Alasea 03 - Das Buch der Rache
Handgelenk zischte bei der Erschütterung.
In einer dunklen Ecke entdeckte sie drei Frauen, die alle drei schwarze Lederkleidung und dazu passende Umhänge trugen. Drei Paar überkreuzte Schwerter lehnten am Tisch neben den Humpen mit dampfendem Kaffee. Alle drei hatten das blonde, lange Haar im Rücken zu einem Zopf geflochten. Mikela hätte eine ihrer Schwestern sein können und in gewisser Weise war sie das auch. Das Trio gehörte zu den Dro Söldnern von Burg Mryl, wo sie selbst vor so langer Zeit in der Kunst des Schwertkampfes ausgebildet worden war. Damals hatte Mikela ihre Gestalt gewandelt, um sich den blonden, großen Frauen des nördlichen Waldes zugehörig zu fühlen, mit denen sie die Ausbildung absolvierte. Und in dieser Gestalt hatte sie sich für immer niedergelassen. Sie passte gut zu ihr.
Doch was hatte ein Dro Trio hier inmitten der Piraten zu suchen? Es stimmte, dass jeder ein Dro Schwert anheuern konnte. Aber diese Schwerter wurden für gewöhnlich nur in den Dienst einer Sache gestellt, wenn diese als edel genug erachtet wurde, um der geheiligten Ausbildung gerecht zu werden. Die Dro würden ihre Stärken und Fähigkeiten niemals den Piraten leihen.
Eine der drei bemerkte Mikela. Die blauen Augen der Frau wurden etwas größer. Das war ihre einzige Reaktion bei einer Dro kam dies jedoch fast einem lauten Aufschrei gleich.
Jaston trat neben Mikela und berührte ihren Ellbogen. »Man hat mir gesagt, dass sich Tyrus im Hinterzimmer befindet. Wir haben Glück. Er wird uns gleich empfangen.«
Mikela nickte. Sie war so erschrocken über ihre Entdeckung, das sie nicht einmal bemerkt hatte, wie sich der Sumpfjäger kurz abgewandt hatte. Der Mann, mit dem sich Jaston unterhalten hatte, stand noch in der Nähe: ein übereifrig aussehender Bursche, der den kegelförmigen Hut eines Schreibers trug. Er tippte ungeduldig mit dem Fußballen auf den Boden und winkte ihnen mit einem zerfledderten Buch zu, dass sie sich beeilen sollten. Seine Fingerspitzen waren ganz schwarz vor Tinte. Wie es schien, mussten hier selbst die Piraten den Verbleib ihrer zusammengetragenen Beute anhand eines schriftlichen Verzeichnisses überwachen.
Mikela verbannte die Rätsel, die die drei Dro ihr aufgaben, zunächst aus ihren Gedanken. Jetzt brauchten sie erst einmal ein Schiff. Wenn Elena wirklich in Gefahr war, so wie Cassa Dar es vorhergesagt und Tol’chuks Herzstein es bestätigt hatte, dann hatte Mikela nicht die Zeit, um über die Gründe nachzudenken, warum drei ausgebildete Kriegerinnen wohl in einer so heruntergekommenen Taverne in Port Raul abstiegen.
»Lass uns zu diesem Piraten gehen und anschließend möglichst schnell von hier verschwinden«, murrte Mikela.
Jaston folgte dem kleinen Schreiber, der sie durch einen Vorhang in einen privaten Flur und zu einer Tür ganz am Ende des Ganges führte. Der dürre Mann war währenddessen unablässig damit beschäftigt, eine widerspenstige braune Haarsträhne zurück unter den Schreiberhut zu stopfen. Vor der Tür angekommen, klopfte er.
»Herein!« polterte es.
Der Schreiber drehte sich um und lächelte matt, dann öffnete er die Tür. »Meister Tyrus wird euch nun empfangen.«
Jaston ging zuerst hinein. Mit einem kaum merklichen Handzeichen einer Geste, die unter den Jägern der tödlichen Sümpfe üblich war bedeutete er Mikela, dass sie eintreten konnte, jedoch hinter sich aufpassen sollte.
Mikela spürte das Gewicht des Stahls, das sie auf dem Rücken trug Sie war überrascht, dass die Wachen sie nicht aufgefordert hatten, die Waffen draußen abzulegen was jedoch nicht geheißen hätte, dass es ihr nicht gelungen wäre, einen Dolch oder auch zwei an jeder Durchsuchung ihrer Person vorbeizuschmuggeln. Das Fehlen dieser einfachen Vorsichtsmaßnahmen verursachte ihr mehr Unbehagen, als wenn die Wächter ihr alle Waffen abgenommen hätten. Auf welch ein gefährliches Gegenüber würden sie wohl gleich treffen?
Mikela betrat den Raum und war erstaunt über das, was sie hier vorfand. Meister Tyrus saß allein an einem Tisch, eine halb aufgegessene Mahlzeit vor sich, ein offenes Buch neben dem Ellbogen. Keine Bewacher. Doch Mikela wusste, dass der Mann gut beschützt war. Sie fühlte die Gefahr, die von ihm abstrahlte wie die Wärme von einem Ofen. Obwohl sie über keinerlei Sucherfähigkeiten mehr verfügte, spürte sie, dass seine Macht nicht schwarzer Magik entsprang, sondern hartem Training und angeborenen Fähigkeiten. Er war sein eigener Schutz und fürchtete
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