchen im Raum in einem langsamen Tanz bewegten. Es war ein langer Abend gewesen. Er und Ni’lahn hatten bis spät in die Nacht hinein geredet, bis schließlich beide übereinstimmend fanden, dass sie unbedingt ein paar Stunden Schlaf brauchten, um dem neuen Tag entgegenzutreten.
    Ni’lahn war auf dem Bett schnell eingeschlafen, noch angezogen, die Laute an die Brust gedrückt wie einen Liebhaber. Er’ril hingegen hatte nur hin und wieder ein wenig gedöst, und selbst diese wenigen Augenblicke des Schlummers wurden von schrecklichen Träumen heimgesucht. Schließlich hatte er es aufgegeben und stattdessen beobachtet, wie der Morgen dämmerte.
    Während er in die zunehmende Helligkeit blickte, drehten sich seine Gedanken auf tausend Zapfen; alte Erinnerungen, Fragen, Ängste tauchten auf. Warum war er bei dieser seltsamen Frau geblieben? fragte er sich. Nachdem sie die Augen geschlossen hatte und ihre Atemzüge langsamer geworden waren, hätte er sich leicht davonschleichen können. Doch ihre Worte hielten ihn in dem Zimmer gefangen. Hatte die Begegnung mit dieser Nyphai-Frau eine tiefere Bedeutung, wie sie es unterstellte? War in dem tosenden Feuer im Obsthain ein Omen verborgen? Und warum… warum war er in dieses verfluchte Tal zurückgekehrt?
    Er kannte die Antwort auf diese letzte Frage. In seinem Herzen konnte er sich nicht vor den Erinnerungen verstecken, die ihn in dieses Tal zurückzogen. Gestern Abend war der Jahrestag des Bindens des Buches gewesen - und des Verlustes seines Bruders. Er’ril sah immer noch Schorkan, Greschym und den Jungen - dessen Namen er nie erfahren hatte - vor sich, in dem Wachskreis kauernd, während in der Ferne Trommeln schlugen.
    Vor fünfhundert Wintern hatte er sich in einer ähnlichen Gastwirtschaft befunden, das Buch fest im Griff, während das Blut eines Unschuldigen eine Lache um seine Füße bildete. Ohne dass Er’ril davon wusste, hatte die Vergänglichkeit der Zeit für ihn in diesem Augenblick aufgehört. Viele Jahre mussten ins Land gehen, bis ihm klar wurde, welcher Fluch ihm an jenem Abend auferlegt worden war: niemals zu altern. Er musste zusehen, wie jene starben, die er bis zum liebesfähigen Alter aufgezogen hatte, während er ewig jung blieb. Er hatte in den Augen der anderen Zorn gesehen: Warum muss ich altern und du lebst weiter? Schließlich hatte es ihn zu sehr geschmerzt, dieses immer wieder erleben zu müssen, und er hatte beschlossen, auf Wanderschaft zu gehen, nirgendwo zu Hause zu sein, keine Freunde zu haben.
    Alle hundert Winter kehrte er in dieses Tal zurück, in der Hoffnung, eine Antwort zu finden. Wann wird das aufhören? Warum muss ich leben? Während das Land alterte, beobachtete er, wie die Narben der Schlacht jener schicksalhaften Nacht im Tal allmählich verheilten. Die Menschen vergaßen; niemand erinnerte sich mehr an die Toten, nichts wies auf ihre Gräber hin. Er aber kehrte jedes Jahrhundert zurück, zu Ehren der Gefallenen, die beim Marsch der Herren des Schreckens umgekommen waren. Sie verdienten wenigstens einen Menschen, der das Gedenken an ihre Tapferkeit und ihren Opfermut aufrechterhielt.
    Er’ril wusste, er hätte sich in sein Schwert stürzen und diesen Fluch beenden können; dieser Gedanke war ihm in vielen schlaflosen Nächten durch den Kopf gegangen. Aber sein Herz erlaubte es ihm nicht. Wer würde sich dann noch an die Tausenden erinnern, die in jener Nacht vor so vielen Wintern gestorben waren? Und sein Bruder Schorkan, der durch seinen Tod dem Buch Leben gegeben hatte - wie hätte sich Er’ril seiner Verantwortung entziehen können, wenn sein Bruder so

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