Alasea 02 - Das Buch des Sturms
sind, fächern wir zu beiden Seiten des Weges aus.« Er wies mit ausgestreckter Hand jeden an seinen Platz. »Auf mein Zeichen hin werden wir dann eine Schneise durch diesen verfluchten Wald brennen.«
Nickende Köpfe bestätigten, dass sie seinen Plan verstanden hatten und damit einverstanden waren, und jeder, mit Ausnahme derer im Wagen, ging zum Feuer. Er’ril legte Elena die Hand aufs Knie, als sie sich anschickte abzusteigen. »Du bleibst in der Nähe des Wagens. Das ist nichts für dich.«
Elena schob mit Nachdruck die Hand des Präriemannes weg. »Nein«, antwortete sie hitzig und sprang vom Rücken der Stute. »Das ist sehr wohl etwas für mich. Das alles ist etwas für mich. Ich sehe ein, dass ich mich mit meiner Magik zurückhalten muss, bis ich geschickter damit umgehen kann, aber wenn wir einen Wald in Brand stecken wollen, wird auch meine Hand Feuer legen. Ich werde bei dem Unterfangen nicht müßig zuschauen.«
Er’rils Miene hatte sich verfinstert. »Ja, diese ganze Reise geschieht deinetwegen. Aber ihr Sinn besteht nicht darin, dass du einen Wald anzündest. Wenn wir der Prophezeiung glauben dürfen, dann bist du unsere letzte Hoffnung im Kampf gegen Gul’gotha. Du, mein Kind, hast nicht das Recht, etwas aufs Spiel zu setzen …«
»Erstens: Ich bin es leid, Kind genannt zu werden. Meine erste Monatsblutung liegt schon geraume Zeit zurück.« Sie hob die Hand, um sich das Haar aus dem Gesicht zu streichen - zu spät fiel ihr ein, dass ihre Lockenpracht längst nicht mehr da war. Sie ließ den Arm sinken, und ihre Wangen röteten sich noch mehr. »Zweitens: Wenn ich dieses Land retten soll, muss ich lernen, mit Widrigkeiten fertig zu werden; ich will nicht gehätschelt werden wie ein Baby. Auf dieser Reise muss ich lernen, mein Herz wie glühenden Stahl zu härten. Du selbst hast mir beigebracht, dass man den stärksten Stahl nur im heißesten Feuer schmieden kann.«
Er’ril starrte sie fassungslos an, sein Mund klaffte ein wenig auf. Die anderen hatten in ihrem Tun innegehalten, um sie zu beobachten, obwohl sich jetzt einige Augen peinlich berührt abwandten.
»Ich will mich nicht vor meiner Verantwortung drücken«, beendete Elena ihre Ausführung, die Hände zu Fäusten geballt. »Ich stelle mich den Feuern.«
Er’ril schüttelte kaum merklich den Kopf. »Na gut«, erwiderte er, doch als sie versuchte, sich an ihm vorbeizuzwängen, legte er ihr die Hand auf die Schulter und hielt sie auf. »Aber halte dich stets in meiner Nähe«, flüsterte er leidenschaftlich. »Gelernte Lektionen sind ohne Nutzen für Tote.«
Elena nickte und ging zum Feuer. Die anderen hatten sich bereits mit brennenden Fackeln versorgt. Sie griff nach einem Holzscheit, der aus dem Feuer hervorragte, und zog das brennende Ende heraus.
Er’ril tat das Gleiche. »Aufsteigen!« befahl er.
Elena und die anderen gingen zu ihren Pferden zurück. Anfangs scheute Nebelbraut vor der Flamme der Fackel, doch mit ein paar beruhigenden Worten gelang es Elena, die Stute zu besänftigen und wieder in den Sattel zu steigen. Sie lenkte Nebelbraut näher zu Er’rils weißem Hengst. Der Präriemann, der sein Pferd mit dem Druck der Beine steuerte, hielt seine Fackel hoch.
Plötzlich kam eine kräftige Brise aus der Talmulde auf, und Rauch und brennende Asche stoben von der Spitze von Er’rils Fackel in Elenas Richtung. Er’ril drehte sich im Sattel um und wandte sich an Merik. »Bist du sicher, dass du die Sache im Griff hast?«
Der Elv’e bedachte ihn mit einem mürrischen Blick. »Das hast du mich schon ein paar Mal gefragt. Meine Antwort lautet immer gleich.«
Er’ril ließ nicht locker. »Ja, aber du hast uns schon ein paar Mal erklärt, dass dein Herz nicht mit Überzeugung bei dieser Reise ist. Unser Erfolg hängt von deinen Elv’en-Fähigkeiten ab, Merik. Wenn du des Windes nicht Herr bist und es nicht schaffst, dass er das Feuer vor uns hertreibt, so sind wir zum Rückzug gezwungen.«
»Ich kenne meine Pflicht. Ich habe mein Wort als ehrenwerte Elv’en-Hoheit gegeben, dass ich die Flammen durch das Herz dieses verdammten Waldes treiben werde. Die Strömungen der Lüfte werden mein Unternehmen nicht vereiteln.«
Die beiden Männer starrten einander einige Herzschläge lang eisig an. Elena merkte, wie verhasst es Er’ril war, von jemand anderem abhängig zu sein. Sie vermutete, dass der Präriemann, der jahrhundertelang allein durch Alasea gewandert war, jedem Arm außer seinem eigenen misstraute. Sie lenkte
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