Alasea 03 - Das Buch der Rache
auf der Kante seines Bettes und schüttelte den Kopf über Kasts Geschichte. Der Blutreiter und seine Gefährtin hatten sich in Pinorrs Kabine zurückgezogen, während Ulster und seine Mannschaft die Drachensporn gegen den Sturm vertäuten. In der Ecke spielte Scheschon friedlich mit ihren geschnitzten Figürchen. Pinorr legte den Kopf zurück und betrachtete Kasts Drachentätowierung. »Dann ist also dieser… dieser Ragnar’k… nun ein Teil von dir? Saag wan kann ihn jederzeit mit einer Berührung hervorrufen?«
Kast nickte, während er den dritten Teller Fischeintopf und hartes Brot in sich hineinschlang. Er sprach mit vollem Mund. »Die Mer’ai wollen sich mit den De’rendi zusammentun, um gemeinsam einen Angriff auf A’loatal vorzubereiten. Wenn wir die Gul’gotha jemals von unseren Meeren verdrängen wollen, müssen wir der Hexe den Weg zur Burg der alten Magiker ebnen.« Mit der Brotrinde wischte Kast die letzten Reste des Eintopfes aus der Schüssel. »Ist noch etwas davon da?«
Saag wan, die mit neuen, trockenen Kleidern neben ihm saß, schob ihm ihren Teller hinüber. »Du kannst meinen haben.« Offenbar konnte sich die Mer’ai nicht ganz so für das Gericht begeistern wie der Blutreiter. Sie hatte nur ein wenig an dem Brot geknabbert. Aber zumindest war die Farbe in ihr Gesicht zurückgekehrt, als sie ins Trockene kam. Doch auch hier unter Deck wirkte die junge Frau nervös und verängstigt. Sie zuckte bei jedem Donnerschlag und Tosen der Wellen zusammen.
Pinorr blickte sie an und nickte nach oben. »Ulster mag ein bärbeißiger Mensch sein, aber seine Mannschaft besitzt viel Erfahrung. Wir werden auch diesen Sturm überstehen.«
Saag wan schlug die Augen nieder, und ihre Worte kamen über ein scheues Flüstern nicht hinaus. »Unter dem Meer können uns die Stürme nichts anhaben. Was an der Oberfläche wütet, kümmert die Leviathane nicht. Wir tauchen einfach tiefer und lassen die schlimmsten Unwetter über uns hinwegfegen.«
»So haben es die Mer’ai schon immer gemacht«, stimmte Pinorr zu. »Und das nicht nur bei Unwettern, welche die verärgerten Himmel auf die Erde schickten. Als der Herr der Dunklen Mächte nach Alasea kam, flohen sie auch vor diesem Sturm. Wir beschützten euch, aber dabei wurde mehr als die Hälfte unserer Flotte von den Streitkräften des Schwarzen Herzens vernichtet. Tausende starben, damit hunderte von Mer’ai flüchten konnten. In den alten Liedern und Geschichten gedenken wir noch immer der Toten, und wir erinnern uns nicht gerade gern an dein Volk, die Mer’ai, unsere vormaligen Sklavenhalter. Es wird nicht leicht werden, die anderen De’rendi davon zu überzeugen, sich unter eurem Banner zu versammeln.«
Kast ergriff das Wort, nachdem er einen Brotkrümel aus dem Hals gehustet hatte. »Es waren nicht die Mer’ai, die so viele De’rendi niedermetzelten. Es waren die Gul’gotha; und es sind auch die Gul’gotha, gegen die wir nun kämpfen müssen. Daran müssen wir die De’rendi erinnern.«
Pinorr lehnte sich zurück. »Das Schwarze Herz hat unsere Flotte seit Jahrhunderten nicht mehr bedroht. Solange wir uns in den Verdammten Untiefen aufhalten, lassen uns seine Horden in Frieden. Und nun bittet ihr uns, unsere Hälse erneut den Zähnen dieses Monsters entgegenzurecken? Wohin soll das führen? Dass irgendein kleines Mädchen ein bestimmtes Buch bekommt?« Pinorr starrte Kast an, der nun seinen Teller beiseite schob. »Es tut mir Leid, Kast, aber deine Reise wird vergebens gewesen sein. Ich bezweifle, dass der Großkielmeister dir seine Streitkraft zur Verfügung stellen wird.«
»Und wenn ich Ulster überrede? Wenn mein Bruder als Kielmeister dafür ist, könnte das auch die anderen Kielmeister überzeugen.«
Mit finsterer Miene wandte Pinorr den Blick ab. »Ulster wird dir keine Hilfe sein. Er ist nicht mehr der, den du kanntest, bevor du fortgingst, Kast.«
»Was meinst du?«
»Nachdem du gegangen warst, hatte Ulster am meisten unter dem Zorn eures Vaters zu leiden. Als einzig verbliebener Sohn und Erbe des Familiennamens wurde er vom Vater hart herangenommen, und sein Kopf füllte sich mit Ruhmesträumen. Aber dein Vater duldete keine Fehler. Schließlich zerbrach etwas in dem Jungen, und er wuchs zu einem harten Mann heran, dem das Mitgefühl abhanden kam und der Vergnügen an Grausamkeiten fand. Er ist nicht mehr dein Bruder, Kast. Daran solltest du denken.«
»Das kann ich nicht glauben«, stieß Kast hervor.
Pinorr sah, wie das Mer’ai
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