Alasea 03 - Das Buch der Rache
Mädchen Kasts Hand nahm, um ihm Trost zu spenden. Vermutlich verband diese beiden mehr als nur die Magik. »Es tut mir Leid, Kast. Ich habe mein Bestes versucht, Ulster zu lenken, nachdem dein Vater gestorben war. Ich habe ihm beigebracht, wie man ein Schiff führt. Aber ich glaube, dass das, was in ihm zerbrochen ist, niemals mehr heilen wird. Er stemmt sich stets gegen meinen Rat und schleudert mir nun den Groll entgegen, den er noch immer gegen seinen Vater hegt.« Pinorr berichtete Kast auch von dem neuesten Vorfall mit Scheschon.
Kasts Gesicht wurde rot vor Wut, als der Schamane zu Ende erzählt hatte. »Wie konnte aus meinem Bruder nur so ein Feigling werden?«
Pinorr schüttelte traurig den Kopf. »Beruhige dich, Kast. Die Angelegenheit ist erledigt. Jetzt, da Scheschon den Drachen Ragnar’k als Kämpfer ausgewählt hat, glaube ich nicht, dass Ulster noch auf einem Blutduell bestehen wird. Er wird froh sein, wenn er das alles vergessen kann.«
»Für den Moment«, meinte Kast grimmig. »Aber wird er nicht später darauf zurückkommen?«
»Diese raue See werden wir durchqueren, wenn die Winde uns dorthin blasen«, antwortete Pinorr und wischte damit Kasts Bedenken beiseite. »Ich erzähle dir all das nur, damit du die Lage verstehst. Die De’rendi werden eure Bitte wahrscheinlich nicht einmal überdenken. Nur wenige werden gewillt sein, euch überhaupt zuzuhören.«
»Aber dein Volk hat die Bündniseide geschworen«, warf Saag wan ein und deutete auf die verblasste Tätowierung auf Pinorrs Hals. »Ihr habt versprochen, uns für eure Freiheit ein letztes Mal zu dienen. Und nun ist die Zeit gekommen. Wir fordern euch auf, eure alten Schulden zu begleichen.«
»Das sind alte Eide, vergessen und verblasst wie die Farben auf meinem faltigen Hals. Niemand wird diesen Gelöbnissen noch viel Bedeutung beimessen.«
Kasts Gesicht blieb rot, ein inneres Feuer wütete in ihm. »Hier irrst du, Pinorr. Die De’rendi haben keine Wahl.« Er erzählte, welche Magik der Tinte der Tätowierungen innewohnte und wie Saag wan ihn dazu gebracht hatte, sich ihren Wünschen zu beugen »Die Tätowierungen binden uns an die Mer’ai. Wenn sie uns brauchen, sind wir gezwungen, ihnen zu dienen. Vertrau mir, ich weiß es.«
Pinorr fuhr den alten Meerfalken auf seiner Wange nach, die Augen in die Ferne gerichtet. »Dann wollen sie uns also erneut versklaven.«
»Das ist nicht unser Wunsch«, erklärte Saag wan. »Und auch nicht möglich. Ein Mer’ai kann sich immer nur mit einem Blutreiter verbünden. Da ich bereits mit Kast verbündet bin, kann ich keinen anderen mehr befehligen. Diese Magik wird es uns niemals erlauben, euer gesamtes Volk zu versklaven. Ihr seid uns zahlenmäßig um das Zehnfache überlegen.«
Kast stimmte ihr zu. »Die Mer’ai würden die De’rendi lieber als Verbündete und nicht als ihre Sklaven sehen. Das Meervolk hat so wenig Interesse an uns wie wir an ihnen. Sie bitten uns lediglich, nun die Eide einzulösen, die unsere Vorfahren geschworen haben; wir sollen uns mit ihnen gegen den gemeinsamen Feind verbünden. Danach gehen die beiden Völker wieder getrennte Wege, und die alten Schulden sind bezahlt.«
»Sollte es denn Überlebende geben«, antwortete Pinorr leise. Er erinnerte sich an Scheschons Worte der Verdammnis.
Kast lehnte sich näher zu Pinorr hinüber. »Es muss eine Möglichkeit geben, unser Volk zu überzeugen oder es wenigstens zum Zuhören zu bewegen.«
Pinorr seufzte und überdachte die Worte. Kast, mit seinen glühenden Augen und dem ernsten Gesichtsausdruck, erinnerte den Schamanen an den Vater des jungen Mannes, an seinen alten Freund, den Großkielmeister. Das Feuer, das in dem Flottenführer gebrannt hatte, loderte auch in seinem ältesten Sohn. Pinorr war niemals fähig gewesen, dem Großkielmeister irgendetwas abzuschlagen, besonders nicht, wenn das Blut des Mannes bereits in Flammen gestanden hatte.
Pinorr rieb sich das Kinn und sprach leise: »Es könnte einen Weg geben.« Er fühlte, dass er im Begriff war, sein Volk zu verraten, es auf einen Pfad der Verdammnis zu schicken. Aber sein Herz sagte ihm, er könne Kast vertrauen.
»Wie?«
»Wir werden dazu den Drachen brauchen, den Drachen namens Ragnar’k. Bist du bereit, dich noch einmal für ihn aufzugeben?«
Kast nickte. »Wenn ich muss.«
Pinorr wandte sich an Saag wan. »Von dir muss ich etwas viel Grausameres erbitten.« Er sagte ihr, was sie zu tun hatte. »Nur deine Hand vermag das zu vollbringen.«
Die Augen
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