Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alasea 02 - Das Buch des Sturms

Titel: Alasea 02 - Das Buch des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Buch des Sturms
Vom Netzwerk:
ungestüme Pferd zähmte. Danach ließ sich das Tier am Halfter über die Planken in den Pferch führen.
    Er’rils Hengst erwies sich jedoch als äußerst stur und widerborstig. Er stammte von den Jägern, die in dem Lager am Fuß der Berge von Vira’ni getötet worden waren, und hatte sich immer noch nicht so recht mit Er’ril angefreundet, auch nicht nach der langen Reise durch die Ebene von Standi. Er’ril hatte das Tier für sich selbst ausgesucht, weil er ein gutes Reittier sofort erkannte. Anhand des breiten Widerristes und des kräftigen Nackens ließ sich die Abstammung des Tieres eindeutig zurückverfolgen bis zu den großartigen Wildpferden in den Steppen des Nordens, einer überaus robusten und feurigen Rasse. Auch seine Farbe verriet sein Erbe: ein Gesprenkel aus Gold- und Silbertönen und Schwarz auf weißem Untergrund, eine angeborene Tarnung, die sich an die Schneeflächen und Steine der Steppe anpasste.
    Während zwei Deckarbeiter vorn am Zügel zogen, hatte Er’ril den gefährlichen Platz an der Hinterseite des Pferdes eingenommen. Er hatte sich den Schwanz am Ansatz um die Hand gewickelt und drehte ihn jetzt nach oben - ein Versuch, das Pferd voranzutreiben. Jeder Schritt war ein mühsames Unterfangen, und jedes Mal, wenn das Tier wieder zurückstrebte, fluchten die Deckarbeiter wütend.
    »Bearbeitet ihn mit einer Peitsche!« rief der Kapitän vom Schiffsbug her. Er war ein stämmiger, untersetzter Mann mit kurzen, muskulösen Gliedmaßen, der ständig die Arme in die Luft warf - zum Zeichen seiner Ungeduld mit der Tölpelhaftigkeit seiner Mannschaft. Jetzt tat er es wieder. »Wir verlieren die beste Zeit des Tages mit diesem närrischen Vieh!«
    Ein Matrose kam mit einer Rute in der Hand angerannt.
    »Wenn du mein Pferd schlägst«, sagte Er’ril kalt, »dann schiebe ich dir diese Peitsche so tief in den Arsch, dass du sie noch jahrelang schmecken wirst!«
    Der Deckarbeiter zögerte. Als der Mann das eisige Funkeln in Er’rils grauen Augen sah, wich er ein Stück zurück.
    Sobald Er’ril seine Aufmerksamkeit wieder seinem Ross zuwandte, merkte er, dass dieses seinerseits ihn ansah. Es musterte Er’ril eine Weile, dann schnaubte es und warf den Kopf hin und her, ehe es - ohne sich weiter zu sträuben - die Planke hinauflief.
    Er’ril führte das Pferd zum Pferch und vergewisserte sich, dass alle Wassereimer voll waren, dass das Heu frisch war und dass die Hafertröge nicht überflossen. Es wäre nicht gut, wenn die Pferde während ihrer Reise an Bord Koliken bekämen. Da er mit allem zufrieden war, klopfte er seinem Pferd sanft auf die Nase und ging zu den anderen.
    »Alles erledigt«, sagte er, als er sich zu der Gruppe an der Reling gesellte. Während Er’ril bei den Pferden gewesen war, war der Kapitän zu Mikela und Elena gekommen. Elena hatte Ferndal die Hand auf den Hals gelegt und fuhr ihm gedankenverloren mit der behandschuhten Rechten durchs Nackenfell.
    »Dann können wir ablegen«, sagte der Kapitän. Er stapfte mit rot angelaufenem Gesicht davon. Offenbar hatte ihn die Unterhaltung mit Mikela, um was es dabei auch gegangen sein mochte, aufgeregt.
    Er’ril nickte in die Richtung, wo der Kapitän seinen Hilfsmatrosen polternd befahl, vom Pier loszumachen. »Worüber habt ihr denn gesprochen?«
    Mikela tat die Frage mit einer Handbewegung ab. »Er wollte die volle Bezahlung für die Reise nach Landende im Voraus.« Sie schüttelte den Kopf und wandte sich der Beobachtung der emsigen Arbeiter an Deck zu. »Wie kann er es wagen, mich für so dumm zu halten?«
    »Wenn du so leichtfertig dein Silber blitzen lässt«, entgegnete Er’ril, »bleibt es nicht aus, dass du ihre Gier weckst.«
    Mikela sah Er’ril wieder an. Sie lehnte an der Reling, während die Mannschaft sich daran machte, das Schiff mit langen Pfählen vom Pier abzustoßen. »Du hältst mich offenbar auch für ganz schön dumm«, sagte sie und sah ihn scharf an. »Es geschah mit Bedacht, dass ich ihnen einen so großzügigen Einblick in meinen Geldbeutel gewährt habe. Unter den schlecht bezahlten Arbeitern im Hafen wird sich das Gerücht von einem reichen Paar und seinem Sohn …« - sie legte Elena die Hand auf die Schulter - »… auf der Reise nach Landende schon verbreitet haben. Das ist eine gute Tarnung für Elena. Genau wie im Fall deines Zirkus ist es manchmal am besten, sich nicht zu verstecken.«
    Er’ril konnte ihr nicht widersprechen, versuchte es aber dennoch. »Sollten wir dann nicht doch dem Kapitän

Weitere Kostenlose Bücher