Alasea 02 - Das Buch des Sturms
erkannte, wohin die Stufen führten, verzerrte sich das Grinsen in seinem Gesicht zu einer bösen Fratze. Die schmale Treppe wand sich nach unten, nicht nach oben. Dies war nicht die Turmtreppe. Fassungslosigkeit lähmten seinen Schritt. Dies war die falsche Richtung!
Dann hörte er wieder Stimmen. Er drehte blitzschnell den Kopf. Es gab in diesen engen räumlichen Verhältnissen keinen Zweifel über ihren Ursprung. Die Fetzen einer Unterhaltung drangen von unten herauf. Er spähte blinzelnd in den dunklen Schacht hinunter. Sah er da die Spur eines Lichtschimmers, ganz tief unten? Er trat einen Schritt näher zum Abstieg, dann blieb er wieder stehen.
Er hatte keine Zeit, seine Neugier zu befriedigen. Die Hexe befand sich im Turm oben. Er konnte sich den Luxus der Erforschung der Geheimnisse dieser versunkenen Burg nicht leisten. Er trat einen Schritt zurück, doch tief in seinem Inneren kämpfte etwas mit erneuerter Kraft.
Hinunter … hinunter … hinunter, drängte diese seltsame Eingebung. Wieder huschte das Bild eines unbestimmten Schatzes durch sein Sichtfeld. Anscheinend handelte es sich um irgendeine Waffe - nein, eine Trophäe. Ein Schwall des Verlangens durchströmte ihn und drängte ihn, diesen Schatz zu suchen.
Er schüttelte den Kopf. Die Hexe war sein Ziel, nicht irgendein vergrabener Schatz. Dennoch konnte er nicht von der Treppe wegtreten. Nicht dass ihn der erlahmende Stein hinderte, sondern seine eigene Unentschlossenheit. Vielleicht war es gar nicht nötig, dass er gegen diesen seltsamen Drang ankämpfte. Vielleicht ließen sich beide Ziele vereinbaren. Wer immer da unten sprach, kannte vielleicht den Weg zum Turm. Und wenn nicht - seine Haut hungerte nach Blut, und es wäre gut, wenn er ihr Nahrung zuführen könnte, bevor er der Hexe begegnete. Sowohl seine Neugier als auch möglicherweise sein Hunger könnten durch das, was da unten war, befriedigt werden.
Nachdem seine Entscheidung gefallen war, machte sich der Blutjäger an den Abstieg. Tief in seinem Inneren heulte etwas vor ungestümer Lust auf.
Elena musste jeden Schritt äußerst behutsam setzen. Sie blickte nun nicht mehr durch die Wand der Blase nach draußen sondern richtete die Augen auf das Geröll, das am Kellerboden verstreut lag. Die von Algen glitschige Fläche trachtete heimtückisch danach, sie zum Ausrutschen zu bringen Sie konnte nicht riskieren, durch einen Sturz den Griff, der sie mit dem Jungen verband, zu lösen. Wenn die Blase platzte, würde das Gewicht des Wassers in dieser Tiefe sie sofort zermalmen - davon war sie überzeugt.
Also schritten sie und der Junge vorsichtig über die Stein- und Schutthaufen. Bald wurde deutlich, woher das verstreute Geröll stammte. Die gegenüberliegende Wand des Kellerraums war irgendwann einmal gesprengt worden, durch welche Kraft auch immer. Die Bruchstücke lagen verstreut herum, und dahinter hatte sich ein schwarzes Gewölbe aufgetan.
»Es ist nicht mehr weit«, sagte der Junge und deutete nach vorn. »Wir müssen nur durch die Höhlen und ein Stockwerk tiefer. Dort liegt die Kammer, in der sich der Try’sil befindet.«
Sie nickte. Sie halfen sich gegenseitig, die eingestürzte Wand zu überwinden. Als sie in die Höhlenkammern traten, wandte der Junge den Blick plötzlich zurück in den Keller. Bei seinen nächsten Worten pochte Elenas Herz bis in die Kehle. »Da kommt etwas!« flüsterte er. »Schnell!«
Der Junge rannte tiefer in die Höhle. Da sie ihren Griff nicht lösen wollte, hatte Elena keine andere Wahl, als ihm zu folgen. »Warte! Was ist es denn?« zischte sie ihm zu. Vor Angst war ihre Stimme gedämpft, aber drängend.
»Sie ist sich nicht sicher«, antwortete der Junge und bezog sich damit auf Cassa Dar. »In dieser Tiefe ist ihr Gespür nicht so gut. Sie wird allmählich müde und braucht ihre ganze Konzentration, um die Wirkung der Magik aufrechtzuerhalten.« Er zog Elena am Arm, um sie zu einer schnelleren Gangart anzutreiben. »Wenn sie es erschnuppert, muss es, was immer es auch sein mag, ziemlich nahe bei uns sein.«
Elena brauchte nicht zu mehr Eile gedrängt zu werden - sie hätte den Jungen überholt, wenn sie den Weg gekannt hätte. Sie rannten an Steinsäulen vorbei, die aus dem Boden aufragten, während andere Steinfinger von der Höhlendecke auf sie herabdeuteten.
»Da rüber! Da rüber!« drängte der Junge mit panikerfüllter Stimme.
Er zog sie eine Steinrutsche hinab, die in einer weitläufigen Höhlenkammer endete.
Elena spähte durch
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