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Alasea 02 - Das Buch des Sturms

Titel: Alasea 02 - Das Buch des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Buch des Sturms
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dem Duft beigemischt.
    Flint hatte offenbar ihren Blick bemerkt und rümpfte die Nase. »Ein Balsam aus Weidenrinde und Bitterwurz. Dadurch bekommt Conch Kraft, und er verhindert ein Eitern seiner Wunden; außerdem lindert er die Schmerzen.«
    Saag-wan nickte, ohne seine Worte richtig gehört zu haben. Die klaffende Wunde in Conchs Brust, die von einem Speerstoß herrührte, fesselte ihre ganze Aufmerksamkeit. Die geschuppten Ränder waren von der breiten Wunde zurückgewichen, sodass die Muskeln und Knochen darunter bloßlagen. Saag-wan kannte die Gefahren, die selbst kleine Verletzungen im Meer in sich bargen. Parasiten und ansteckende Krankheiten schlugen schnell Wurzeln in offenen Wunden und führten zu Pestilenz und Siechtum. Meerwasser ergoss sich bei jedem bebenden Atemzug platschend aus dem ausgefransten Loch.
    Als sie das volle Ausmaß seiner Verletzungen sah, sank Saag-wans Mut. Zur Bestätigung ihrer Angst bemerkte sie den Blick, den ein Heiler dem anderen zuwarf, und das bekümmerte Kopfschütteln. Auch sie erkannten den Tod, wenn sie sich ihm gegenüber sahen.
    O Conch! Tränen rannen ihr über die Wangen, und ihre Knie drohten nachzugeben. Flint fing sie auf, bevor sie stürzte. Er winkte Kast zu sich. »Hilf mir mal. Sie braucht das nicht mit anzusehen.«
    »Nein, ich möchte bleiben und …« Aber ihre Worte wurden von einem Schluchzen erstickt.
    Sie spürte, wie Kast sie wieder mit seinen kräftigen Armen hochhob.
    »Ich kenne ein warmes Plätzchen«, sagte Flint. »Dort kann sie sich ausruhen, während die Heiler ihre medizinischen Künste anwenden.«
    »Also, dann geh voraus«, erwiderte Kast mit heiserer, belegter Stimme.
    Flint nickte. Er wandte sich ab und murmelte leise etwas vor sich hin. Obwohl die Worte nicht zu verstehen waren, verriet der angespannte und düstere Tonfall seinen Kummer. Er räusperte sich und deutete mit einem Nicken nach vorn. »Es ist nicht weit.«
    Der Tunnel, der von dem Anlegeplatz wegführte, roch nach dem Weidenrindensud der Heiler. Der Geruch war eine ständige Mahnung an Conchs bevorstehenden Tod. Keiner sprach, während Flint auf dem gewundenen Weg vorausging. Saag-wan lag reglos in Kasts Armen, zu müde oder zu traurig wegen ihres geliebten Conchs, um Einwände dagegen zu erheben, dass sie wie ein Kind behandelt wurde.
    Sie kreuzten andere Seitengänge auf ihrem Weg durch das Labyrinth von Tunneln. Saag-wan versuchte, sich den Weg einzuprägen, doch bald verlor sie den Durchblick und konnte die vielen Biegungen und Abzweigungen nicht mehr zählen. Selbst der Geruch der Arznei verging allmählich.
    Kast blickte sich häufig nach hinten um und runzelte angestrengt die Stirn. Er verlagerte Saag-wan in seinen Armen. »Ich meine, du hättest gesagt, es sei nicht weit«, grummelte er nach einer Weile.
    Flints einzige Antwort bestand in einem nach vorn deutenden Arm. Er war anscheinend sehr angespannt, lauschte, den Kopf geneigt, um geflüsterte Laute zu vernehmen, die niemand außer ihm hörte.
    Kast folgte mit einem Brummen in der Brust. Saag-wan vermutete, dass der kräftig gebaute Mann in diesem Durcheinander von Gängen ebenso verloren war wie sie. Doch da er keine Wahl hatte, folgte er Flint.
    Nachdem sie eine geraume Zeit, die endlos erschien, durch die Gänge marschiert waren, blieb der alte Seemann plötzlich bei einer Fackel stehen, die in einem Eisenhalter zischelte. Der Tunnelausgang lag gleich vor ihnen. Dem Echo ihrer Schritte nach zu urteilen, war der Raum jenseits davon sehr groß.
    Flint wandte sich mit rätselhaften Worten und einem seltsamen Benehmen an sie. »Hier ist der Ort, an dem wir sein müssen«, sagte er. Die Kühnheit des alten Mannes war tiefer Verdrießlichkeit gewichen. Er vermied es sogar, einem von ihnen in die Augen zu schauen. »Kommt! Es ist Zeit, zu sehen, wie dieses Endspiel verläuft.«
    »Was redest du da, Flint?« Kasts Stimme hatte einen drohenden Unterton.
    »Kommt!« Er führte sie in den angrenzenden Raum.
    Kast folgte ihm, wobei sein wachsamer Blick suchend nach vorn gerichtet war.
    Saag-wan sank tiefer in Kasts Arme, als sie die weiträumige Höhle betraten. Die Höhle war nahezu rund, und an den Wänden schimmerten Kristalle unterschiedlicher Größe im Schein einer Art Säule von holzartiger Struktur, auf deren rissiger, knorriger Oberfläche Lichtströme tanzten. Der Anblick erinnerte Saag-wan an die leuchtenden Algenbeete in den tiefen Schluchten unter dem Meer. Das Licht war von einer Art, die für dieses Land

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