Alasea 02 - Das Buch des Sturms
Boden, und ein Schwall wirbelnder Schwärze tat sich zu ihren Füßen auf.
»Warte!« schrie Greschym.
Aber es war zu spät. Die beiden Dunkelmagiker fielen wie schwere Steine in die Dunkelheit, verschwanden und nahmen die fluchgezeichnete Öffnung mit sich. Danach war der Boden wieder ganz gewöhnlicher Stein.
Plötzlich bebte die ganze Höhle heftig. Steinstaub rieselte von der Decke, und große Gesteinsbrocken polterten zu Boden. Was von der gewaltigen Wurzel noch übrig war, zerbrach und zerbröckelte. Die Wände ächzten.
Moris griff nach Joachs Schulter. »Wir müssen sehen, dass wir von hier unten verschwinden. Komm!« Er führte Joach und Flint durch den Raum, geradewegs zu dem Drachen. Die wenigen überlebenden Ho’fro in ihren beschmutzten weißen Kutten rannten bereits zu dem einzigen Ausgang.
Anscheinend spürte der Drache das Herannahen des Trios. Er drehte den Kopf bedrohlich in ihre Richtung. Seine Flügel, die sich ein wenig entspannt hatten, nachdem die Dunkelmagiker verschwunden waren, zuckten nach oben. Seine Augen leuchteten warnend rot. Unausgesprochene Worte bildeten sich in Joachs Kopf: Bis hierher, und nicht weiter!
Joach blieb stehen, genau wie die anderen. Moris und Flint wechselten viel sagende Blicke. Auch sie hatten die lautlosen Worte gehört.
Das Mädchen sprach von ihrem Platz auf dem Drachen zu ihnen herab. Ihre Stimme bebte. »Er sagt, ihr sollt nicht näher kommen!« warnte sie.
Flint antwortete. »Das haben wir gehört, Saag-wan. Das ist die Traumsprache, die Zunge Ragnar’ks. Wir hören seine Träume und gemurmelten Worte schon seit langer Zeit. Aber es überrascht mich, dass auch du ihn hörst. In dir fließt doch kein Weberblut.«
»Wir haben uns verbunden«, sagte sie schlicht.
»Verbunden«, wiederholte der Drache.
Moris trat vor und richtete das Wort an Ragnar’k. »Wir wollen dir oder deiner … Gefährtin … nichts Böses.«
Das Mädchen mit dem Namen Saag-wan schluckte schwer. »Was ist hier los? Wer waren diese Dämonen? Was ist mit Kast geschehen?«
»Ich weiß es nicht genau, meine Liebe«, antwortete Flint.
»Ich möchte von diesem Drachen absteigen«, sagte sie mit einer Spur von Besorgnis in der Stimme.
»Fürchte dich nicht. Ich bin sicher, dass er dir niemals Schaden zufügen würde.«
Niemals Schaden zufügen, wiederholte der Drache.
Wieder bebte der Raum, und nur ein paar Handspannen entfernt krachte ein Felsbrocken zu Boden.
»Wir müssen schnellstens weg von hier«, drängte Moris. »Das Ganze bricht in Kürze zusammen.«
Joach blickte sehnsüchtig zu dem Ausgang, dann sah er wieder den Drachen an. »Ich glaube nicht, dass Ragnar’k durch diese Gänge passt.«
»Wir können ihn nicht zurücklassen«, sagte Flint.
»Aber der Junge hat Recht«, hielt Moris dagegen. »Er passt auf keinen Fall da durch.«
»Ich steige ab«, beschloss Saag-wan, schlang dem Drachen die Arme um den Hals und machte sich daran, an diesem hinabzurutschen. Sie zitterte.
Der Drache schnupperte an ihr, versuchte jedoch nicht, sie aufzuhalten. Verbunden, wiederholte er und stupste sie an. Seine Nüstern blähten sich, um ihren Duft aufzunehmen. Riecht gut.
Joach sah, dass ein Lächeln ihre Lippen umspielte, ob aufgrund der traumgesprochenen Worte oder weil die Nüstern sie gekitzelt hatten, wusste er nicht. Dann berührten ihre Füße den Stein, und beinahe wäre sie gestürzt, doch im letzten Augenblick erlangte sie das Gleichgewicht, indem sie nach einem der Drachenflügel griff. »Daran muss ich mich erst gewöhnen«, sagte sie und straffte sich.
Als sie die Hand vom Fleisch des Drachen nahm, fiel Ragnar’k in sich zusammen; seine Schuppen und sein Fleisch kräuselten sich. Hals und Schwanz rollten sich auf. Die Flügel legten sich klackend an den Rumpf an und verschmolzen mit ihm zu einem sich drehenden Kokon aus geriffeltem Gewebe.
Saag-wan stieß einen entsetzten Schrei aus und taumelte zurück in Flints Arme.
»Immer mit der Ruhe, meine Liebe«, beschwichtigte der sie.
Innerhalb weniger Herzschläge bildete das Durcheinander von Knochen und Fleisch eine vertraute Gestalt. Kast stand wieder vor ihnen, nackt wie neugeboren. Alle starrten ihn überrascht an, Kast selbst runzelte misstrauisch die Stirn.
Er schenkte seiner Nacktheit keine Beachtung. »Was ist geschehen?« Er blickte sich suchend in der Höhle um. »Wo ist der Feuerdämon?«
»So viele Fragen«, entgegnete Flint mit einem verzerrten Lächeln um die Lippen. »Aber bevor wir uns um
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